Soll Markdorf einen eigenen Stadtbus bekommen? Mit dieser Frage befassen sich Gemeinderat und Verwaltung bereits seit Längerem. Nun wurde es im Gemeinderat am Dienstagabend aber konkret: Zur Diskussion stand ein vierwöchiger Probebetrieb für ein Stadtbus-Modell. Für den hatte eine aus Vertretern der Fraktionen, Verwaltung sowie einem Bermatinger Busunternehmer gebildete Arbeitsgruppe ein Grobkonzept entwickelt, samt Streckenführung und Taktung. Diskutiert wurde in der Stadthalle jedoch vor allem die Sinnhaftigkeit des Vorhabens. Insbesondere aus den Reihen der Freie-Wähler-Fraktion wurde Kritik laut.

Kritik von den Freien Wählern

„Wenn nicht einmal die den Probebetrieb befürwortende Fraktion dessen Ziele klar erkennen kann“, so bemängelte FW-Rat Markus Gantert das von der Arbeitsgruppe und der Verwaltung vorgelegte Konzept, „dann kann ich dem ganz sicherlich nicht zustimmen“. Schlage das Stadtbus-Experiment doch mit rund 18 000 Euro zu Buche. Zuvor hatte Bernhard Grafmüller von der Umweltgruppe bei grundsätzlicher Zustimmung darum gebeten, dass „die Ziele des Probebetriebs genau formuliert werden“. Sodass klar werde, „welche Daten rauskommen sollen“.

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Bus-Experiment mit wissenschaftlicher Begleitung?

Bürgermeister Georg Riedmann hatte bei seinen einleitenden Worten zur geplanten Einführung eines Stadtbussystems erklärt, dass man sich eine wissenschaftliche Begleitung durch die Hochschule Heilbronn wünsche. Noch fehle aber die verbindliche Zusage von dort. Die Idee, das Stadtbus-Konzept von einem Beratungsbüro entwickeln zu lassen, habe man hingegen aus Kostengründen verworfen. Stattdessen soll das Stadtbus-Konzept gewissermaßen „mit Bordmitteln“ untersucht beziehungsweise auf den Weg gebracht werden, wie es Ordnungsamtsleiter Jürgen Hess formulierte.

Nutzerbefragungen sind ganz wichtig: Auch beim Stadtbus-Experiment der Umweltgruppe vor drei Jahren wurde nach den Bedürfnissen der ...
Nutzerbefragungen sind ganz wichtig: Auch beim Stadtbus-Experiment der Umweltgruppe vor drei Jahren wurde nach den Bedürfnissen der Bürger gefragt. Hier legt Albin Ströbele bei der Testfahrt im April 2019 Sarah Foh den Fragebogen zum Stadtbus vor. | Bild: Jörg Büsche

„Eine wissenschaftliche Begleitung ist unverzichtbar“, erklärte Arnold Holstein von den Freien Wählern. Aus seiner Sicht sei eine „Do-it-yourself-Auswertung des Stadtbus-Konzeptes keinesfalls zu akzeptieren“. Überhaupt, so kritisierte Holsteins Fraktionskollege Jens Neumann, seien die Aussagen nach vier Wochen Bus-Probebetrieb „alles andere als aussagekräftig“. Man laufe Gefahr, die falschen Schlüsse zu ziehen.

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Zweifel an der Aussagekraft des Probebetriebes

Eine fehlende Aussagekraft war das Argument, das vor Neumann auch schon die CDU-Fraktionsvorsitzende Kerstin Mock vorgebracht hatte: Frage man die Leute vor dem Supermarkt, ob sie für gesunde Lebensmittel auch etwas mehr bezahlen würden, komme eine Antwort, die nur selten mit dem Verhalten am Regal übereinstimme, zog sie einen Vergleich. CDU-Rat Erich Wild beharrte deshalb auf ein Entgelt für die Stadtbusfahrten, gerade in der Probephase, damit sich „realistische Zahlen“ ergäben. Wild wies darauf hin, dass auch das derzeit betriebene Emma-System, ehemals das Markdorfer Anruf-Sammel-Taxi, auf Zuschüsse von der Stadt angewiesen sei.

Feinheiten, wie die Frage, ob die kalkulierten Haltezeiten nicht zu knapp bemessen sind, wurden im Gemeinderat am Dienstagabend zwar ...
Feinheiten, wie die Frage, ob die kalkulierten Haltezeiten nicht zu knapp bemessen sind, wurden im Gemeinderat am Dienstagabend zwar angesprochen. Diese Details sollen aber erst nach dem Probebetrieb erörtert werden. | Bild: Jörg Büsche

Nur ein Versuch, noch kein Entscheid

Es war Joachim Mutschler, Fraktionschef der Umweltgruppe (UWG), der daran erinnerte, dass mit der Zustimmung zum vorgeschlagenen Probebetrieb des Stadtbusses noch keine Entscheidung über dessen Inbetriebnahme getroffen sei. Die stünde ja erst später an. Im Übrigen aber sei es höchste Zeit, auf den Klimawandel zu reagieren. Und die kommunale Mobilitätswende sei dafür nötig.

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Die 18 000 Euro für den Probebetrieb seien gut investiertes Geld, fand auch Uwe Achilles, Fraktionschef der SPD: „Wenn wir das Stadtbus-System nicht ausprobieren, werden wir nie erfahren, ob das sinnvoll ist.“ Und wichtiger, als nun über ein Fahrtentgelt beziehungsweise dessen Höhe zu diskutieren – im Gespräch sind 1,50 Euro – sei es, einen sinnvollen Fragebogen zu formulieren. Einen Fragebogen, der Aufschlüsse zur Akzeptanz und dem tatsächlichen Bedarf für einen Stadtbus biete.

Es braucht Energie und Kutteln

FDP-Rat Rolf Haas, obgleich anfangs Befürworter des Stadtbus-Konzeptes, sieht darin inzwischen „nur ein weiteres tiefrotes Projekt der Stadt“, bei dem keine Kostendeckung zu erreichen sei. Öffentlicher Personennahverkehr sei immer und überall ein Zuschussprojekt, erwiderte Riedmann. Er berichtete von seinen Erfahrungen aus Donaueschingen. Dort habe man einen Stadtbus eingeführt. Aber es habe zwei Jahre gedauert, bis sich sinnvolle Ergebnisse sowie eine gewisse Zufriedenheit mit dem Angebot abgezeichnet hätten.

Anschluss gesucht: Ein künftiger Stadtbus-Fahrplan soll auch auf die Ankunftszeiten der Eisenbahn abgestimmt werden.
Anschluss gesucht: Ein künftiger Stadtbus-Fahrplan soll auch auf die Ankunftszeiten der Eisenbahn abgestimmt werden. | Bild: Jörg Büsche

„Man braucht Energie und Kutteln für so ein Vorhaben“ und am Anfang stehe man immer im Nebel, so der Bürgermeister. Ein vierwöchiger Probelauf bringe daher keine endgültige Orientierung, aber erste Anhaltspunkte für weitere Überlegungen. Am Ende einer zum Teil hitzig geführten Diskussion stimmte der Rat mit einer Mehrheit aus Umweltgruppe, SPD und Teilen der CDU dem Probebetrieb zu.