In ihrer neuen rumänischen Heimat nennen die Menschen sie "Ingerul cainilor". "Das heißt, Engel der Hunde", sagt Tanja Kaupp. Die in Überlingen geborene Gastronomin, vielen bekannt als Gründerin der Facebook-Gruppe "Du bisch von Überlingen wenn", ging – nach mehreren Jahren in der Schweiz – nach Rumänien, um dort Straßenhunde zu retten. Inzwischen hat die 41-Jährige sich dort, genauer im westrumänischen Otelu Rosu, fest niedergelassen, besitzt Haus und Garten und leitet ein Tierheim.

An Überlingen denkt sie dabei gern und viel, denn "ich hatte eine tolle Kindheit und Jugend in meiner Heimatstadt". Nachdem Tanja Kaupp einige Jahre im Café Walker gearbeitet hatte, zog sie 2008 in die Schweiz und war dort in der Gastronomie tätig. Doch dann erlitt die damals 32-Jährige einen Schlaganfall. "Nach langer Auszeit musste ich mich von dem stressigen Berufsweg in der Gastronomie verabschieden", sagt sie. Im Appenzellerland nahm sie einen Bürojob an, doch nach zwei Jahren ging es wieder mit ihrer Gesundheit bergab. Diagnose: Bandenscheibenvorfall und Burnout. Und schließlich: Die Autoimmunerkrankung Morbus Bechterew im fortgeschrittenen Stadium. "Es war ein Schock für mich, aber endlich hatte ich was in der Hand." Zwei weitere Autoimmunerkrankungen gesellten sich dazu, doch nach mehreren Therapien ging es wieder bergauf.
Nach dem für Tanja Kaupp schmerzlichen Verlust ihres Hundes entschied sie sich, einen neuen Hund zu holen. "Aus einem wurden dann zwei. Und so fing meine Geschichte beim Tierschutz an. Ich trat beim SHKR, Schweizer Hunde und Katzenrettung, als Mitglied ein", erzählt sie. Der SHKR ist nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Frankreich, Spanien und Rumänien aktiv. "Von dort kamen auch meine beiden Hunde Chica und Sancho. Sancho kam erst zur Pflege zu mir.
Besonderes Feingefühl für Straßenhunde
Er hatte schwere Verletzungen, brauchte mehrere OPs und Therapien. Ich hatte ja die Zeit. Und die Hunde gaben mir Kraft mit meiner Krankheit umzugehen." Immer intensiver stieg Tanja Kaupp in den Tierschutz ein. "Ich trainierte auch Hunde von überforderten Familien. Durch diese Arbeit habe ich sehr viel über die Hunde gelernt und entwickelte ein besonderes Feingefühl für Straßenhunde. Immer öfter wurde ich zu Leuten gerufen, die einen Auslandhund besitzen und nicht klarkamen."
Elend der Hunde ist in Rumänien groß
2015 beschloss Tanja Kaupp, für einen Auslandeinsatz des SHKR nach Rumänen zu fahren und dessen Tierheim zu besuchen. Bei ihrer Ankunft hat sich die Überlingerin sofort in das Land verliebt. "Diese Weite, diese Natur, es war damals Herbst und eine absolute Farbexplosion fand vor meinen Augen statt", schwärmt sie. Und: "In Rumänien stellte ich fest, dass ich dort immer schmerzfrei war und auch tatkräftig mit anpacken konnte. Die Arbeit begeisterte mich und die Hunde dankten es mir. Ich arbeitete nicht nur im Tierheim, sondern war jeden Abend auf der Straße, um mich mit den Straßenhunden zu beschäftigen." Als der Sommer zu Ende war, war für Tanja Kaupp klar, dass es ihr Traum ist, für immer in Rumänien zu leben und sich dort um die Hunde zu kümmern. "Denn das Elend der Hunde ist hier recht groß."
Die Schweizer Gründer des Vereins fanden Tanja Kaupps Idee gut und übertrugen ihr erst die Teilleitung und dann die Leitung des rumänischen Tierheims. Unter der Leitung der Überlingerin wurde das Tierheim vergrößert, es erhielt eine neue Quarantäne-Station, eine neue Klinik, alle Zwinger wurden gepflastert, ein 300 Quadratmeter großer Hundespielplatz mit Hundepool gebaut.
"Ich lebe meinen Traum und bin endlich angekommen"
Als "Ingerul cainilor", als "Engel der Hunde", sei sie in der Region gut anerkannt und habe viel erreicht: "Die Menschen achten nun mehr auf die Hunde", freut sich Tanja Kaupp. "Sie melden mir verunfallte Hunde, kranke oder verlassene Welpen. Sie bringen uns immer mehr ihre Tiere zum Kastrieren, kommen aber auch auf mich zu, wenn sie Probleme haben. Viele wollen lernen, wie man mit Hunden richtig umgeht." Tanja Kaupp hat auch ein Schülerprojekt aufgebaut, in dem sie die kleinen Rumänen über den richtigen Umgang mit Hunden aufklärt. "Die Kinder sind die Zukunft", sagt Tanja Kaupp und ergänzt: "Ich lebe meinen Traum und bin endlich angekommen."