Ein Briefkasten ist erst mal nichts Besonderes. Doch dieser im Bereich der Buchhandlung Ravensbuch fällt mit einem Schriftzug, der auf der Einwurfklappe klebt, aber auf. Die drei Wörter zaubern bei mir und auch bei einer Passantin, die gerade einen Brief einwirft, ein Lächeln ins Gesicht: „Hoffentlich ein Liebesbrief.“
Ein paar Schritte weiter rückt der Moleturm in mein Blickfeld. Über mehrere Stahltreppen geht es hinauf zur obersten Aussichtsplattform. Oben angekommen, bietet der 22 Meter hohe Turm einen herrlichen Panoramblick über den Bodensee und die Alpen auf der Schweizer Seeseite.
Bunte Lichterketten, Palmen und rosafarbene Sonnenschirme: Nach dem beeindruckenden Bergpanorama kommt an der Uferpromenade, die sich von der Rotachmündung bis zur Schlosskirche zieht, beim Beachclub trotz kaltem Wind südländisches Flair auf. Das hätte ich von der Zeppelinstadt nicht unbedingt erwartet.
Nicht nur beim Beachclub, sondern auch im Stadtpark wachsen Palmen in die Höhe. Für einen kurzen Augenblick habe ich als Neu-Häflerin das Gefühl, nicht in Friedrichshafen, sondern irgendwo in Italien zu sein.
Der Wegweiser im Stadtpark zeigt an, dass es geradeaus zum Schlosshafen geht. Auf dem Weg dorthin befinden sich einige schöne Bänke. Natürlich mit Seesicht. Ich bin erstaunt, dass es genügend freie Plätze gibt und nicht allzu viel los ist. Im Sommer sieht das Stadtbild sicherlich anders aus.
Bald ist die Saison vorbei, doch noch sind sie da: Sonnenliegen auf Tretbooten in allen Farben.
Genauso bunt wie die Tretboote hat sich das Laub der Bäume am Schlosshafensteg verfärbt. Dieses sticht mir sofort ins Auge. Auch ein paar Touristen und Fahrradfahrer haben den Platz für sich entdeckt.
Außer dem See und den Menschen fällt mir noch etwas auf: Eine knallgelbe, aber etwas einsame Sonnenblume neben einer Sitzbank.
Mein Spaziergang führte mich bisher am See entlang. Klar, dort ist es immer schön. Doch welche Ecken hat Friedrichshafen in der Innenstadt noch zu bieten? Ich lasse mich treiben und lande getreu dem Zitat „Der beste Wegweiser ist das Bauchgefühl“, das auf dem Stadtplan im Schaukasten vor der Tourist-Information am Bahnhof steht, in der Olgastraße. Dort entdecke ich im Innenhof eines von außen tristen Wohnblocks pinke, rote und weiße Farbtupfer. Die Blumen stehen in Kontrast zu dem grauen Beton.
Ums Eck fällt mir eine ungewöhnliche Hausfassade in Mosaik-Optik auf. Der Stil sorgt für eine gelungene Abwechslung in der Bauweise der Häuser.
Circa 900 Meter entfernt, bin ich bei der „Alten Feuerwache“ angekommen. Dort entdecke ich kleine Blumenkörbchen, die an einer grasgrünen Wand draußen im Eingangsbereich eines Restaurants hängen. Ich bin überrascht, dass es doch mehr grüne Ecken in der Stadt gibt als ich erwartet habe. Bisher hatte ich Friedrichshafen ausschließlich mit viel Industrie in Verbindung gebracht.
Weiter geht es in die von der Charlottenstraße abzweigende Allmandstraße. Dort baumeln an einer Leine, die zwischen den Häusern gespannt ist, bunte Lampions. Sie hübschen die Straße auf und zählen zu meinen Lieblingsmotiven auf dem Spaziergang durch die mir noch unbekannte Stadt.
Etwa zehn Minuten später stehe ich auf dem Gehweg in der Löwentaler Straße gegenüber des ZF-Forums und bestaune einen kleinen Schubkarren, in dem Blumen am Straßenrand wachsen.
Nach einem Kilometer Fußmarsch stehe ich auf dem Franziskusplatz. Spätestens beim Anblick des rot leuchtenden wilden Weins an der Bushaltestelle zeigt sich der Herbst von seiner schönsten Seite.
An dieser Stelle endet nach circa zwei Stunden mein erster Spaziergang durch die Häfler Innenstadt. Mehr grüne Ecken als gedacht, aber auch viel grau. Der Stadt fehlt es nach meinem ersten Eindruck ein bisschen an Flair. Doch diese Wahrnehmung kann sich in den nächsten Monaten ändern, vielleicht auch nicht. Was sicherlich das Beste an jeder Stadt am See ist: Das schwäbische Meer ist nie weit weg.