Es gibt Menschen, die nicht mehr an Helden glauben. Und es gibt Menschen, die Heldenhaftes leisten, ganz ohne dabei im Rampenlicht zu stehen. Helga Weißkopf etwa ist so eine Heldin. Keine, die ans Licht der Öffentlichkeit drängt. Im Gegenteil. Helga Weißkopf hat ohne viel Aufhebens zusammen mit dem Tierschutzverein Markdorf (TSVM) eine Igelstation errichtet. Jetzt will der Verein dieses Projekt vorstellen. Helga Weißkopf drängt nicht nur nicht an die Öffentlichkeit, sie ist zudem auch etwas fotoscheu.

"Ich erinnere mich noch gut an den 17. Dezember 2015, als ich eine völlig abgemagerte Igeldame aus der Hecke gefischt habe", sagt die engagierte Tierschützerin. Das kleine Stachelgerippe wog gerade mal 388 Gramm und bekam vom Tierarzt wenig bis gar keine Überlebenschance. "Lilly nannte ich die Igelin", erzählt Helga Weißkopf heute. Namen für all die Stachelfellchen seien für sie selbstverständlich. Mit über 1000 Gramm konnte das Tier im darauffolgenden Mai wieder in die Freiheit entlassen werden. Das war der Grundstein zum Aufbau der Igelstation. Seit dem vergangenen Winter waren es sage und schreibe 23 "Stachelritter", die dank des Vereins und Helga Weißkopfs Unterstützung in deren Wohnzimmer, Keller, Garage und Gartenhaus überwintert, aufgepäppelt und gepflegt wurden.

Für den kommenden Winter heißt die Devise jetzt: expandieren. "Wir sind dringend auf Zuschüsse angewiesen", sagt Helga Weißkopf. "Hasenställe, Meerschweinchengehege, Igelhäuschen alles können wir gebrauchen. Und alles kostet Geld." Nicht zuletzt verschlingt der immense Pflegeaufwand Unsummen. "Die Tierarztkosten sind hoch, und das Igelfutter ist sehr teuer", ergänzt TSVM-Vorsitzende Annemarie Hendricks. Klar, könne man sich zunächst mit Katzenfutter aushelfen, "aber auf Dauer ist das nicht igelgerecht". Regenwürmer seien die Leibspeise der stacheligen Gesellen. "Wer glaubt, Igel fressen gerne Schnecken, der irrt", klärt Annemarie Hendricks schmunzelnd auf. Das täten sie nur im Notfall und mit sichtlich verzogener Miene.

Es gibt glückliche und traurige Geschichten im Alltag von Igelmutter Helga Weißkopf. Die glücklichen sind solche wie die von Momo, dem Schmuse-Igel. "Das glaubt man nicht, wie anschmiegsam diese Tierchen werden können", erzählt sie lachend. Im Arm des Ehemannes hätte sich das Igelkind stets verkrochen, geräkelt und sich genüsslich kraulen lassen. Die traurigen Geschichten indes sind jene wie etwa von Rocky, dem Igel, der in einen Faden-Rasentrimmer geraten ist. Denn längst hat sich der Mensch auch in den hintersten Winkel der Natur vorgedrängt. "Das Köpfchen des Igels war regelrecht aufgeschlitzt", erinnert sich Annemarie Hendricks an dieses grauenhafte Bild. Ein Auge hätte der Igel dabei verloren, aber dank des Tierarztes und fürsorglicher Pflege sei er bald wieder so weit auf dem Damm gewesen, sodass er ausgesetzt werden konnte. "Bis er zurückkam mit einem Infekt, der ihm letzten Endes das Leben gekostet hat."

Jetzt will der Tierschutzverein Markdorf diese Igelstation weiter ausbauen, um den Tieren soweit zu helfen, dass sie trotz des unaufhaltsamen Eindringens des Menschen in ihren Lebensraum ein einträgliches Auskommen im Reich der Gartenbesitzer haben. Das bedarf einerseits an beachtlichem Engagement, andererseits an finanziellen Mitteln.

Die Aktion

Der SÜDKURIER Markdorf setzt insgesamt 5000 Euro als Preis aus für herausragende Vereinsprojekte, die besonders unterstützenswert sind. Mit dem TC Markdorf und dem Tierschutzverein haben bereits die ersten Vereine ihren Hut in den Ring geworfen. Die beiden Projekte der Tierschützer stellen wir nächste Woche vor. Mitmachen ist einfach: Eine kurze E-Mail an markdorf.redaktion@suedkurier.de mit einigen Sätzen zu dem besonderen Projekt. Wir berichten darüber. Bewerbungsschluss ist der 30. September. Danach werden wir die Leser dazu aufrufen, den Sieger zu wählen. Die drei Bestplatzierten werden ausgezeichnet. (gup)

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