Die Begeisterung über das Lagerleben, die Gemeinschaft untereinander und den schönen Lagerplatz am Ellerazhofer Weiher bei Leutkirch überhaupt ist Viktor Sorg anzumerken. Schließlich waren seine Eltern schon als Betreuungskräfte und er selbst als Kind immer beim Zeltlager Mimmenhausen dabei. Der 46-Jährige räumt im Gespräch ein, dass die Organisation wegen der Pandemie diesmal deutlich anstrengender war für ihn und seine 26-köpfige Betreuercrew. Die sehr positiven Reaktionen der Kinder hätten das Team für den betriebenen Aufwand mit Testen, Desinfektion und Hygienekonzept aber entschädigt. 126 Teilnehmer zwischen acht und 17 Jahren verbrachten knapp zwei Wochen gemeinsam im Ferienlager.

Betreuer merken Kindern die Einschränkungen durch die Pandemie an
„Es war so schön zu sehen, wie glücklich die Kinder waren, wie ausgehungert nach Spiel und Spaß“, sagt Sorg. „Die Pandemiezeit mit den vielen Einschränkungen haben wir den Kindern angemerkt.“ Sofort seien sie Feuer und Flamme gewesen für die Angebote zum Mitspielen, Sporteln oder Basteln. Das Programm musste die Betreuungscrew um Sorg noch vielfältiger und abwechslungsreicher gestalten als gewohnt. Entsprechend der selbst auferlegten Corona-Regeln habe sich dieses Jahr alles auf dem Zeltplatz und bei dem nahe gelegenen Ellerazhofer Weiher abgespielt. Viktor Sorg erzählt, es habe keine Ausflüge und Wanderungen gegeben, wie sonst üblich, dafür jede Menge Mottotage.
Blog liest sich wie kleine Reise um die Welt
Der von den Kindern selbst verfasste Blog über das Ferienlager liest sich wie eine kleine Reise um die Welt. So wurden die Teilnehmer am Hawaii-Tag von hawaiianischer Musik geweckt. Zum Mittagessen verspeisten sie Hawaii-Burger und bei den Spielaktionen trugen sie blumige Hemden, Ketten und Röcke. Ein anderes Mal bekamen sie Reis- und Nudelgerichte zu Mittag, Glückskekse als Nachtisch und konnten nachmittags Seidenfächer bemalen, bevor es ans Lösen eines China-Rätsels ging. Am Motto-Tag Bayern ging es schon beim obligatorischen Morgentreffen aller Teilnehmer heiß her, wie im Blog zu lesen ist. Die Kinder und Jugendlichen hatten Spaß bei Volksmusik, Hut werfen, dem Stemmen von Bierkrügen oder Tragen von Holzklötzen.

800 Corona-Tests während des Lagers: „Zum Glück fiel keiner positiv aus“
Zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus wurden die Teilnehmer zu Beginn des Lagers für die Aktivitäten in Gruppen eingeteilt. Die regelmäßigen Corona-Tests hätten den Spielspaß der Kinder nicht gestört. „Für mich war es allerdings jedes Mal eine Achterbahn der Gefühle“, räumt Viktor Sorg ein. Zum Glück sei jedoch keiner der 800 Tests positiv ausgefallen.
„Dafür muss man ein bisschen verrückt sein“, kommentiert der 46-Jährige die Tatsache, dass er wie die meisten der mitreisenden Betreuungskräfte einen Teil seines Jahresurlaubs für das Sommerlager opferte. 13 Mal war er selbst als Betreuer dabei, davon sieben Mal als Kopf des Lagers. Er sieht seine Teilnahme als „meinen Beitrag für die Gesellschaft“ an. Die zwei Wochen Ferienfreizeit zu Beginn der Sommerferien seien extrem wichtig für Eltern und Kinder gleichermaßen.

„Mein schönstes Erlebnis diese Jahr war, als ich gegen 20.30 Uhr über den Zeltplatz ging und wirklich alle Kinder waren aus eigenem Antrieb zufrieden beschäftigt.“Viktor Sorg
Gerade nach dem Lockdownjahr 2020 hätten viele Eltern viele Urlaubstage für Kinderbetreuung aufgebraucht und seien froh um die Entlastung nach der Corona-Durststrecke. Die Kinder und Jugendlichen selbst hätten endlich wieder die Möglichkeit des Miteinanders bei Sport und Spiel genießen können. „Mein schönstes Erlebnis diese Jahr war, als ich gegen 20.30 Uhr über den Zeltplatz ging und wirklich alle Kinder waren aus eigenem Antrieb zufrieden beschäftigt“, erinnert sich Sorg. Ähnlich geht es dem Lagerverantwortlichen beim abendlichen Lagerfeuer. Wenn alle zusammen „Nehmt Abschied, Brüder“ sängen, wenn auch mit gebührendem Corona-Abstand, sei der Lagertag perfekt.
Das Zeltlager Mimmenhausen gibt es seit 1963
So einiges hat sich geändert in fast 60 Jahren Ferienlager-Geschichte. Ein abwechslungsreiches Programm mit Basteleien, Turnieren und jeder Menge Badevergnügen im nahegelegenen Weiher sind geblieben. Tradition hat auch das abendliche Ritual am Lagerfeuer, wenn es nicht regnet. Am Feuer kommen alle zusammen. Der Lagerleiter liest Rübezahl-Geschichten vor, die Teilnehmer können Stockbrot oder Landjäger an den Flammen garten. Auch Lieder werden gesungen, am Ende steht ein Abschiedslied. Danach gehen die Jüngeren ins Bett, die Älteren können noch zwei Stunden über ihre freie Zeit verfügen.

Zwei Bürgermeister und Minister
Von Anfang an hatten die Kinder ein großes Mitspracherecht und die Möglichkeit, demokratisches Entscheiden hautnah zu erleben und einzuüben. Denn am ersten Lagertag werden aus den Teilnehmern ein weiblicher und ein männlicher Bürgermeister sowie Minister für Sauberkeit, Sportveranstaltungen und Streitschlichtung gewählt.

Viel geändert hat sich am Standard des Zeltlagers, seitdem Pfarrer Herbert Gail 1963 das erste Mal mit Jungen und Mädchen aus Salem zum Sommerlager aufbrach. Damals gab es weitaus weniger Komfort. Statt der heutigen modernen Sanitäranlagen mussten sich die Mitreisenden in Wannen waschen und ein Plumpsklo benutzen. 15 ausrangierte Bundeswehrzelte dienten in den 60er Jahren als Schlafgelegenheit.
Heute sind die modernen Zelte mit Regalen für Kleidung und Schuhe ausgestattet, geschlafen wird auf richtigen Matratzen. Bis in die 90er Jahre kochte noch die Pfarrhaushälterin. Mittlerweile ist ein gelernter Koch mit von der Partie.

85 Erwachsene helfen beim Aufbau
Damit so viel Zeltluxus zur Verfügung stehen kann, sind viele Helfer nötig. Allein zum Aufbau rücken 85 Erwachsene an, darunter viele Eltern. Die Gemeinde und die katholische Kirchengemeinde unterstützen das Lager ideell und finanziell, wie Lagerleiter Viktor Sorg erklärt. Die Salemer Firma Herter stelle seit Jahren die Sanitärcontainer mit schwerem Gerät auf. Dank einer Spende der regionalen Josef-Wagner-Stiftung hätten die Container generalsaniert werden können.