Ob am Check-in-Schalter oder im Stau: Urlaub beginnt häufig in einer Warteschlange. In Friedrichshafen war bei Reisewilligen jüngst schon bei der Urlaubsplanung Geduld gefragt. „Wir hatten im Januar Samstage, an denen die Leute im Center Schlange standen“, sagt Heike Zander, die das Reisebüro Reiseland im Bodenseecenter leitet. Die Buchungszahlen seien gut, sagt sie, auch wenn es noch lange nicht so sei wie 2019.
„Wir haben im Vergleich etwa 55 Prozent“, sagt auch Murat Gören, dem das Reisebüro Holiday Land in der Buchhornpassage gehört. Bernd Behrend, Pressesprecher am Flughafen Friedrichshafen, bestätigt: „Der touristische Verkehr hat schon seit Januar angezogen. Die Buchungen sind überdurchschnittlich, der Nachholbedarf ist auf jeden Fall da, aber das Geschäft ist kurzfristiger geworden.“ Das heißt, dass jetzt fleißig für die Pfingstferien gebucht wird, was Urlaube in den Sommer- und Herbstferien anbelangt, herrscht dagegen noch Zurückhaltung.

Welchen Einfluss haben Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg?
„Wir schreiben sehr viele Angebote, aber viele Kunden haben dann Bedenken wegen der hohen Inzidenzen und machen wieder einen Rückzieher, warten lieber noch vier, sechs oder acht Wochen, um zu sehen, wie sich Corona weiterentwickelt“, schildert Murat Gören. Heike Zander bestätigt, dass der Beratungsaufwand stark zugenommen hat. Für den, der jetzt eine Reise für August bucht, können sich die Einreisebestimmungen schließlich noch mehrfach ändern.

Auch der Krieg in der Ukraine sorgt für Verunsicherung. „Eine Fluggesellschaft wird ihre Gäste keiner Gefahr aussetzen, aber wir können den Menschen ihre Ängste trotz unserer langjährigen Erfahrung nicht nehmen“, sagt Heike Zander. Sie ist seit über 40 Jahren im Geschäft, hat von Tsunami über Kriege bis Corona die Auswirkungen etlicher Ereignisse auf Branche und Reiseverhalten miterlebt. „Was steigende Benzin- und Gaspreise für Auswirkungen auf das Konsumverhalten haben, wissen wir nicht, und welchen Einfluss der Ukraine-Krieg auf Nachfrage und Preisentwicklung haben wird, ist nicht absehbar, sagt Flughafensprecher Bernd Behrend.
Was, wenn die Situation kurz vor dem Urlaub eine andere ist?
Wer eine Reise bucht, so raten die Experten, sollte unbedingt eine Flex-Option dazubuchen. Mit entsprechendem Tarif können Reisende noch zwei, drei Wochen vor Abreise kostenlos stornieren, wenn ihnen die Lage nicht geheuer ist. Die Preise und Bedingungen variieren je nach Reiseveranstalter, manche bieten die Flex-Option aber sogar gratis und auch noch für die Sommer- und Herbstferien an.
Zu den beliebtesten Reiseziele der Häfler gehören aktuell Mallorca, Griechenland, die türkische Riviera und Ägypten – alles, was man ohne Umstieg vom Flughafen Friedrichshafen aus erreichen kann. „Der Wunsch, in Friedrichshafen ins Flugzeug zu steigen ist so groß, dass viele Reisende dem ihr Wunschziel unterordnen“, beobachtet Heike Zander. „Manche fliegen lieber zum dritten Mal nach Kreta, als ab Zürich oder München zu fliegen.“
„Es muss sich alles erst wieder einspielen“, sagt Murat Gören. Er hatte richtig Pech, denn er verkaufte sein Reisebüro erst an Thomas Cook und dann an Galeria Reisen, die beide Insolvenz angemeldet haben. Seit Juni führt er das Holiday Land wieder in Eigenregie und ist unendlich glücklich, dass alle Stammkunden zurückkommen. Auch Heike Zander ist zuversichtlich. „Ich habe zwar keine Glaskugel, aber ich glaube, dass wir ein entspannteres Reisejahr bekommen“, sagt sie.