146 000 Menschen arbeiten weltweit bei ZF, über 9000 in Friedrichshafen. Die MTU hat 10 000 Arbeitsplätze, mehr als die Hälfte davon am Stammsitz. Und bei Airbus in Immenstaad sind knapp 2300 Leute beschäftigt. Die drei Konzerne sind für viele Absolventen und Arbeitssuchende in der Region erste Wahl. Sie dominieren dank ihrer Größe und ihres Namens einen Arbeitsmarkt, der allerdings innovative Jobs in noch größerer Zahl bietet.

Im Schatten der "großen Drei"

Im Schatten der "großen Drei" haben es andere Firmen in der Zeppelinstadt und drum herum oft nicht leicht, sich als interessanter Arbeitgeber zu positionieren. Dabei haben sich im Umfeld der Global Player sehr viele Firmen etabliert, die als Zulieferer oder Servicebetrieb für ZF, MTU oder Airbus tätig oder auch längst darüber hinaus sind. Aber vor allem Fachkräfte in den Bereichen IT, Ingenieurwesen und Technik suchen inzwischen alle Unternehmen händeringend – egal ob groß oder klein.

Fachkräftemangel bleibt Risiko für Geschäftsentwicklung

Laut aktuellem Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bodensee-Oberschwaben, der vergangene Woche veröffentlicht wurde, will jede vierte Firma in der Region ihr Personal aufstocken. Aber schon zwei Drittel der Unternehmen halten den Fachkräftemangel für das Risiko Nummer eins für die eigene Geschäftsentwicklung. Das macht es den weniger begehrten oder bekannten Arbeitgebern nicht leichter bei der Suche nach neuen Mitarbeitern.

Wie groß der Bedarf ist, zeigt sich beim Blick auf die Stellenbörsen. Kaum ein Unternehmen, das nicht nach Personal sucht. Nur drei Beispiele: Weber Automotive in Markdorf, Fahrzeugzulieferer mit 1500 Mitarbeitern an sieben Standorten, bietet am Stammsitz gerade acht freie Stellen an. Beim Unternehmen ifm in Tettnang, das mit 7000 Beschäftigten in 70 Ländern längst zu den Großkonzernen in der Region zählt, sind aktuell 38 Stellen vor Ort ausgeschrieben, vor allem in der Technik.

Reisefreudige Monteure gesucht

Oder der Maschinenbauer SW Automation GmbH, der in Tettnang-Bürgermoos gerade eine neue Produktionsstätte baut: Neun Stellen sind aktuell offen, wobei die Firma neben Ingenieuren Monteure sucht, die auch zu Dienstreisen bereit sind, um Anlagen bei Kunden vor Ort aufzubauen. Geschäftsführer Sven Makis sagt: "Für dieses Aufgabe ist es sehr schwierig, Fachkräfte zu finden." Selten gebe es potenzielle junge Bewerber, die auch noch eine hohe Reisebereitschaft mitbringen. Dabei sucht das Unternehmen deutschlandweit durch Anzeigen in Zeitungen, im Internet oder über Personaldienstleister nach Personal.

Nur: Wie gewinnt man Mitarbeiter, die zuerst vielleicht auf große Namen auf dem Unternehmensschild schielen? Mit Gleitzeitkonto oder Urlaubsgeld ist es längst nicht mehr getan. SW Automation verspricht neben anspruchsvollen Aufgaben ein Extra-Bonussystem bei Montagaeinsätzen, das Job-Rad oder ein Smartphone auf Firmenkosten.

Ein Plus an Leistungen

Größere Unternehmen bieten neben dem "Top-Job" mit "spannenden Projekten" inzwischen ein Plus an Leistungen an, das kaum noch Wünsche offen lässt. Ein Beispiel dafür ist die Bertrandt-Services GmbH, die auch in Friedrichshafen einen Standort hat. Bertrandt? Der Mutterkonzern stieg 2009 in den S-Dax auf und schaffte so binnen 35 Jahren den Sprung vom Ein-Mann-Ingenieurbüro zum börsennotierten Konzern. Mit rund 13 000 Mitarbeitern weltweit hat der Entwicklungsdienstleister in der Automobil- und Luftfahrtindustrie im vergangenen Jahr erstmals über eine Milliarde Euro umgesetzt. Nur am Standort Friedrichshafen sind aktuell 18 Ingenieurs-Stellen im Bereich Forschung und Entwicklung ausgeschrieben.

Vom Mitarbeiter-Darlehen bis zur Gutscheinkarte

Auf der Internetseite wirbt der Konzern mit einer ganzen Latte an Extras um potenzielle Mitarbeiter. Nicht nur Urlaubs- und Weihnachtsgeld gibt es, sondern auch ein Bonus, wenn es die Geschäftsentwicklung erlaubt. Dazu kommen Sonderurlaub und Unfallversicherung, Gesundheitsförderung und Job-Rad, ein Programm zur Altersvorsorge und Weiterbildung, Mitarbeiter-Events und Mitarbeiter-Darlehen zum Beispiel bei der Finanzierung eines Autos. Als Höhepunkt verkauft Bertrandt steuer- und sozialversicherungsfreie Zuwendungen bei besonderen Anlässen auf einer Gutscheinkarte, mit der man bei Partnern einkaufen kann. Und wer einen neuen Mitarbeiter erfolgreich anwirbt, erhält eine Prämie.

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Attraktives Gehalt, moderne Sozialleistungen, Zusammenhalt im Team, Work-Life-Balance: Wer einen Job mit der richtigen Qualifikation in Friedrichshafen sucht, hat beste Karten und die Qual der Wahl. Jutta Driesch, Chefin der Agentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg, spricht gerade bei Fachkräften von einem Bewerbermarkt. Dieser Situation muss sich der Mittelständler genau wie der Global Player stellen.

Der Ingenieur kann wählen zwischen dem "familiären Betriebsklima in einem mittelständischen Unternehmen mit kurzen Entscheidungswegen", wie es die Firma Aconext, ansässig im Competence Park, darstellt, die drei neue Ingenieure sucht. Oder eben ZF, die aktuell 184 freie Stellen in Friedrichshafen hat, davon allein 116 in der Forschung und Entwicklung.

Engpässe auch bei ZF

Ist es selbst für ZF so schwer, diese Fachkräfte zu rekrutieren? Der Konzern braucht vor allem Ingenieure und IT-Spezialisten mit Wissen zu absoluten Trendthemen: autonomes Fahren, Elektro-Mobilität, Fahrzeugsteuerung und -sicherheit. "Die Engpässe sind da", sagt ein Unternehmenssprecher. "Wir sind deshalb auf allen Ebenen aktiv, um junge Leute frühzeitig für Berufe in einem Technologieunternehmen zu interessieren." Dazu gehören die Unterstützung für Wissenswerkstatt und Schülerforschungszentrum, die enge Kooperation mit in- und ausländischen Hochschulen, die Finanzierung von Stiftungslehrstühlen. Der Suchradius sei international, Talente würden aktiv angesprochen.

ZF arbeitet aber auch immer enger mit externen Entwicklungspartnern zusammen, nicht nur unter dem Dach der 2016 gegründeten Zukunft Ventures GmbH. Manche Stellenanzeige auf den Portalen von Ingenieurdienstleistern weist deutlich darauf hin, das man im Auftrag und für einen Global Player schafft.