Melanie Kunze

Wie wichtig Wasser für den Betrieb einer Sägerei ist, wurde Theodor Glöckler 1898 schmerzlich bewusst. Der Steinbildhauer stand vor einem riesigen Problem. Und dabei hatte doch alles so vielversprechend begonnen: „Mein Urgroßvater erwarb 1888 ein direkt am Nellenbach gelegenes Anwesen samt Hof in Überlingen, um eine Sägerei und eine Schleiferei einzurichten, in der er große Marmorblöcke zu Tafeln verarbeiten konnte“, erinnert sich Klaus Glöckler.

Klaus Glöckler steht neben dem Nellenbach, der einst das Mühlrad der Marmorschleiferei seines Urgroßvaters in Schwung hielt.
Klaus Glöckler steht neben dem Nellenbach, der einst das Mühlrad der Marmorschleiferei seines Urgroßvaters in Schwung hielt. | Bild: Magdalena Stoll

Steinbildhauer verwendete nur Carara-Marmor

Nachdem das Anwesen nach eigenen Plänen vom Mechaniker und Mühlenmacher Adolf Auer eingerichtet und die technischen Voraussetzungen geschaffen worden waren, konnte der Betrieb starten. „Angetrieben wurden die Säge und die Schleifmaschine durch ein zehn Meter großes Mühlrad, das vom Nellenbach gespeist wurde.“ Klaus Glöcklers Urgroßvater ließ nur das beste Material unter seine Sägen: „Er arbeitete ausschließlich mit dem bekannten Carara-Marmor“, schildert der Urenkel. Das machte auch die eine oder andere Reise Richtung Süden nötig. „Die Blöcke wählte er selbst in Italien aus“, erzählt Glöckler.

Stadt sperrt Bildhauer das Wasser

Auch ansonsten legte Theodor Glöckler großen Wert auf Qualität: Der Linzgau-Zeitung vom 22. Februar 1969 ist zu entnehmen, dass Glöckler seine Sägeblätter aus Belgien bezog: „Sie sollen aus dem dazumal besten Stahl bestanden haben.“ In dem Artikel wird auch über eine spezielle Vorrichtung berichtet, die Glöckler erfunden hatte und sich patentieren ließ. Damit war er in der Lage, „Steinkreuze in einem Stück herauszusägen“, heißt es in dem Bericht. Das Unternehmen lief zehn Jahre lang wie am Schnürchen, dann, 1898, wurde Glöckler buchstäblich der Hahn abgedreht: Die Stadt sperrte ihm einen Teil des Wassers, mit dem er die Mühle in der Sägerei angetrieben hatte.

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Theodor Glöckler prozessiert gegen die Stadt

Der Grund: Die Stadt benötigte das Wasser für die Trinkwasserversorgung. Mit der verbliebenen Menge konnte Theodor Glöckler nur noch sehr wenige Tafeln fertigen, die Sägerei kam zum Erliegen. „Kampflos gab mein Urgroßvater aber nicht auf, er prozessierte gegen die Stadt“, fasst Klaus Glöckler die Reaktion auf die Wasserverknappung zusammen. Von Erfolg war das Ganze allerdings nicht gekrönt, denn Theodor Glöckler verlor den Prozess, da sich zwei Experten in ihren jeweiligen Gutachten widersprachen. Der eine war der Meinung, dass sich die Sägerei sowieso nicht hätte halten können. Der andere meinte hingegen, der Betrieb solle gefördert werden, denn wenn der Betrieb gut laufe, würde das höhere Steuereinnahmen für die Stadt bedeuten.

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Gebäude wurde wieder landwirtschaftlich genutzt

Dem gescheiterten Unternehmer blieb am Ende nichts anderes übrig, als seine Marmorsägerei zu verkaufen. Genutzt wurde das Gebäude dann wieder landwirtschaftlich. Die Linzgau-Zeitung schreibt damals dazu: „Der Schleifraum ist heute Rübenkeller. Und was andeutungsweise zu sehen ist, ist der Wasserlauf und das eine Lager des Wasserrades im Molassefelsen.“