Auf mindestens 31,5 Hektar in Friedrichshafen sind große Parkplätze angelegt, auf denen ausschließlich Autos abgestellt werden. Der Beitrag am Samstag im SÜDKURIER zeige, „wie verschwenderisch wir in der Stadt mit Flächen umgehen“, sagt Bernd Caesar, Ortschaftsrat der SPD aus Kluftern. Auch er macht sich seit Jahren Gedanken darüber, wie man Fläche gewinnen und Verkehr in Friedrichshafen reduzieren kann. Gehen solche Überlegungen an ZF, MTU oder Zeppelin GmbH vorbei? Wir wollten daher wissen: Was tun die Unternehmen, um Mitarbeiter zu motivieren, eben nicht mit dem Auto zur Arbeit zu fahren?

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RRPS: Abstellplätze für Fahrräder, wo bislang Autos standen

Bei Rolls-Royce Power Systems (RRPS) gibt es in etwa für die Hälfte der knapp 6000 Mitarbeiter am Standort Friedrichshafen Parkplätze fürs eigene Auto. Viele Beschäftigte parken deshalb beispielsweise in den Wohngebieten in der Umgebung von Werk 1 mitten in der Stadt. Nach Angaben eines Sprechers versucht das Unternehmen, die Zahl der Mitarbeiter zu reduzieren, die mit dem Auto zur Arbeit fahren. „Wir ermuntern zum Umstieg auf das Fahrrad, beispielsweise indem wir in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat Räder zu günstigen Konditionen vermitteln“, erklärt er. Erst bei der jüngsten Betriebsversammlung hätten sich viele MTUler über das Angebot informiert. Das Unternehmen baue derzeit neue Fahrradabstellplätze zulasten von Autostellplätzen und werde künftig auch mehr Radler-Spinde anbieten.

Für Strecken bis zu 30 Kilometer hält RRPS einen „Carpool“ mit 75 Fahrzeugen vor, die größtenteils elektrisch fahren. Das betriebseigene Carsharing gibt es seit über zehn Jahren. Die Mitarbeiter buchen die Fahrzeuge per Intranet, können für Dienstfahrten aber auch Fahrzeuge ihrer Führungskräfte nutzen. Dazu kommen Buslinien zwischen den Werken oder Angebote für Mitfahrgelegenheiten.

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ÖPNV? „Hier muss die Region aufholen“

RRPS freue sich freilich auch über alle, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anfahren. „Allerdings ist das Angebot schon für die vorhandene Belegschaft sehr verbesserungswürdig“, so ein Sprecher. Für viele Bewerber sei ein guter Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) allerdings ein wichtiges Kriterium bei der Jobsuche. „Hier muss die Region aufholen.“ Zumal man auch beim Motorenbauer weiß, dass die Südbahn demnächst und dann bis Mitte 2021 wegen der Elektrifizierung lange Zeit gesperrt ist. Man arbeite derzeit an kreativen Lösungen, die aber noch nicht spruchreif seien.

Jeder fünfte ZFler radelt zur Arbeit

Bei ZF kommen rund 6100 Mitarbeiter mit dem Auto, was etwa 65 Prozent der Belegschaft am Standort Friedrichshafen entspricht. 20 Prozent der 9400 Mitarbeiter nutzen nach Angaben der Pressestelle das Fahrrad, zehn Prozent den öffentlichen Nahverkehr und fünf Prozent kommen zu Fuß. Für ÖPNV-Nutzer zahle ZF Zuschüsse zu Bus- und Bahntickets. Die durchschnittliche Pendelentfernung betrage 14 Kilometer. „Diese Distanz lässt sich auch mit E-Bikes bewältigen“, schreibt ZF.

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Autozulieferer baut E-Bike-Antrieb

Wohl auch deshalb hat nun auch der größte Arbeitgeber in der Stadt mit langem Vorlauf beschlossen, zum 1. Januar 2020 das Fahrradleasing für Mitarbeiter – und zwar an allen deutschen Standorten – anzubieten. Perspektivisch sei auch vorgesehen, hier ein E-Bike mit der Technologie von ZF Sachs Micro Mobility ins Angebot zu nehmen. ZF stellt in diesem Joint Venture nun selbst einen elektrischen Fahrradantrieb her, der an verschiedene Hersteller gehe. Parallel baue ZF in Friedrichshafen die Fahrradstellplätze an den Werken weiter aus, damit sie auch den Anforderungen von E-Bikes und Pedelecs genügen. Sogar eine ZF-Fahrradkarte gibt es, um den Mitarbeitern zu zeigen, auf welchen Wegen sie sicher und schnell zu ZF kommen. Die Neuauflage sei gerade erst verteilt worden.

Abstellplätze für die Räder, Duschen für die Radler

Etwa die Hälfte der knapp 600 Mitarbeiter der Zeppelin GmbH am Standort Friedrichshafen nutze das Auto für den Weg zur Arbeit, teilt eine Sprecherin mit. Mit 330 Stellplätzen im Parkhaus an der Leutholdstraße steht somit auch beim Stiftungskonzern nur für jeden zweiten Beschäftigten ein Firmenparkplatz zur Verfügung. Auf welche Verkehrsmittel die andere Hälfte setze, sei unbekannt. Direkt am Werkszugang befinde sich eine Bushaltestelle. Für Radler gebe es Fahrradstellplätze und Duschen.

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Kombitickets und Shutte-Busse für Messebesucher

Für die Messe sind rund 10 000 Stellplätze für parkende Autos im direkten Umfeld der Messehallen „unverzichtbar“. Selbst 7250 zusätzliche und temporär nutzbare Parkplätze in der Stadt reichen bei großen Messe aber nicht, erklärte ein Sprecher. Um so viele Menschen wie möglich mit dem öffentlichen Nahverkehr abzuholen, biete die Messe bei verschiedenen Veranstaltungen bedarfsorientierte und attraktive ÖPNV-Kombitickets mit Bus, Fähre, Katamaran oder dem Verkehrsverbund Bodo an. „Außerdem werden bei allen Messen die Gäste kostenfrei mit der Linie 17 vom Hafen- und Stadtbahnhof zur Messe gefahren“, so der Sprecher.

Bei Großveranstaltungen richte die Messe ein Busshuttle-System ein, um die Besucher – ebenfalls kostenlos – in mehreren Wellen großräumig von den Hotels in der Region aufs Messegelände zu bringen und zu Messeschluss wieder zurück. Bei einigen Veranstaltungen stellt die Messe außerdem eine große Anzahl von Fahrrädern zur Verfügung, die – über das gesamte Stadtgebiet verteilt – für den Transport zum Messegelände bereit stehen.

Wer hat die Mobilität im Blick?

Nur ZF hat einen Mobilitätsmanager, der sich am Standort Friedrichshafen um die Mobilität der ZF-Mitarbeiter kümmert. Dazu gehöre beispielsweise der Dialog mit den ÖPNV-Anbietern, die Organisation der Parkflächenbelegung und des Werksbusverkehrs oder die ausreichende Ausstattung der Parkplätze mit Infrastruktur für Radfahrer – in enger Abstimmung mit Standortleitung und Arbeitnehmervertretung.