Mobiles Arbeiten ist das neue Stichwort für das freiwillige Weiterführen nach dem Wegfall der Corona-Bestimmungen: Im Gegensatz zu Homeoffice fallen beim mobilen Arbeiten für die Arbeitgeber gewisse gesetzliche Verpflichtungen weg, die Mitarbeiter mit der entsprechenden Heimarbeits-Infrastruktur auszustatten. Und die Möglichkeit, Dienstreisen weiterhin durch Bildschirm-Besprechungen zu ersetzen, steckt ebenfalls mit drin.
Digitale Meetings statt Dienstreisen
„Homeoffice war bei Knoblauch schon immer möglich“, sagt Renate Bleher, Geschäftsführerin der Konrad Knoblauch GmbH in Markdorf. Sofern dies technisch möglich sei – und da stoße man bei Konstruktion und Planung schon an Grenzen: „Wenn Konstrukteure und Architekten große Rechner und große Bildschirme brauchen, dann müssten wir das doppelte Equipment stellen.“ Das Unternehmen verwirklicht Raumdesign nach Maß. Die Mitarbeiter kümmern sich hierzu um Architektur, Innenarchitektur, Möbelkonzepte und Lichtdesign.

Eigenverantwortlich dürfe jeder ins Homeoffice gehen, „wenn es Sinn macht“, sagt Renate Bleher: „Sowohl von der privaten wie auch von der geschäftlichen Seite.“ Mobiles Arbeiten werde umgesetzt, wo es gehe.
„Das ist bei Knoblauch also eine grundsätzliche Haltung: Solche Räume und Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, dass die Menschen lieber hier arbeiten, als zu Hause.“Renate Bleher, Geschäftsführerin Konrad Knoblauch GmbH
Digitale Meetings statt Dienstreisen etwa. Das werde nur schwierig, wenn es um Materialien gehe, die man sehen und spüren müsse, und um den Umgang mit Kunden. Bei Knoblauch gebe es aber niemanden, der zu 100 Prozent Homeoffice macht: „Weil wir wirklich schöne Büros haben, sind wir auch alle gerne hier“, sagt Renate Bleher. Schließlich sei das Einrichten moderner Arbeitswelten eine Kernkompetenz der Firma: „Das ist bei Knoblauch also eine grundsätzliche Haltung: Solche Räume und Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, dass die Menschen lieber hier arbeiten, als zu Hause.“
„Wir haben aus der Corona-Zeit gelernt, dass Homeoffice viele Vorteile bringt.“Christian Morlock, Justiziar und Personalchef ZIM Aircraft Seating
Bei ZIM Aircraft Seating hat man Corona zum Anlass genommen, das Thema Homeoffice neu zu überdenken: „Vor Corona hat man das tatsächlich etwas stiefmütterlich behandelt“, sagt Christian Morlock, Justiziar und Personalchef beim Hersteller von Flugzeugsitzen mit Sitz in Immenstaad, Produktion in Markdorf und rund 130 Mitarbeitern: „Wir haben aus der Corona-Zeit gelernt, dass Homeoffice viele Vorteile bringt.“ Man habe es schätzen gelernt als eine Komponente, um Flexibilität zu geben, wenn es die Situation erfordert: „Als Ergänzung zum Büro hat es bei uns Einzug gehalten. Wir haben die letzten Monate die Homeoffice-Regelung erweitert zum mobilen Arbeiten.“
Das stoße allerdings an Grenzen, wenn es um die IT-Ausstattung gehe: „Wir können das ja nicht von heute auf morgen umstellen, wenn ganze IT-Landschaften betroffen sind, die wir umrüsten müssten. Vor allem beim Engineering braucht es viel Rechnerkapazität, wo die Leute hier quasi neben dem Server sitzen. Manche Ingenieure nutzen Homeoffice schon auch, aber das ist nicht die hundertprozentig ideale Lösung.“ In der Produktion sei das sowieso nicht möglich und auch noch nie gewesen, schmunzelt Christian Morlock: „Ich kann ja nicht dem Mitarbeiter sagen, nimm mal den Flugzeugsitz mit nach Hause und schraub‘ den am Küchentisch fertig.“
Dienstreisen sind schon noch notwendig
Ob man auf Dienstreisen neuerdings verzichte, hänge bei ZIM von der Situation und den Kunden ab, sagt Christian Morlock. Wenn Projekte mal am Laufen seien, könne man sehr gut auf Videokonferenz-Tools zurückgreifen. Aber die Neugewinnung oder Rückgewinnung von Kunden – das gehe nur im persönlichen Gespräch. Bei manchen Mentalitäten auf der Welt werde auch erwartet, dass man umgarnt wird und persönlich erscheint: „Aber die eine oder andere Dienstreise erledige sich schon durch die neuen Technologien.“
Endlich wieder Kollegen treffen
Und wie hält es der Personalchef selbst mit dem Homeoffice? „An Anfang findet man das schon irgendwie cool. Aber dauerhaft kann ich mir das nicht so gut vorstellen“, sagt Christian Morlock. Und: „Die gemeinsame Büroarbeit erleichtert die Zusammenarbeit schon. Mir fehlen da die Kollegen, wenn man über Wochen nur noch über Zoom und Teams-Programme kommuniziert. Das Menschliche eben. Man sieht es auch an der weggefallenen Maskenpflicht, wie sehr wir es genießen, einander wieder ohne Maske zu begegnen.“
Betriebsvereinbarung für mobiles Arbeiten
Bei der J. Wagner GmbH in Markdorf, Spezialist für Oberflächentechnologie, für Anwendungsgebiete im Heimwerkerbereich, Handwerksbetrieben und Industrie, haben Mitarbeiter schon länger die Möglichkeit, zeitweilig von zu Hause aus zu arbeiten, sagt Pressesprecherin Tanja-Christina Musik. So gab es bei Wagner schon vor Corona eine „Betriebsvereinbarung mobiles Arbeiten“, die nach der Homeoffice-Pflicht nun seit 1. April wieder gilt. Die Vereinbarung gilt für bis zu drei Tage in der Woche. Dort, wo es möglich ist, und in Absprache mit den Vorgesetzten und dem Team.

Meetings vor Ort sind besser für Ideenfindung
Generell aber freuten sich die rund 500 Mitarbeiter in Markdorf, dass sie wieder im Betrieb sein können. Die sozialen Kontakte, der unkomplizierte persönliche Austausch, die informellen Meetings jeder Art, sei es in der Kantine oder in den beiden Cafés in der Firma: „Da bekommt man oft Ideen und Anstöße aus anderen Abteilungen“, sagt Tanja-Christina Musik: „Das wird hier sehr geschätzt. Und das hatten wir in den Video-Meetings, die sich meist auf das eigene Team beschränken, eben viel weniger.“ Meetings vor Ort seien zur Ideenfindung besser und einfacher als Teams-Sitzungen. Generell aber biete das Angebot des mobilen Arbeitens bei Wagner die Möglichkeit, eine gute Balance zwischen Büro und zu Hause zu schaffen.

Auch in der Markdorfer Stadtverwaltung ist man am Thema dran: „Wir sind in Vorbereitung, die Möglichkeiten für mobiles Arbeiten zu schaffen“, sagt Hauptamtsleiter Klaus Schiele. „Wir sind der Meinung, dass es in einer modernen Verwaltung diese Möglichkeit geben soll – ob vorgeschrieben oder nicht. Ein passendes Modell für die Verwaltung erarbeiten wir derzeit intern.“ Bisher werde die Möglichkeit zum Homeoffice „in unterschiedlicher Intensität“ genutzt; Statistiken dazu gebe es aber keine.
„Digitalkonferenzen werden die Präsenz nicht ersetzen können, aber wenn es um Terminabstimmungen und Klarstellungen geht, dann ist das höchst effizient.“Klaus Schiele, Hauptamtsleiter Stadtverwaltung Markdorf
Man habe aber auch positive Erfahrungen gemacht und sich, getrieben durch die Pandemie, schneller in digitale Prozesse eingearbeitet, sagt Klaus Schiele. „Digitalkonferenzen werden die Präsenz nicht ersetzen können, aber wenn es um Terminabstimmungen und Klarstellungen geht, dann ist das höchst effizient. In Sachen Dienstreisen überlegt man sich schon, ob es wert ist, wo hinzufahren. Dieses Gestaltungsmittel wird uns also bleiben. Es gibt Elemente, die haben sich durchaus vorteilhaft ausgewirkt.“