„Einfach herzerfrischend“, sagt Joachim Mutschler zum Auftritt von Wolfgang Bosbach. Der Christdemokrat aus dem rheinischen Bergisch-Gladbach war beim Neujahrsempfang in der neuen Aula des Bildungszentrums der von der Stadt eingeladene Gastredner. Über Politik, über Wirtschaft, über die Gesellschaft und ihren Wandel hatte der langjährige ehemalige Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses gesprochen. Und Bosbach hatte seine Zuhörer immer wieder zum Lachen gebracht, ebenso oft aber auch zum Nachdenken.
„Weil Bosbach schwierige, sehr komplexe Themen verständlich macht, haben mir seine Ausführungen besonders gut gefallen“, erklärt Mutschler, Fraktionsvorsitzender der Umweltgruppe im Gemeinderat. Bei allem Unterhaltungswert der Rede sieht Mutschler jedoch mindestens einen Punkt kritisch. In Bosbachs Darstellung war die Atomenergie alternativlos. Unverzichtbar im Energiemix, so wie Gas oder auch Kohle, damit auch dann Strom aus der Steckdose kommt, wenn es zu dunkel ist für Solarenergie oder zu windstill für die Windkraft. „In Sachen Speichertechnik sind wir schon weiter, als es Bosbach behauptet hat“, erklärt Mutschler. So entschieden, wie Bosbach auch ein langfristiges Festhalten an der Kernenergie einfordere, sei das heute kaum mehr zu vertreten, findet er.
Als „Fünf-Sterne-Redner“ angepriesen
„Sehr erfrischend“ fand auch Markus Uhl, was der von einer Redner-Agentur als „Fünf-Sterne-Redner“ angepriesene frühere Bundestagabgeordnete nicht am Rednerpult, sondern daneben stehend seinem Publikum vorgetragen hat. „Mit viel Humor und trotzdem lehrreich“, lautet Uhls Urteil über die einstündige Rede. „Leider ist es nur wenigen Politikern gegeben, schwierige Themen auf so lebendige Weise zu präsentieren und ihr Publikum derart zu begeistern“, bedauert er.
Gefreut hat Polizeipräsident Uwe Stürmer, den Leiter des Polizeipräsidiums Ravensburg, wiederum, dass der Jurist aus dem Rechtsrheinischen auch auf die Arbeit von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten zu sprechen kam. „Es ist ja unsere Aufgabe, bestehendes Recht durchzusetzen, und das im Auftrag des Staates, also von uns allen“, greift Stürmer Bosbachs Verurteilung der Silvesterkrawalle in deutschen Großstädten auf. Ein Unding sei es, wenn Einsatzkräfte angegriffen würden. „Zum Glück haben wir bei uns hier am Bodensee noch nicht solche Verhältnisse, wie wir es aus manchen anderen Teilen der Republik hören“, so Stürmer.

Nachdenklich gemacht haben die Ausführungen Bosbachs SPD-Fraktionschef Uwe Achilles. „Außer dem hohen Durchschnittsalter der Politiker, knapp unter 50 im Bundestag, hat mich auch überrascht, wie wenig Bürger sich parteipolitisch engagieren wollen, nur 1,6 Prozent.“ Heidrun Braun-Widemann und Thomas Braun aus Ittendorf hat das neue Konzept des Neujahrsempfangs gefallen. Die Großzügigkeit in der neuen Aula kam bei ihnen gut an. Ebenso, dass die Ehrungen auf einen anderen Termin verlegt wurden, sagt Braun. Genau hingehört bei den Reden hat auch Gerhardt Behrendt – auch auf die Ankündigungen von Bürgermeister Georg Riedmann. „Die Innenstadt zu beleben, ist ganz wichtig, da kann man ruhig etwas größer denken und mutiger sein“, meint Behrendt, der selbst als Zuhörer kaum eine Gemeinderatssitzung auslässt.
