Die Lebensmittelausgabe ist rund drei Jahre nach ihrer Gründung gefragter denn je. Die Anzahl der Bedürftigen, die sich jeden Donnerstag im Ratskeller mit dem Nötigsten eindecken, nimmt kontinuierlich zu. Derzeit versorgt die Hilfsaktion 63 Kunden aus 25 Haushalten. Rund die Hälfte von ihnen sei von Anfang an dabei, aber jeden Monat komme jemand dazu, Tendenz steigend. Das berichtet das ehrenamtliche Organisationsteam, bestehend aus Bärbel Endress, Franziska Trunz und Thomas Mackowiak, das von rund 20 weiteren Freiwilligen unterstützt wird.

Bärbel Endress hatte die Aktion 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie und unterstützt von der Stadtverwaltung ins Leben gerufen, um in Not geratenen Menschen unter die Arme zu greifen. Nun ist Corona zwar abgeebbt, doch Russlands Krieg gegen die Ukraine und die damit verknüpften Folgen wie beispielsweise Flucht, steigende Energiepreise und Inflation verursachen neue Armut. Rund 350 Bedürftige gibt es allein im knapp 6000 Einwohner zählenden Meersburg, bestätigt Steffi Möglich von der städtischen Abteilung „Familie, Bildung, Soziales“, die eng mit der Lebensmittelausgabe zusammenarbeitet.

Das könnte Sie auch interessieren

Letztere ist längst auch zum sozialen Treffpunkt geworden: „Für manchen ist es das Highlight der Woche“, erzählt Thomas Mackowiak. Franziska Trunz nickt und fügt hinzu: „Einer sagt, er ist sonst nie draußen.“ Bärbel Endress hätte beim Start der Lebensmittelausgabe „im Leben nicht gedacht“, dass es sie noch drei Jahre später geben wird. „Wir hätten uns nie träumen lassen, dass, wenn Corona den Schrecken verloren hat, die nächste Krise kommt.“ Aber selbstverständlich mache man weiter, ist sich das Leitungstrio einig. „Die Kunden haben natürlich schon Sorge, ob wir aufhören? Aber das können wir nicht“, betont Thomas Mackowiak. Und Bärbel Endress bekräftigt: „Solange es Helfer und Geld gibt, ziehen wir das durch.“ Momentan sehe es in beiden Bereichen ganz gut aus – auch dank einer Spende in Höhe von 11 000 Euro, die die Markdorfer Firma Wagner und deren Mitarbeitenden, die für die Tafeln im Bodenseekreis insgesamt 57 000 Euro aufbrachten, der Meersburger Lebensmittelausgabe zukommen ließen. „Das ist ein großer Puffer“, betont Bärbel Endress.

Man freue sich natürlich über jede außerordentliche Gabe, so auch über die 270 Euro, die der katholische Stadtpfarrer Matthias Schneider bei seinen Krippenführungen als Obolus für die Lebensmittelhilfe einsammelte. Besonders dankbar sei man den regelmäßigen Unterstützern. Dazu zählten beispielsweise die Bäckereien Stüble-Wurster und Mayer sowie der Biohof Müller aus Stetten, der jede Woche frisches Gemüse bereitstelle.

Grundnahrungsmittel und wichtige Hygieneartikel

Pro Monat brauche man derzeit zudem zwischen 1200 und 1400 Euro, um essenzielle Dinge zuzukaufen, die das Angebot der gespendeten Lebensmittel abrundeten. Dabei handle es sich vor allem um Grundnahrungsmittel und wichtige Hygieneartikel. „Wir kaufen meist Eigenmarken und achten auf Sonderangebote“, erklärt Endress.

Zu Weihnachten seien auch etliche Geldspenden eingegangen, die laut der Spender explizit bei der Bewältigung der Energiekosten helfen sollten. „Wir haben sie nach Haushaltsgröße aufgeteilt“, sagt Endress. Besonders herzerwärmend fanden alle Beteiligten die „Weihnachtsengel“-Aktion, bei der 64 Kinder beschenkt wurden. Die Lebensmittelausgabe hatte vom Sozialamt eine anonymisierte Liste erhalten und die Wünsche an erfüllende „Engel“, sprich Spender, verteilt. Ein Junge habe, wie ersehnt, ein gebrauchtes Fahrrad bekommen – und es tags darauf zurückbringen wollen. „Er dachte, es sei nur für einen Tag geliehen“, berichtet Endress sichtlich bewegt.