Am 7. Juni konnten Doris und Murat Gören endlich ihr Holiday Land in der Häfler Buchhorn-Passage wieder öffnen. Lange hatten sie gezögert, zu unsicher war die Corona-Situation. Das ehemalige Thomas-Cook-Reisebüro war nach der Insolvenz des Reiseveranstalters im Herbst 2019 von Galeria Karstadt Kaufhof übernommen worden. Bis zum April 2020: Dann war auch Galeria Reisen insolvent. Murat Gören kaufte sein Reisebüro zurück, wollte es wie früher in eigener Verantwortung betreiben. „Wir sind Vollbluttouristiker“, sagt er. Und: „Wir sind glücklich, dass wir wieder die Aufgabe haben, für die wir leben.“

Offenbar waren darüber nicht nur Doris und Murat Gören glücklich. Eine Kundin, so erzählen sie, habe ihnen am Tag der Eröffnung Blumen gebracht und ein Banner ans Schaufenster geklebt: „Willkommen zuhause!“ Diese Wertschätzung, sagt Doris Gören, nehme seit der Corona-Pandemie spürbar zu. Vielen sei inzwischen das Buchen im Internet suspekt. Angesichts der unsicheren Lage möchten die Kunden wieder einen Ansprechpartner haben, der sich für sie im Zweifelsfall um Stornierung und Umbuchung kümmert. Deshalb lägen jetzt auch Pauschalreisen wieder voll im Trend.
Privatreisen langsam wieder gefragt, Geschäftsreisen nicht
Werden die Reisebüros jetzt überrannt? Leider nein, sagt Peter Fischer. Das Geschäft nehme in seinem Reisebüro in Immenstaad aber langsam wieder Fahrt auf. Zumindest, was die Privatreisen betrifft. Im Sektor Geschäftsreisen tue sich so gut wie nichts. Geschäftsreisen, das heißt Flug, Hotel und Mietwagen, machen in seinem Lufthansa-City-Center aber etwa 50 Prozent des Umsatzes aus. „Keine Firma will derzeit die Verantwortung dafür übernehmen, ihre Mitarbeiter in ein Risikogebiet zu schicken“, vermutet Fischer.
Doch auch im Bereich der Urlaubsreisen schäumt nichts über. „Was uns zu schaffen macht sind die unberechenbaren Entwicklungen“, sagt Monika Gindele. Im April habe sie in ihrem Reisebüro in Friedrichshafen noch jede Menge Reisen nach Mallorca verkauft. Dann wurde dort die Sperrstunde um 17 Uhr eingeführt, die Kunden waren verunsichert und das Geschäft brach ein. Und jetzt Portugal. Am 29. Juni war das ganze Land als Virusvariantengebiet eingestuft worden, inzwischen gilt es als Hochinzidenzgebiet. Veranstalter haben die Urlauber schnellstens ausgeflogen. Solche Unwägbarkeiten machen ihr zu schaffen und von Wirtschaftlichkeit sei sie deshalb noch weit entfernt, sagt Gindele. Ihre Mitarbeiter sind deshalb noch immer in Kurzarbeit.

Welche Ziele lassen sich derzeit verkaufen?
Sehr gut verkaufen sich aktuell Reisen nach Griechenland und auf die Balearen. Zum einen liegt das an der Corona-Lage vor Ort, zum anderen sind beide Ziele von Friedrichshafen aus zu erreichen, bestätigen die Reisebüros. Stark im Kommen sei auch Urlaub im Ferienhaus, einer Wohnung oder auf einem Hausboot, angereist wird dann individuell. Fernreisen werden dagegen höchstens fürs nächste Jahr vorgemerkt. Sobald diese freigeschaltet werden, können Reisebüros sie für ihre Kunden buchen. Sie gehen dabei kein Risiko ein, da sie jederzeit davon Abstand nehmen können.
Monika Gindele berichtet auch von ein paar Anfragen für die Dominikanische Republik. „Wir können aber niemandem sagen, wie die Bedingungen dort im August sind“, gibt sie zu bedenken. Auch beliebte Reiseziele wie Australien und Neuseeland sind in unerreichbare Ferne gerückt. In beide Länder bleibt die Einreise verboten. Kreuzfahrten, sagt Peter Fischer, seien bei Aida dagegen schon ein Jahr im Voraus ausgebucht. Das Unternehmen hatte im vergangenen Jahr seine Reisen verschoben und den Kunden Gutscheine ausgehändigt, die in diesem Jahr für Reisen innerhalb Europas eingelöst werden können.
Welche Rolle der Bodensee-Airport für die Reisebüros spielt
Nach der Bedeutung des Flughafens in Friedrichshafen gefragt, sind sich die Reiseprofis einig. „Wir hängen ganz stark vom Funktionieren des Flughafens ab“, formuliert es Doris Gören. Vor allem ältere Kunden fliegen ihr zufolge von Friedrichshafen oder gar nicht. Eine Anreise zu einem anderen Flughafen werde aber nicht nur von älteren Menschen als anstrengend und unbequem empfunden. Vielfach werde deshalb nicht die Frage gestellt, von wo aus man ein bestimmtes Reiseziel erreicht, sondern welche Reiseziele von Friedrichshafen aus erreichbar sind.
Vor diesem Hintergrund wurde der abrupte Rückzug von Ryanair im Juni als Katastrophe erlebt. Die Airline wollte von Friedrichshafen nach Mallorca fliegen, Kunden waren bereits auf die Flüge gebucht. Dann kam eine Mitteilung, dass das Angebot überraschend zurückgezogen worden sei. Zum Glück hat die spanische Fluggesellschaft Alba Star die Verbindung übernommen und fliegt ab Ende Juli zweimal wöchentlich die Baleareninsel an. Mit der türkische Airline Corendon geht es nach Griechenland und in die Türkei und ab November auch auf die Kanaren.

Sollte man jetzt oder besser Last Minute buchen?
„Es gibt so viele tolle Angebote und Aktionen, sodass ich jedem empfehle, jetzt zu buchen“, sagt Peter Fischer. Eine Buchung sei durch die Flex-Versicherung der Veranstalter völlig risikofrei. Gegen einen geringen Aufschlag von zirka 30 Euro pro Person, könne die Reise, je nach Veranstalter, 21 oder 14 Tage vor Reisebeginn kostenlos storniert werden, erklärt der Fachmann. Auch gebe es für die Herbstferien nur noch sehr wenig freie Plätze, sodass hier eine schnelle Entscheidung von Vorteil ist. Bei vielen Veranstaltern sei sogar eine Corona-Protect-Versicherung dabei. Diese kommt zum Beispiel für Mehrkosten auf, die durch eine eventuelle Quarantäne entstehen. Im Moment sei diese Versicherung sogar gratis.
Auch Monika Gindele sieht in einer Last-Minute-Buchung keinen Vorteil. Gut, die aktuellen Bestimmungen sind bekannt. Sie gibt aber zu bedenken: „Billiger ist es deshalb nicht“. Auch sie empfehlt jetzt eine Pauschalreise zum Flextarif zu buchen.
Wie tief muss man für eine Reise in die Tasche greifen?
Die Preisentwicklung ist nicht lustig. Da die Fluglinien nicht kalkulieren können, sind die Sitze knapp und die Destinationen extrem begrenzt. Die Preise steigen deshalb täglich. Auch Mietwagen, zum Beispiel auf Mallorca, sind extrem teuer geworden. Je kurzfristiger man bucht, desto teurer wird die Reise. Doch die Reisebüros sind sich einig: Die Kunden seien in diesem Jahr weniger preisorientiert. Nachdem der Urlaub im vergangenen Jahr ausgefallen ist, sei man gerne bereit, jetzt etwas mehr auszugeben. Zum Beispiel für ein größeres Zimmer mit Meerblick oder eine Suite.