Knapp 1200 Kilometer und 17 Stunden Busfahrt liegen zwischen den beiden Städten. Die Stadt am Bodensee und die Stadt in Bosnien-Herzegowina verbinden dennoch mehr als 50 Jahre Partnerschaft. Besiegelt wurde diese noch zu Zeiten Jugoslawiens und, so formuliert es Oberbürgermeister Andreas Brand in seiner Ansprache, in einem noch nicht geeinten sondern getrennten Europa. „Längst sind die Beziehungen zu Freundschaften geworden“, sagt er und hofft, dass sich dieser Geist auch in den kommenden 50 Jahren weitertragen lasse in der Hoffnung auf ein friedliches Europa: „Dieses Engagement ist keine Selbstverständlichkeit. Es war damals eine historische Entscheidung und bleibt heute, meiner Meinung nach, eine historische Aufgabe.“

Rasim Kozlica gibt bosnische Lieder zum Besten, Zoran Arvaj begleitet ihn auf dem Akkordeon.
Rasim Kozlica gibt bosnische Lieder zum Besten, Zoran Arvaj begleitet ihn auf dem Akkordeon. | Bild: Lena Reiner

In den vergangenen Jahrzehnten sei viel Gemeinsames entstanden, Austausch in Sportvereinen, kulturellen Gruppen und viele weitere persönliche Begegnungen. 1988 machte die Realschule Ailingen den Anfang mit einem ersten Schüleraustausch mit der Partnerstadt, heute hat dieser Austausch Tradition. Nur während Corona musste er aussetzen. Die nächste Schülergruppe wird in wenigen Wochen schon in Friedrichshafen erwartet.

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1000 Kriegsflüchtlinge kamen nach Friedrichshafen

Eberhard Brugger, der sich seit Jahrzehnten für die Städtepartnerschaft engagiert, versuchte sich in 15 Minuten an einer Zusammenfassung der Höhepunkte der vergangenen 50 Jahre. Dabei sprach er auch über die Kriegszeit Sarajevos. Insgesamt 15 Hilfstransporte habe man von Friedrichshafen aus damals organisiert. Zeitgleich seien 1000 Kriegsflüchtlinge nach Friedrichshafen gekommen, die meisten von ihnen kamen bei Freunden und Familien unter. „Damals, so steht es jedenfalls in den Medien, war das ohne kommunale und staatliche Hilfen“, merkt Brugger an.

Izet Musíc choreographierte die dargebotenen Tänze.
Izet Musíc choreographierte die dargebotenen Tänze. | Bild: Lena Reiner

1999 sei dann die Städtepartnerschaft wiederbelebt worden, es habe eine erste Bürgerreise wieder stattfinden können. Kurz darauf habe das Klangschiff seine letzte Reise angetreten: von Sarajevo nach Friedrichshafen. 2003 sei ein Partnerschaftsbaum in Sarajevo gepflanzt worden, 2008 ein Brunnen aufgestellt als Zeichen der Verbundenheit. 2010 habe ein Kooperationsprojekt mit dem SÜDKURIER stattgefunden: „Sarajevo schreibt für Friedrichshafen.“ Betreut vom Goethe-Institut erschienen ein Jahr lang Texte in der Zeitung, der Gewinn für die beste journalistische Leistung war ein vierwöchiges Redaktionspraktikum. Schließlich schlägt auch Brugger mit dem Wunsch nach einem erneut friedlichen Europa die Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft.

Anja Margetic, die stellvertretende Bürgermeisterin von Sarajevo, hat eigene Jugenderinnerungen an Friedrichshafen.
Anja Margetic, die stellvertretende Bürgermeisterin von Sarajevo, hat eigene Jugenderinnerungen an Friedrichshafen. | Bild: Lena Reiner

Rednerinnen und Redner wünschen sich Frieden in Europa

Den Wunsch nach Frieden teilten auch Generalkonsulin Edina Jusufović und die stellvertretende Bürgermeisterin von Sarajevo Anja Margetić mit ihren Vorrednern. Letztere betonte außerdem, dass sie schon als 14-Jährige das erste Mal anlässlich eines Austauschs mit ihrem Schwimmverein nach Friedrichshafen gekommen sei und bis heute großartige Erinnerungen an diese Zeit habe: „Friedrichshafen hat einen besonderen Platz in meinem Herzen.“

Rabea Stiens berichtet vom Schüleraustausch und hat mit ihrem humorvollen Vortrag die Lacher auf ihrer Seite.
Rabea Stiens berichtet vom Schüleraustausch und hat mit ihrem humorvollen Vortrag die Lacher auf ihrer Seite. | Bild: Lena Reiner

Die jüngsten Rednerinnen des Abends waren die Zehntklässlerinnen Aiyana Matthias und Rabea Stiens, die von ihren Erfahrungen beim Schüleraustausch berichteten. Mit ihrem Zwischenfazit „Gastfreundschaft macht glücklich, aber auch dick“ hatte Stiens die Lacher auf ihrer Seite. Doch auch sie vergaß nicht, die Schrecken des Krieges – und die immer noch sichtbaren Einschusslöcher – zu erwähnen.

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Foyer wandelt sich zur Tanzfläche

Während die letzten Folkloretänze des „KUD Jugend und Kulturverein Sarajevo“ noch auf der Bühne im Saal stattfanden, wurde das Foyer nach einigen ruhigeren Minuten mit Häppchen und Gesprächen noch zur spontanen Tanzfläche. Pro Sarajevo-Vereinsvorsitzender Zoran Arvaj griff nochmals zum Akkordeon und versüßte den Anwesenden den Ausklang des Abends.