Wenn ein Familienmitglied schwer und unheilbar erkrankt, sind Betroffene und deren Angehörige oft auf Hilfe von Außen angewiesen. In solch einer belastenden Situation haben sich Marion Jung (Name wurde geändert) und die Begleiterin Ulla Graepel von der Hospizgruppe Salem kennengelernt. Mit Mitte 40 war bei Jungs Ehemann ein Hirntumor diagnostiziert worden. Als sich sein Gesundheitszustand nach drei Jahren rapide verschlechterte, begab sich seine Frau auf die Suche nach Hilfsangeboten. Dabei stieß sie auf das Hospizangebot und auf Ulla Graepel. "Ich wusste anfänglich noch nicht genau, was ambulante Hospizbetreuung bedeutet", erzählt Jung.

Wichtige Themen ansprechen

Froh sei sie gewesen, dass das Erstgespräch mit Einsatzleiterin Christine Engelmann noch am gleichen Tag nach ihrem Hilferuf stattfand. Bestens habe die vermittelte Hospizkraft in ihre häusliche Situation gepasst und sie entlastet. Als sehr hilfreich empfand die Ehefrau, "dass Ulla Themen angesprochen hat wie die Angst vor dem Tod". Sie habe sein bevorstehendes Sterben nicht ansprechen wollen, um ihren Partner nicht so direkt zu konfrontieren. "Ich wusste ja nicht, wie er es aufnimmt", sagt sie.

Umgang mit dem Lebensende gehört dazu

Für Ulla Graepel gehört der Umgang mit dem Lebensende mittlerweile zum Alltag dazu. Schon als Kindergartenkind musste sie den Tod eines Kindes ihrer Gruppe verkraften, später den Tod ihres ersten Lebenspartners. Die Ereignisse haben sie geprägt. Weil sie so hautnah miterlebt hat, wie wichtig es ist, Beistand zu haben, hat sie sich zur Hospizbegleiterin ausbilden lassen. Einigen Familien konnte sie bisher zur Seite stehen.

Menschen über lange Zeit kennenlernen

Zu Familie Jung ging sie regelmäßig zweieinhalb Jahre lang. Immer wieder habe es für den Kranken lebensbedrohliche Situationen gegeben. Als der Patient schließlich aufgrund des Tumors immer weniger kommunizieren konnte, holte sich die Hospizkraft selbst Hilfe. "In der Supervision habe ich gelernt, selber nicht im Stress zu sein und entspannt an die Situation heranzugehen", erinnert sie sich. Das half. Überhaupt seien die "grandiosesten Momente" die gewesen, "wenn wir nicht gesprochen haben". Dass sie die Möglichkeit hatte, den Kranken vor seinem Lebensende über eine lange Zeit kennenzulernen, empfindet Graepel als "Geschenk". Sogar seinen 50. Geburtstag hat sie zusammen mit seiner Familie und Freunden feiern dürfen. "Ich wurde quasi zur Zugehörigen."

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Graepel würde sich wünschen, dass Hilfesuchende den Mut haben, möglichst frühzeitig den Hospizkontakt zu suchen. Dann könne eine Beziehung aufgebaut und der Sterbende besser begleitet werden. "Wir Hospizhelfer werden nicht nur in der aktiven Sterbephase, sondern besonders in all den schweren Zeiten auf dem Weg dorthin aktiv", unterstreicht Graepel. Nicht bloß der Patient, sondern auch die ihn umgebenden Familienmitglieder rücken dabei in den Fokus.

Auch über Ängste von Angehörigen wird gesprochen

Es habe ihr "gutgetan, dass jemand gesehen hat, wie schlecht es mir in der Situation geht", sagt Jung. Sie sei "ziemlich am Ende gewesen", habe doch für ihren kranken Mann stark sein wollen. "Am Schlimmsten waren die enttäuschten Hoffnungen nach allen möglichen vergeblich angewandten Therapien", erinnert sie sich. Sie konnte mit Graepel über ihre eigenen Ängste reden. "Die Begegnung mit dem Hospiz war für mich nicht so sehr mit dem Tod, sondern mit Freundschaft verbunden", sagt Marion Jung.