Seit 2020 werden jedes Jahr mehrere Störche auf dem Affenberg mit einem Sender ausgestattet, die man dann per App verfolgen kann. Das Projekt wird von Andrea Flack vom Max-Planck-Institut geleitet. „Seit 2020 besendern wir in ganz Baden-Württemberg jährlich 40 Störche“, erklärt sie. „Dadurch gewinnen wir wichtige Erkenntnisse über Flugrouten und Verhalten.“

Nur wenige Störche kommen nach Winterreise zurück

Da es am Affenberg in Salem seit den 1980er-Jahren eine Storchenstation gibt, werden auch dort jedes Jahr Tiere besendert. Allerdings kommen von den Jungtieren, die zum ersten Mal in den Süden fliegen, in der Regel nicht einmal 25 Prozent wieder zurück. Das betont die Projektleiterin.

Der Flug nach Spanien, Marokko und teilweise bis über die Sahara ist für die Tiere gefährlich. „Der häufigste Tod ist und bleibt der Stromschlag“, erklärt Andrea Flack. „Danach folgen tödliche Kollisionen mit dem Straßenverkehr.“

Hier sieht man den „Rucksack“ mit dem Sender auf dem Rücken, den der Senderstorch angelegt bekommt. Der Vogel wird durch den ...
Hier sieht man den „Rucksack“ mit dem Sender auf dem Rücken, den der Senderstorch angelegt bekommt. Der Vogel wird durch den 30 Gramm schweren Sender nicht beeinträchtigt. | Bild: Reiner Jäckle

Das Besendern am Affenberg ist jedes Jahr eine aufregende Sache. Mit dabei sind die Storchenbeauftragte Sylvia Altheimer und Affenberg-Direktor Roland Hilgartner – wenn es sein muss, rennt er sogar einem Jungstorch hinterher, um ihn einzufangen. Dieses Mal läuft aber alles glatt.

Die Jungtiere werden mit einer Hebebühne aus dem Horst geholt. Am Boden werden sie vermessen und mit einem Sender versehen, der wie ein Rucksack installiert wird. „Der Sender ist nur wenige Gramm schwer, sodass die Störche nicht behindert werden“, erklärt Andrea Flack. „Durch ein Solarpanel auf dem Sender kann er jahrelang Daten senden.“

Storchprojekt gibt es seit 2013

Angefangen hat das Projekt 2013. Damals wurden etwa 15 Störche besendert. Es gebe immer noch Tiere, die aus dieser Aktion einen Sender auf dem Rücken tragen. Störche können nämlich bis zu 30 Jahre alt werden. Der Schnitt liege laut den Experten jedoch weit darunter. Besendert werden die Tiere etwa acht Wochen, nachdem sie geschlüpft sind.

So wird der Sender mit seinen Antennen auf dem Rücken eines Storches befestigt. Später rutscht der Sender unter das Gefieder und ...
So wird der Sender mit seinen Antennen auf dem Rücken eines Storches befestigt. Später rutscht der Sender unter das Gefieder und behindert den Vogel nicht. | Bild: Reiner Jäckle

Seitdem es das Projekt gibt, konnten schon einige Erkenntnisse gewonnen werden. „Viele Dinge, die wir durch die wissenschaftlichen Untersuchungen durch die Beringungen vermutet haben, haben sich bestätigt“, fasst Andrea Flack zusammen. „Leider auch die Sterblichkeit.“ Das sei aber normal und in den vergangenen Jahren nahezu konstant.

Immer wenige Jungvögel fliegen über die Sahara

Im Zugverhalten gebe es allerdings eine Veränderung: „Spannend zu sehen ist, dass lediglich um die zehn Prozent der Jungvögel überhaupt noch über die Sahara fliegen“, berichtet die Projektleiterin. „Die meisten bleiben in Marokko und Südspanien.“ Ebenfalls bestätigt habe sich, dass die Vögel in Gruppen fliegen.

Allerdings sei die Flugkunst durchaus verschieden ausgeprägt. Störche versuchen die Thermik zu nutzen und sind Gleitflieger. Es gebe zwar eine Gruppendynamik, aber keine Gruppenbindung. „Es kommt immer wieder vor, dass ein Jungstorch zurückbleibt und sich einer anderen Gruppe anschließt“, sagt Flack. „Deshalb ist es auch wichtig, dass die Jungtiere rechtzeitig losfliegen.“

So sehen die Sender aus, die die besenderten Störche auf dem Rücken tragen. Durch das Solarpanel hat der Sender immer genügend Strom und ...
So sehen die Sender aus, die die besenderten Störche auf dem Rücken tragen. Durch das Solarpanel hat der Sender immer genügend Strom und durch eine SIM-Karte im Sender werden die Positionen weltweit an das Max-Planck-Institut in Radolfzell gesendet. | Bild: Reiner Jäckle

App liefert wichtige Daten über Störche

Viele Erkenntnisse ziehen die Wissenschaftler aus der kostenlosen App Animal Tracker. Maßgeblich für die Daten sind die Sender auf dem Rücken der Störche. Da es eine große Ausfallquote gibt und die Sender nicht ganz billig sind, hoffen die Projektkoordinatoren darauf, dass die Sender von Störchen, die es nicht geschafft haben, wieder zurückkommen. Deshalb steht auf jedem Sender die Heimatadresse.

Storchenschicksal lässt sich über Sender klären

„Wenn ein Sender in Europa oder in Marokko auftaucht, dann besteht die Chance, dass wir ihn wieder bekommen“, erzählt Andrea Flack. „Es gibt sogar Leute, die im Urlaub sind und mehrere hundert Kilometer fahren, um die Sender zu bergen.“

Wenn dies passiere, bekomme man zudem regelmäßig auch wertvolle Informationen, was mit dem Storch passiert ist. Ein Helfer sei beispielsweise von Gibraltar bis nach Portugal gefahren, um einen Sender zu bergen. Ein anderer sei zweimal in einen Wald gefahren, weil dort ein Sender geborgen werden musste. „Es geschieht sogar hin und wieder, dass ich Sender von Tieren zugeschickt bekomme, von denen ich noch gar nicht weiß, dass sie nicht mehr leben“, sagt Andrea Flack.

So werden die besenderten Störche wieder zurück in den Horst gesetzt, nachdem sie die Sender erhalten haben.
So werden die besenderten Störche wieder zurück in den Horst gesetzt, nachdem sie die Sender erhalten haben. | Bild: Reiner Jäckle

Sechs Störche frisch besendert

Nun heißt es aber erst einmal Daumendrücken für die sechs neu besenderten Jungstörche am Affenberg, dass sie sich gut entwickeln, erfolgreich in den Süden fliegen und durch den Sender auf dem Rücken den Wissenschaftlern im Max-Planck-Institut weitere Erkenntnisse liefern können. Wer die Jungtiere verfolgen möchte, sollte in der App Animal Tracker nach den Namen Joni, Mattis, Finn, Maja, Lisa und Tsaradia suchen.