Projektschmieden tauschen Hammer und Amboss gegen Notizzettel und Gespräche. Werkstücke sind hier Ideen. Sie werden verarbeitet und geformt wie das glutheiße Eisen. Teilnehmer stellen ihr Projekt vor oder diskutieren darüber, wie das Gemeinwohl ihres Lebensraumes verbessert werden kann. Um diese Ideen zu schleifen und zu schärfen, greift das Landratsamt Bodenseekreis auf das Format der Projektschmiede zurück. Die erste öffentliche Ausgabe des Formats hat nun ganz im Sinne der geistigen Arbeit im Kulturzentrum Alte Fabrik in Mühlhofen stattgefunden.

Die Teilnehmer kommen für die erste öffentliche Projektschmiede des Landratsamts Bodenseekreis in der Alten Fabrik in Mühlhofen zusammen.
Die Teilnehmer kommen für die erste öffentliche Projektschmiede des Landratsamts Bodenseekreis in der Alten Fabrik in Mühlhofen zusammen. | Bild: Rasmus Peters

Beteiligung schaffen

Knapp 30 Teilnehmer kommen zu diesem Termin. Nicht viele sind aus Uhldingen-Mühlhofen, vielleicht sechs oder sieben. Auffällig viele arbeiten selbst in Gemeindeämtern. „Ich glaube, wir brauchen in unserem Landkreis einen Rahmen für Beteiligung“, sagt Co-Gastgeberin des Abends, Monika Schanz. Sie ist Initiatorin der Projektschmiede und stellvertretende Leiterin des Amtes für Migration und Integration des Landratsamtes Bodenseekreis. Den Hintergrund der Veranstaltung fasst sie so zusammen: „Ziel ist, die gemeinnützige Organisation in der Projektentwicklung zu unterstützen und Beteiligung zu ermöglichen. Abstrakter geht es auch darum, Identifikation für den Landkreis zu schaffen.“

Monika Schanz (Mitte), Initiatorin der Projektschmiede, hört den Diskussionen einer Gruppe zu.
Monika Schanz (Mitte), Initiatorin der Projektschmiede, hört den Diskussionen einer Gruppe zu. | Bild: Rasmus Peters

Projekte zu Energiewende, KI und Integration

An diesem Tag werden vier Projekte vorgestellt. Es geht um KI, Integration, Umweltschutz und Energiewende. Der Daisendorfer Gemeinderat Hasan Ögütcü etwa, möchte in Daisendorf einen Energietag einberufen. „Ziel ist nicht nur zu informieren und zu sensibiliseren“, sagt er, „sondern auch einen Aktionsplan anzustreben und zu zeigen, wie klimaneutrale Energie in Betrieb genommen werden kann.“ Die Projektidee soll zeigen, wie Energiewende um uns herum passiert und wie die Einwohner selbst eingreifen können.

An Tischen wird in lauschiger Atmosphäre diskutiert. Hier das Projekt von Hasan Ögütcü, Gemeinderat in Daisendorf. Er wünscht sich für ...
An Tischen wird in lauschiger Atmosphäre diskutiert. Hier das Projekt von Hasan Ögütcü, Gemeinderat in Daisendorf. Er wünscht sich für seine Gemeinde einen Umwelttag. Die Projektschmiede nutzt er, um herauszufinden, wie er Menschen für das Thema gewinnen könnte. | Bild: Rasmus Peters

Durch die Projektschmiede hat sich die Idee auch nochmal etwas verändert, sagt er. „Ich habe selbst gewisse Meinungen und Betrachtungen, aber andere Menschen sehen es anders und ergänzen die Idee“, sagt Ögütcü. Diese Herangehensweise ist laut Monika Schanz integraler Bestandteil des Konzepts der Projektschmieden. Es geht um Nahbarkeit, Wertschätzung, Miteinander. Nicht nur im Gespräch, auch im Zuhören liegt hier der Schlüssel zum Erfolg. Das liegt an der innovativen Art seiner Ausrichtung.

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Die Kunst des Gastgebens

Der Abend verläuft nach der Moderationsform „Art of Hosting“. Die basiert auf aktivem Zuhören, erklärt Rosa Hoppe. Sie hat elf Personen am Landratsamt darin geschult und ist mit Schanz Co-Gastgeberin. Sie erklärt, worum es dabei geht. Gemütlich soll es sein, Tischmoderation haben alle den Auftrag nochmal das Projekt zu erläutern und einzugreifen.

Die Teilnehmer sind ganz im Sinne der „Kunst des Gastgebens“ versorgt. Obst, Brezeln, Getränke und mehr stehen für sie bereit.
Die Teilnehmer sind ganz im Sinne der „Kunst des Gastgebens“ versorgt. Obst, Brezeln, Getränke und mehr stehen für sie bereit. | Bild: Rasmus Peters

Dass von Anfang an klar ist, was das Projekt ist und wie die Ausgangsfrage lautet, bringe Ruhe in die Gespräche, erklärt Hoppe. Sollte jemand zu viel reden, achtet die Tischmoderation darauf, dass jeder zu Wort kommt. Hauptwerkzeug ist der Post-it-Zettel. Darauf soll der Gedanken für später aufbewahren. Das entschleunigt. Zudem können die Aufschriebe sortiert werden: Welcher ist der wichtigste? Das verschaffe zusätzliche Gliederung.

Die Gedanken auf die Wäscheleine: Wem etwas einfällt, soll die Idee direkt auf einen Zettel schreiben. So soll der Kopf frei bleiben und ...
Die Gedanken auf die Wäscheleine: Wem etwas einfällt, soll die Idee direkt auf einen Zettel schreiben. So soll der Kopf frei bleiben und das Zuhören erleichtert werden. | Bild: Rasmus Peters

Integration durch Bücher

Susanne Hofmaier, Integrationsbeauftragte von Uhldingen-Mühlhofen, hat die Idee für ein Leseprojekt mitgebracht. Diese Moderationspraxis hat ihr an diesem Abend geholfen, dieses auszuarbeiten, dass sie mitgebracht hat. „Viele, die hier aufgewachsen sind, haben wenig Bezug zu ihrer Herkunftssprache. Manche können sie zwar sprechen, aber oft nicht lesen“, erklärt Hofmaier den Hintergrund ihrer Idee. Die Frage, die sie dafür in die Projektschmiede mitbringt, lautet: „Mit welchem Konzept erreichen wir die Kinder?“

Susanne Hofmaier, Integrationsbeauftragte der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen, arbeitet mit ihrer Gruppe an einem Projekt zum besseren ...
Susanne Hofmaier, Integrationsbeauftragte der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen, arbeitet mit ihrer Gruppe an einem Projekt zum besseren Verständnis, der Herkunftssprache von Migranten oder Geflüchteten. | Bild: Rasmus Peters

Über den Austausch bekam sie nun weitere Hinweise, eventuelle Traumata bei der Vorauswahl der Bücher zu bedenken. Auch dass die Eltern von Anfang an ins Boot geholt werden sollten, um zu zeigen, dass sie Vertrauen haben können, ist eine Ergänzung des gemeinsamen Denkens. Für den interkulturellen Austausch könnte auch möglich sein, dass die Kinder erzählen und nicht vorlesen und daraus gar ein Theater aufgebaut wird, erzählt Hofmaier. Als Ernte des Abends möchte sie das Projekt nun mit den Sprachen Ukrainisch und Türkisch in einem kleinen Team weiter wachsen lassen.

Wie es weitergeht

Für Susanne Hofmaier und Hasan Ögütcü ist der Abend ein Erfolg. Beim Landratsamt ist nun die Hoffnung, dass das Format ein Selbstläufer wird, sagt Monika Schanz. Nach den Ausgaben in Mühlhofen und Markdorf sei geplant, mit der Projektschmiede, an weiteren Orten zu organisieren. Konkrete Termine gibt es zum jetzigen Stand aber noch nicht.