Er hat schon in einer Boygroup gesungen und hat bereits in der Westfalenhalle Dortmund mit Britney Spears auf der Bühne gestanden, produziert Lieder und Musikvideos, hat sich im Großhandel mit Markenartikeln seine Meriten verdient und designte Lederhosen. Die Rede ist von Finchman, einem Modedesigner, der in Salem lebt. Vor drei Jahren legte er sich diesen Künstlernamen zu, zu dem er eher zufällig gekommen sei, wie er selbst sagt: „Ich war auf der Suche nach einem Namen und da sagte ein Freund, dass es bei uns am Bodensee doch viele Finken gibt.“ So sei das eine zum anderen gekommen und Finchman entstanden.
Um die Jahrtausendwende hätte er sich aber keinesfalls erträumen lassen, dass er einmal als Modedesigner den großen Durchbruch schafft. Damals stand die Musik ganz hoch im Kurs und er war Mitglied er Boygroup „Jammin' Crew“. Die Gruppe sang damals in der Dortmunder Westfalenhalle mit den ganz Großen im Geschäft, wie Britney Spears, auf dem Stuttgarter Schlossplatz mit Nena und 2002 das Titellied der Olympiabewerbung von Stuttgart. Doch Finchman war das Rampenlicht eher unangenehm, deshalb zog er sich als Produzent und Manager der Boygroup zurück. „Es war eine super Zeit, wir hatten viel Spaß“, erinnert er sich. „Doch rübergekommen ist dabei so gut wie nichts.“
Als dieses Projekt zu bröckeln begann, sagte er sich, dass er etwas für sich alleine machen wolle. Er übernahm beim Musiklabel "Ariola" das Musik- und Online-Marketing. Während dieser Zeit entdeckte er Ebay und merkte, dass man als sogenannter Powerseller richtig Geld verdienen kann. „So rutschte ich Schritt für Schritt in den Großhandel“, sagt er. Da der Reutlinger sehr gute Kontakte zu einem Mode-Outlet hatte, kam er auch regelmäßig sehr günstig an große Mengen von Markenartikeln, vornehmlich Schuhe. In dieser Zeit baute er sich ein weltweites Netz an Bekannten auf, das er bis heute nutzt. Vor allem mit dem Online-Vertrieb „Kleiderkabine“ arbeitet er immer noch sehr eng zusammen.
Als Finchman 2009 der Liebe wegen nach Salem zog, lernte er Jürgen Orzeske aus Owingen kennen. Beide waren im Internet-Vertrieb tätig und hatten die Idee eines Outlet-Shops in Überlingen. Sie brachten ihn erfolgreich an den Start und entdeckten, dass Lederhosen ein begehrtes Objekt waren. Da die beiden individuelle Ware wollten, begann Finchman mit dem Designen von Stickereien. „Ich hatte nie etwas mit Lederhosen zu tun, aber das kreative Arbeiten machte mir so viel Spaß, dass ich dabei blieb“, erklärt er.
Über einen Bekannten bekam er einen Kontakt nach Pakistan, wo die Hosen bis heute produziert werden. „Ich kann mich noch gut erinnern, dass die ersten 400 Lederhosen extrem schnell weg waren“, so Finchman. „Deshalb sind wir dabeigeblieben.“ Finchman entwarf im Hintergrund und Jürgen Orzeske übernahm den Verkauf und Vertrieb. In Hochzeiten wurden bis zu 20 000 Lederhosen im Jahr verkauft.
Dann entdeckte Finchman 2014 etwas Neues: Jumpsuits. „Ich habe sie erstmals so richtig in England wahrgenommen“, berichtet er. „Da dachte ich mir sofort, dass das durchaus Potential hat.“ Schnell waren ein Logo mit einem Fink und die ersten Designs geschaffen. Auch die Overalls werden in Pakistan produziert. „Wenn man ein bisschen Erfolg hat, klopfen die Pakistanis reihenweise an“, berichtet Finchman. „Bei mir standen irgendwann zwei Brüder, die ruhig und seriös erschienen. Mit denen kam ich dann zusammen.“ Und so startete die Serienproduktion. Im Mai 2015 wurden die ersten 1300 Finchman-Jumpsuits geliefert. Im Internet-Handel waren sie schnell vergriffen. „Ende 2015 habe ich gemerkt, dass es funktioniert“, so der Modesdesigner. Was dann passierte, hätte auch er nicht für möglich gehalten. Im Folgejahr nahmen die Online-Verkäufe rasant zu. Finchman kreierte außerdem noch die Marken Finchgirl für die Damen und Lil'Finch als Kinder- und Jugendmarke. „Das Projekt wurde zum Selbstgänger“, erzählt der Wahl-Salemer. 2016 avancierte Finchman auf Amazon zur Nummer Eins in der Rubrik Verkaufte Bekleidungsartikel. „Wir haben sicherlich den Nerv der Zeit getroffen“, freut sich Finchman und fügt schmunzelnd hinzu: „Ein Beweis dafür ist, dass es auf Ebay bereits Plagiate von der Marke gibt.“
Online-Vertrieb bleibt Steckenpferd
Aber was ist das Geheimnis des Erfolgs? „Jumpsuits sind einfach urgemütlich und sind vor allem in der kalten Jahreszeit perfekt“, erklärt Finchman. „Egal, ob für zu Hause zum Kuscheln, für Kinder zum Schlafen oder für Sportler nach dem Training: Mit dem Einteiler ist man einfach perfekt eingepackt.“ Außerdem sei es in Insider-Kreisen ein absolutes Muss, mindestens einen stylischen und modischen Jumpsuit zu haben. Mittlerweile gibt es auch Kapuzenpullover, Lederjacken, Cargo- und Sweat-Hosen von Finchman – und der Erfolg hält an, denn 2017 landete die Marke auf Amazon auf Platz Vier der meistverkauften Bekleidungsartikel.
Und mit Jürgen Orzeske bietet Finchman in der Alten Fabrik Mühlhofen einen Fabrikverkauf an. Allerdings nur auf telefonische Vereinbarung. „Der Online-Vertrieb bleibt sicherlich unser Steckenpferd“, sagt der Salemer. „Aber es gibt sicherlich auch Leute, die einen Jumpsuit vorher gerne anprobieren wollen.“ Für dieses Jahr plant Finchman neue Kollektionen: „Ich möchte vor allem noch hochwertiger produzieren“, sagt er. „Außerdem werden die Designs weiterentwickelt und einige kleinere Details hinzugefügt.“
Zur Marke
Die Marke Finchman wurde in Salem am Bodensee geschaffen. Weltweit bekannt wurde sie durch den Vertrieb der selbst entworfenen Jumpsuits. Hinter der Marke steckt der Musiker und Musikproduzent, der sich selbst Finchman nennt. Bis 2002 war er als Musiker unterwegs und wechselte danach hinter die Kulissen als Produzent. Seit 2015 vertreibt er über das Internet Jumpsuits, Lederjacken, Kapuzenpullover, Cargo-Hosen und mehr. Seit Dezember gibt es in der Alten Fabrik Mühlhofen einen Fabrikverkauf. Die Öffnungszeiten sind nach telefonischer Vereinbarung unter 0 152/1 96 18 43. Weitere Informationen zur Marke gibt es unter: www.finchman.de.