Die Stimmung hat durchaus einen Hauch von Karibik: Blick aufs Wasser, Palmen im Wind und milde Sonne. Irgendwie stimmig also, dass die Kufen der Schlittschuh-Begeisterten auf der Überlinger Eisbahn am Landungsplatz dieses Jahr erstmalig über weiße Kunststoffplatten gleiten und nicht mehr über echtes Energie-intensives Eis.
„Wir müssen dem Klima zuliebe einige Dinge ändern,“ sagt Eisbahn-Betreiber Reinhard A. Weigelt und ist überzeugt: „Ich denke, es ist die Zukunft.“
„Es ist schon okay, aber...“
Doch wie kommt die Zukunft mit einer Eisbahn ohne Eis bei den kleinen und großen Besuchern an? Für die junge Generation ist die Antwort ziemlich klar: „Echtes Eis ist besser, aber wenn es gut für die Umwelt ist, ist es okay“, findet die 14-jährige Mia. So sieht es auch die acht Jahre alte Maya, die schon das dritte Mal seit Eröffnung von ÜB on Ice über die weiße Fläche kurvt. „Der neue Belag stört mich nicht“, sagt sie; „es ist immer noch wie normales Schlittschuhlaufen und macht Spaß.“

Etwas differenzierter sehen den neuen Synthetik-Belag Leon, Nico und Franco, alle drei zwölf Jahre alt. „Es ist schon okay, aber am Anfang war es für mich schwieriger reinzukommen“, sagt Franco. Der Kunststoff fühle sich anders an, sei aber genauso hart.

„Man kann besser drauf sliden“, meint Nico und sein Freund Leon gibt der Kunststoff-Bahn immerhin sechs von zehn Punkten. „Ist schon gut“, sagt er, „man muss sich halt nur ein bisschen drauf einstellen.“
Schlittschuhlaufen mit Seeblick
Nagihan Erogan ist mit ihren Töchtern Nilay (zwölf Jahre), Ayla (zehn Jahre) und Merve (sieben Jahre) dieses Jahr schon zum zweiten Mal auf die Eisbahn gekommen. „Es ist etwas Schönes: Die Aussicht direkt am See ist etwas Besonderes und man trifft immer Leute, die man kennt. Sonst gibt‘s ja auch nichts im Winter“, sagt sie. Die Synthetik-Platten sieht sie allerdings eher kritisch: “Das Geräusch der Kufen ist lauter, da muss man sich erst dran gewöhnen.“
Gewöhnungsbedürftig ist das unechte Eis auch für Daniel Graze, der mit Nikola Böhm ihrer Tochter Mimi (vier) und Freundin Mia (14) beim Schlittschuhlaufen zusieht. „Ich bin früher auf Naturseen Schlittschuh gelaufen“, erinnert er sich, nippt an seinem Glühwein und gesteht: „Den Kunststoffbelag habe ich noch nicht ausprobiert, aber den Kindern scheint es ja Spaß zu machen.“
Veranstalter „Eröffnungswochenende war Bombe“
Reinhard A. Weigelt bestätigt, dass die Meinung der Gäste zum neuen Belag auf der Eisbahn durchaus geteilt ist: „Die Älteren vermissen das Eis, die Kids haben kein Problem.“ Am Anfang müsse man sich ein wenig umstellen, und auch die Schlittschuhe müssten an den Belag angepasst und im Bogen geschliffen werden.

Mit der Auslastung ist Weigelt nach der ersten Woche zufrieden: „Das Eröffnungswochenende war Bombe, sogar trotz des Jubiläums der Guggevamps.“ Unter der Woche sei es dann erwartungsgemäß etwas ruhiger gewesen.
Glühweinpreise schrecken die wenigsten ab
Jetzt, am frühen Freitagabend, füllt sich der Bereich bei der Eisbahn und an der Theke bilden sich erste Schlangen. Dass der Glühwein dieses Jahr 4,50 Euro kostet, 50 Cent mehr als vergangenes Jahr, wird verständnisvoll aufgenommen. „Der Glühwein schmeckt sehr gut und ist immer noch günstiger als in der Schweiz“, lobt Jacqueline Jäger, die mit ihrer Mutter Susanne aus Schaffhausen nach Überlingen gekommen ist.
Nach einem Verwandtschaftsbesuch lassen die beiden den Tag an der Eisbahn ausklingen. „Wir haben gelesen, dass es kein richtiges Eis ist, das hat uns interessiert“, sagt Susanne Jäger und ist begeistert: „Das ist eine tolle Idee und super, dass alles überdacht ist. Das muss man unterstützen!“
Glühwein, Palmen und Karibik am Bodensee
Auch der SWR interessiert sich an diesem Abend für die neuartige klimafreundliche Überlinger Synthetik-Eisbahn. Moderatorin Martina Meisenberg interviewt viele Menschen – und Organisator Reinhard Weigelt. Es sei ein befreiendes Gefühl für ihn, so Weigelt, nach der Corona-Pandemie wieder ein ÜB on Ice ohne Masken, Zäune und Absperrungen realisieren zu können.
Daniel Graze bringt es auf den Punkt: „Glühwein, Palmen, Karibik am Bodensee und die Kinder auf dem Eis, das ist einfach perfekt!“