Linus, Malik und Diago spielen freudig auf dem Teppich mit kleinen Autos im St. Josef Kindergarten in Leimbach. Die Erzieherinnen tragen keinen Mundschutz. Rote Absperrbänder gibt es auch nicht. Von Corona scheint man hier weit entfernt.

Doch der Schein trügt. Noch immer können nicht alle Kinder den Kindergarten besuchen. Ab dem 29. Juni soll es aber laut Landesregierung endlich soweit sein. Es wurde bestätigt, dass Kinder laut einer Studie des Universitätsklinikums Heidelberg deutlich seltener an dem Coronavirus erkranken.
Öffnung ist für viele Eltern schon lange überfällig
Dennoch ist Kristina Dietrich, Gesamtelternbeitratsvorsitzende der Kindergärten Markdorf, enttäuscht, dass es nicht schon früher möglich war, dass alle Kinder den Kindergarten besuchen dürfen.
„Über eine so lange Zeit ist es eine schwierige und belastende Situation für die Familien. Eine noch längere Schließung wäre nicht zumutbar. Ich hätte es gut gefunden, wenn die bisherigen Entscheidungen nicht so lange auf dem Rücken der Kinder ausgetragen worden wären“, sagt sie.
Sie befindet sich im Homeoffice und ist mit zwei Kindern im Kindergartenalter selbst davon betroffen.
Hoher Bedarf an Notbetreuung
So werden noch bis zum 28. Juni rund 101 Kinder in Notgruppen in den Kindergärten in Markdorf und den Teilorten betreut, sagt Hauptamtsleiter Klaus Schiele. Anspruch auf die erweiterte Notbetreuung haben Kinder, deren Erziehungsberechtigte in einem systemrelevanten Beruf arbeiten.
Neben diesen dürfen seit dem 27. April auch Kinder in den Kindergarten, bei denen beide Elternteile oder Alleinerziehende laut Verordnung „einen außerhalb der Wohnung präsenzpflichtigen Arbeitsplatz wahrnehmen und von ihrem Arbeitgeber als unabkömmlich gelten.“

Was der reduzierte Regelbetrieb bedeutet
Zudem dürfen sich seit 18. Mai bis maximal 50 Prozent der Kinder im sogenannten reduzierten Regelbetrieb gleichzeitig in der Einrichtung aufhalten.
„Wir haben diese Betreuung in allen Einrichtungen im rollierenden System ermöglicht. Dadurch können wir gewährleisten, dass mit wenigen Ausnahmen grundsätzlich jedes Kind seinen Kindergarten im Wechsel an zwei zusammenhängenden Tagen besuchen kann“, erklärt Schiele.
Dieses Angebot werde von den Eltern dankbar angenommen, sagt Ursel Burger, Leiterin des Kindergartens St. Josef in Leimbach. Von insgesamt 74 Kindern können 31 an zwei Tagen pro Woche in den Leimbacher Kindergarten kommen.

In einer Gruppe sind maximal zwölf Kinder. 20 Kinder seien bereits in der Notgruppe untergebracht. Obwohl die angespannte Betreuungssituation Eltern vor Herausforderungen stelle, seien nicht alle auf den reduzierten Regelbetrieb angewiesen.
„Einige Eltern haben mir erzählt, dass sie durch Corona eine schöne Zeit mit ihrer Familie erleben und sie enger zusammengewachsen sind, vor allem Geschwisterkinder“, berichtet Burger.
Corona hat für manche Familien auch etwas Positives
Das bestätigt Stefanie Schreitmüller, Leiterin des Kindergartens St. Martin in Ittendorf. Wie groß die Not der Eltern sei, hänge größtenteils davon ab, wie die Familien zuhause organisiert seien, welche Berufe die Eltern ausüben oder wie sich die Wohnsituation gestalte. Im derzeit reduzierten Regelbetrieb können 38 von insgesamt 52 Kindern in drei Gruppen den Ittendorfer Kindergarten besuchen.

Die Kinder in der Notbetreuung werden an drei oder fünf Tagen in der Woche betreut, je nach Betreuungsbedarf der Eltern. Eine weitere Gruppe ist die Kinderkrippe. Für Kinder unter drei Jahren sei es am Anfang schwierig gewesen und sie hätten geweint, als sie wieder im Kindergarten waren, da sie sich erst wieder an die Umgebung gewöhnen mussten, erzählt Schreitmüller.
Wie die Gruppen zusammengestellt werden
Die dritte Gruppe ist eine rollierende, die wie in Leimbach nur an bestimmten Tagen da ist, damit sich die Kinder nicht begegnen. Dabei wurde darauf geachtet, dass gleichaltrige Kinder und deren Freunde zusammengenommen werden sowie in etwa gleich viele Jungen und Mädchen in einer Gruppe sind, erläutert Schreitmüller.

Kindern zuhause fehlen soziale Kontakte
Nach diesem Prinzip teilt auch Désirée Selb, Leiterin des Kindergartens Hepbach, ihre Gruppen ein. Sie begrüßt die Öffnung der Kindergärten sehr. „Es ist wichtig, dass Kinder Bildung erhalten und mit anderen Kindern Kontakt in der Gruppe haben“, sagt Selb.

Da genau dieser Kontakt zwischen den Gruppen noch nicht erlaubt ist, haben sie zum Beispiel unterschiedlich farbige Punkte an der Toilettentür angebracht, damit die Kinder wissen, welche Toilette sie benutzen müssen.
Wie Hauptamtsleiter Schiele hoffen die drei Kindergartenleiterinnen und viele Eltern, dass die Öffnung der Kindergärten ab dem 29. Juni im Interesse der Kinder umgesetzt wird, denn „irgendwann müssen wir lernen, mit dem Virus zu leben“, sagt Schreitmüller.