Für Christine Kaptein ist das alles nicht leicht. „Mein Herz blutet“, sagt sie und hat dabei feuchte Augen. Die Vorsitzende des Nabu Friedrichshafen-Tettnang steht inmitten von Bürgern bei einer Info-Veranstaltung im Riedlewald. Sie hat sich in der Vergangenheit für das Wohl dieses Ortes eingesetzt. „Aber es scheint angesichts der Zustände nicht anders zu gehen“, sagt sie. „Die Sicherheit für alle steht an erster Stelle.“

Christine Kaptein ist Vorsitzende des Nabu Friedrichshafen-Tettnang und Mitglied der Bürgerinitiative Riedlewald.
Christine Kaptein ist Vorsitzende des Nabu Friedrichshafen-Tettnang und Mitglied der Bürgerinitiative Riedlewald. | Bild: Cian Hartung

Erhöhtes Risiko von umstürzenden Bäumen

Für eben diese Sicherheit werden ab Montag 180 Bäume im Riedlewald gefällt. Der Grund dafür ist der mangelhafte Gesundheitszustand der Gewächse. Viele der zu fällenden Bäume sind Eschen – und betroffen vom Eschentriebsterben. Die Baumkrankheit sorgt dafür, dass die Bäume Stück für Stück absterben und weniger sicher im Boden verwurzelt sind. Die Bäume könnten, vor allem bei Sturm, Wind oder Schneefall, leichter umfallen.

Bei vergangenen Kontrollen hat die Stadt festgestellt, dass überdurchschnittlich viele Eschen betroffen seien und gefällt werden müssen. Deshalb bleibt der Riedlewald ab Montag für rund anderthalb Wochen gesperrt.

Baumkletterer schneiden Kronen ab

Karin Beer, Revierleiterin des Häfler Stadtwaldes, erklärt, dass das Eschentriebsterben eine Folge des Klimawandels sei. „Die zunehmend trockenen Sommer und feuchten Winter schwächen auch die Widerstandsfähigkeit.“ Eine weitere Folge: Der Befall durch den wurzelzersetzenden Pilz Hallimasch beschleunige sich. Und dieser schwäche dann wiederum die Wurzeln, so Beer.

Dieses Stück eines vom Hallimasch-Pilz befallenen Baumes zeigt Spuren von Weißfäule. Diese zerstört langsam das Holz und somit auch den ...
Dieses Stück eines vom Hallimasch-Pilz befallenen Baumes zeigt Spuren von Weißfäule. Diese zerstört langsam das Holz und somit auch den Baum. | Bild: Cian Hartung

Die Stadtförsterin merkt jedoch an, dass die zu fällenden 180 Bäume nur ein kleiner Teil des Waldes seien. Insgesamt gibt es auf jedem Hektar Wald 100 bis 200 ausgewachsene Bäume und der Wald hat insgesamt 17 Hektar Fläche.

Viele betroffene Eschen befänden sich zudem entlang der Wege durch den Wald. Wegen möglicher Gefährdung von Personen müsse das ganze Waldgebiet abgesperrt werden. An einigen Stellen müssten die Baumkronen durch Baumkletterer von oben abgetragen werden, sagt Beer. Von den gefällten Gewächsen sollen rund zehn Prozent als Totholz für das Ökosystem auf dem Boden bleiben. Dieses bietet unterschiedlichen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum.

Totholz im Riedlewald: Dieses bietet unterschiedlichen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum.
Totholz im Riedlewald: Dieses bietet unterschiedlichen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. | Bild: Cian Hartung

600 bis 1000 neu gepflanzte Bäume

Die gefällten Bäume werden an Sägewerke und andere Vertreter der Holzwirtschaft verkauft. Die Einnahmen daraus fließen in den städtischen Haushalt und werden sich auf etwa 60.000 Euro belaufen, so die Pressestelle der Stadt. Pressesprecherin Andrea Kreuzer betont aber, dass die Ausgaben für die Maßnahmen über den veranschlagten Einnahmen durch die Vermarktung des Holzes lägen.

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Wie viele Bäume anschließend gepflanzt werden, stehe noch nicht fest und soll nach den Fällungen entschieden werden, so die Pressestelle. „Die Pflanzzahl orientiert sich nach den dann zu beurteilenden Bedingungen im Bestand“, so Kreuzer. „Voraussichtlich wird es sich um etwa 600 bis 1000 Bäume handeln.“

Klimawandel sorgt für Herausforderungen

Die Stadt Friedrichshafen und Stadtförsterin Beer stehen vor der Herausforderung, auf die Auswirkungen des Klimawandels zu reagieren. „Die anhaltende Trockenheit im Sommer und der nasse Boden im Winter schwächen die Bäume“, sagt Beer. Wie sich die Wälder im Klimawandel anpassen, werde die Zukunft zeigen. Wichtig sei es, den vorhandenen Bestand jung und gesund zu halten. Ein Allheilmittel oder gar eine Baumart, die gegen die Auswirkungen resistent sei, gebe es nicht.

Rund 15 Menschen, vor allem Bürger und Anwohner, nahmen am Freitag an einer Info-Veranstaltung zu den anstehenden Baumfällungen teil.
Rund 15 Menschen, vor allem Bürger und Anwohner, nahmen am Freitag an einer Info-Veranstaltung zu den anstehenden Baumfällungen teil. | Bild: Cian Hartung

Lob für die Stadt

Für Naturschützer wie Christine Kaptein oder Brigitte Wallkam vom BUND Friedrichshafen sind die anstehenden Maßnahmen keine schöne Vorstellung. „Für mich ist der Riedlewald die wichtige grüne Lunge der Stadt. Aber ich will natürlich, dass er gesund bleibt“, sagt Brigitte Wallkam.

Brigitte Wallkam vom BUND Friedrichshafen an einer Esche.
Brigitte Wallkam vom BUND Friedrichshafen an einer Esche. | Bild: Cian Hartung

Christine Kaptein stimmt zu und lobt trotz allem die Kommunikation der Stadt. Diese hätte die Naturschutzverbände im Vorfeld im Dezember 2023 und im Januar die Bevölkerung in Kenntnis gesetzt – und damit frühzeitig informiert.