Eine Nutzung von Seewärme zum Beheizen von Gebäuden ist technisch machbar, birgt aber ein wirtschaftliches Risiko. Nur mit einer hohen Anschlussquote von Gebäuden könnte das Projekt überhaupt wirtschaftlich sein. Stephanie Frick vom Unternehmen RBS Wave fasste daher im Gemeinderat von Meersburg das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie zusammen: „Im Rahmen der aktuellen Förderung wird keine Umsetzung empfohlen.“
Schon 2017 hatte sich der Gemeinderat für die Nutzung der Seewärme ausgesprochen. 2020 hatten die Räte eine Machbarkeitsstudie mit Wirtschaftlichkeitsanalyse befürwortet und RBS Wave, ein Tochterunternehmen der Energie Baden-Württemberg (EnBW), mit der Ermittlung der Grundlagen für die Studie und der Projektleitung beauftragt.
Studie spielt verschiedene Szenarien durch
Stephanie Frick stellte nun die Ergebnisse für verschiedene Varianten vor. Im kleinsten Szenario wurde die Wirtschaftlichkeit nur für den Anschluss der Therme begutachtet, im größten Szenario wurde die Nutzung der Seewärme durch die ganze Altstadt bis hoch zur Oberstadt inklusive Neues Schloss und Droste-Hülshoff-Gymnasium einbezogen. Einberechnet wurden alle Kosten, wie Rohrleitungen, Blockheizkraftwerk und Wärmeentstehungskosten. Frick erklärte: „Beim großen Szenario liegen die Heizkosten dabei unter der Referenzvariante.“ Das Heizen würde also für die Kunden günstiger als bisher.
Kosten durch Quagga-Muschel nicht verlässlich kalkulierbar
Allerdings seien die Kosten nicht verlässlich abschätzbar, weil es keine Aussagen darüber gebe, wie teuer eine Reinigung der Wasserentnahmestelle ist, wenn diese durch die Quagga-Muscheln befallen wird. „Die Quagga-Muschel birgt hier das wirtschaftliche Risiko“, sagte Frick. Auch bei der Bodenseewasserversorgung sei man noch am Forschen, aber es gebe auch hier noch keine verlässlichen Studien über die Kosten, die die Quagga-Muschel verursacht.

Muschel stoppt Machbarkeitsstudie
Technisch und rechtlich, unter Einhaltung der Maßnahmen hinsichtlich des Gewässerschutzes, bei einer hohen Akzeptanz der Bevölkerung, also einer hohen Anschlussquote an das Wärmenetz, wäre die Nutzung der Seewärme aber realisierbar, fasste die Expertin zusammen. Aufgrund der Unsicherheiten wegen der Quagga-Muschel wurde die Machbarkeitsstudie an dem Punkt jedoch gestoppt und das Umweltministerium wurde darüber informiert.
Im Rahmen eines Pilotprojekts könnte man die Studien jedoch weiter vorantreiben. In der Tischvorlage für die Gemeinderäte stand zu diesem Punkt zu lesen: „Das Umweltministerium wird prüfen, inwiefern die Unterstützung eines Pilotvorhabens mit Fokus auf die Seewasserfassung möglich ist. Auch wenn die Problematik der Quagga-Muschel ein spezielles Phänomen am Bodensee ist, ist eine wichtige Voraussetzung für ein Pilotvorhaben die allgemeine Übertragbarkeit der erwarteten Ergebnisse.“
Bürgermeister: Weder Fotovoltaik noch Vollwärmeschutz in der Altstadt möglich
Bürgermeister Robert Scherer bat um Zustimmung des Gemeinderats, das Projekt Nutzung der Seewärme weiterzuverfolgen. Es sei verfrüht, jetzt aufzuhören. „In der Altstadt können weder Fotovoltaik-Anlagen noch Vollwärmeschutz angebracht werden“, erinnerte er, und die Nutzung der Seewärme sei nachhaltig. Christine Ludwig (Bündnis 90/Die Grünen) unterstützte dies: „Die Altstadt CO2-frei mit Wärme durch den See vor der Haustür zu versorgen – warum nicht?“ Boris Mattes (SPD) sorgte sich um die Planungssicherheit bei den Baukosten, aber grundsätzlich habe er kein Problem damit, wenn erst einmal weiter geforscht werde.

Gemeinderäte signalisieren einstimmig Interesse am Pilotprojekt
Der Bürgermeister versicherte, dass es detaillierte Informationen geben werde, wenn das Projekt weiterverfolgt werde. Aber vorerst müsse man abwarten, wie sich das Umweltministerium dazu stelle. Der Gemeinderat stimmte einstimmig zu, dass die Stadt ihr Interesse an einem möglichen Pilotprojekt zur Seewassererfassung signalisiert und im Rahmen eines Workshops mit Experten die Möglichkeit dazu geprüft werden können.