Das Projekt Zukunftsquelle der Bodensee-Wasserversorgung (BWV) gewinnt an Fahrt. Die Projektverantwortlichen haben sich für eine sogenannte Vorzugsvariante entschieden. Sie legt den Standort des geplanten neuen Seewasserwerkes im Pfaffental zwischen Sipplingen und Bodman-Ludwigshafen sowie den Verlauf der Druckleitungstrasse von dort zum Wasserwerk auf dem Sipplinger Berg fest. Das Projekt Zukunftsquelle geht damit von der Vorplanungsphase in die Entwurfsplanung über.
In den vergangenen Monaten waren von der BWV beauftragte Planungsbüros zu Wasser und zu Land am Sipplinger Pfaffental unterwegs. Sie prüften 13 Varianten zu Land und drei zu Wasser, schließlich kamen vier Möglichkeiten in die engere Wahl. Jetzt einigte man sich auf eine Vorzugsvariante. Laut BWV vereint diese Variante „eine höchstmögliche Umweltverträglichkeit, geringere Auswirkungen auf Rechte Dritter sowie eine höhere Flexibilität und Sicherheit für Bau und Betrieb“ auf sich.
70 Meter vom Ufer entfernt in 60 Metern Tiefe
Die neue Entnahmestelle soll rund 70 Meter vom Ufer entfernt in einer Tiefe von 60 Metern im Bodensee angelegt werden. Durch zwei Leitungen soll das Wasser zur Station Pfaffental befördert werden, um von dort durch zwei unterirdische Steigleitungen zum 310 Meter höher gelegenen Wasserwerk auf dem Sipplinger Berg transportiert zu werden. Dort wird die BWV eine zweites Quellbecken errichten.

„Die Arbeiten an den Steigleitungen sollen in unterirdischer Tunnelbauweise erfolgen“, sagte Björn Schumacher, stellvertretender Geschäftsführer der BWV und Leiter Großprojekte, bei einer Pressekonferenz in Sipplingen. Gegenwärtig prüfe man Überlegungen, die Arbeiten nicht – wie bergmännisch üblich – von unten nach oben zu erledigen, sondern am Wasserwerk auf dem Sipplinger Berg zu beginnen und dann abwärts zu graben. „Dann können wir den Aushub Richtung Norden abfahren und müssen nicht die B 31 damit belasten“, ergänzte Technischer Geschäftsführer Christoph Jeromin.

Noch einige Jahre bis zum ersten Spatenstich
Bis der erste Spatenstich gesetzt wird, wird es allerdings noch einige Jahre dauern. In der nun beginnenden Entwurfsplanung bildet die Vorzugsvariante aber die Planungsgrundlage für einen exakten Entwurf des Bauvorhabens und seine Kostenkalkulation. Beides soll den 183 Zweckverbandsmitgliedern im ersten Halbjahr 2023 zur Abstimmung vorgelegt werden. Erst danach kann mit den Bauarbeiten begonnen werden. Vor Jahresfrist hatte BWV-Geschäftsführer Christoph Jeromin die vermutlichen Baukosten auf 360 Millionen Euro beziffert. Hier waren die ebenfalls geplanten Um- und Neubauten des existierenden Seewasserwerkes in Süßenmühle eingerechnet gewesen.
Aktuelle Kostenschätzung wäre „hochspekulativ“
Befragt, ob diese Zahl weiterhin realistisch sei, antwortete Jeromin: „Das ist hochspekulativ.“ Gegenwärtig läge die Inflation bei 4 Prozent und wie sich die Baukosten zukünftig entwickelten, sei völlig ungewiss. Eine realistische Kostenschätzung sei nur von Bauphase zu Bauphase möglich. „Wenn wir den Zweckverbandsmitgliedern im zweiten Quartal 2023 den Entwurf und unsere Kostenschätzung vorlegen, können die realen Kosten rund 20 Prozent drüber oder aber auch 20 Prozent drunter liegen.“

Besondere Filteranlagen wegen Quaggamuschel
Die Frage nach Alternativen verneinte der Technische Geschäftsführer gegenüber dem SÜDKURIER: „Die Quaggamuschel ist unser Beschleuniger.“ Deren schnelle Ausbreitung im Bodensee und in den technischen Anlagen der BWV erfordere den Bau neuer Leitungen und neuer Aufbereitungstechnologien, denn die alten Rohre könnten nicht gereinigt werden. Björn Schumacher: „Wir werden im Pfaffental wie in Süßenmühle Filteranlagen installieren, die nicht nur die invasive Muschel, sondern auch ihre Larven durch ultrafeine Membranen herausfiltern.“ Diese Ultrafiltration werde so installiert, dass die Muschel erst gar nicht in die Wasserwerke gelangen könne.
Auch Ausfallsicherheit treibt die Planer um
Neben dem Befall mit der Quaggamuschel treibt die Verantwortlichen der BWV allerdings noch ein ganz anderes Thema um: die Ausfallsicherheit. Durch den Bau einer zweiten Wasserentnahmestelle am Pfaffental und den Ausbau der Entnahmestelle in Süßenmühle will die BWV sicher stellen, dass sie jederzeit die von ihr belieferten vier Millionen Menschen in 320 Städten und Gemeinden mit ausreichend Trinkwasser versorgen kann.
Sollte alles nach Plan laufen, will die BWV das Wasserwerk Pfaffental 2028 in Betrieb nehmen, 2035 soll auch Süßenmühle fertiggestellt werden. Dann wird es neben Süßenmühle ein zweites Wasserschutzgebiet vor dem Sipplinger Ufer geben. Wie groß das neu auszuweisende Schutzgebiet vor dem Pfaffental sein wird, hängt noch von diversen Erhebungen an der neuen Entnahmestelle ab. Eines ist allerdings schon heute sicher: Dann wird der vor allem bei Motorbooten im Sommer beliebte Ankerplatz nicht mehr befahren werden dürfen.