Der genaue Ablauf einer Schlägerei während einer Hochzeitsfeier vor zwei Jahren blieb auch vor dem Amtsgericht Überlingen ungeklärt. Beschuldigt wegen gefährlicher Körperverletzung war der Onkel des Bräutigams. Er soll seinem Neffen auf dessen Hochzeitsfest eine Flasche über den Kopf geschlagen und ihm dadurch eine stark blutende Kopfwunde zugefügt haben, hieß es in der Anklageschrift.
Angeklagter: „Ich weiß nichts von einer Flasche“
Doch der Angeklagte sagte: „Ich weiß nichts von einer Flasche.“ Den Ablauf des fraglichen Abends erzählte er auf Nachfrage von Richter Alexander von Kennel folgendermaßen: Er bleibe mit seiner Familie immer bis zum Ende der Feste. Auslöser für die kippende Stimmung sei wohl der Satz gewesen, den er zu seiner Tischnachbarin gesagt habe: „Solange solche Leute eingeladen werden, wird die Familie nicht mehr zusammenkommen.“
Diese Aussage wurde demnach vom Trauzeugen und anderen gehört, die ihn dann mit aggressiven Worten zum Gehen aufgefordert hätten. „Ich schlage mich nicht auf Festen“, sagte der Angeklagte daraufhin seiner Erinnerung nach und er habe seine Jacke genommen und sei zum Ausgang gegangen. „Dann hat es Dong gemacht und alles war dunkel“, erläuterte der Mann vor Gericht.
Bräutigam ging mit Stuhl auf seinen Onkel los
Er wisse nicht, was passiert sei. Sein Sohn habe ihm hinterher erzählt, der Bräutigam habe ihm einen Stuhl gegen den Kopf geschlagen, wofür dieser in einem anderen Verfahren verurteilt wurde. Er habe stark geblutet, wollte aber nicht ins Krankenhaus – und anzeigen wollte er seinen Neffen sowieso nicht. Zum einen wegen der Hochzeit und zum anderen, weil es eine Familiensache sei. Am nächsten Tag will er dann aber erfahren haben, dass sein Neffe ihn angezeigt haben soll. Daraufhin sei er doch ins Krankenhaus gegangen. Weder der Neffe noch dessen Familie hätten sich jemals entschuldigt, es herrsche absolute Funkstille zwischen den Verwandten, erklärte er die derzeitige Situation.
Geschädigter wollte den Onkel zum Gehen bewegen
Der Bräutigam und Neffe, der als Zeuge geladen war, konnte auch nicht wirklich Licht ins Dunkle bringen. Den Satz, den sein Onkel gesagt haben soll, will er nicht gehört haben. Er habe den Onkel und dessen Familie nur gebeten zu gehen, weil es schon so spät gewesen sei und sie immer lauter geworden seien. Das habe dieser wohl falsch verstanden. „Er hat mich angeschrien und die Situation ist dann eskaliert“, gab der 41-jährige Schichtleiter vor Gericht an. Er habe sie zur Tür begleitet, plötzlich habe er von der Seite her eine Flasche auf den Kopf bekommen. Dann sei er am Boden gelegen, so der Geschädigte.
„Er hat mich angeschrien und die Situation ist dann eskaliert.“Schichtleiter, 41 Jahre, über seinen Onkel
Fliegende Gegenstände, schreiende Menschen, Flucht
Anschließend schilderte er dramatische Szenen von fliegenden Gegenständen, schreienden Menschen und seiner Flucht in die Küche begleitet von seiner frisch angetrauten Ehefrau und der verängstigten Tochter. Den Einwand vom Richter, dass der Mann gegenüber der Polizei ausgesagt habe, dass der Onkel ihn mit der Flasche geschlagen habe, widerrief der Zeuge mit der Begründung, das sei eine Vermutung der Polizisten gewesen. Er habe damals die Familie auch nicht anzeigen wollen.
Nach anderthalb Jahren erst der Gang zur Polizei
Aber die Polizei habe das klären wollen, sagte er und nach anderthalb Jahren sei er dann zur Polizei gegangen. Die Fragen des Verteidigers seines Onkels, warum er erst so spät zur Polizei gegangen sei und wie es zu den Verletzungen des Onkels gekommen sei, beantwortete der Neffe ausweichend und redete sich raus, dass wenn er überhaupt mit dem Stuhl nach seinem Onkel geschlagen habe, dies unter Schock passiert sei.
Richter Alexander von Kennel unterbrach die Ausführungen kurzerhand. „Sie brauchen hier nicht um den heißen Brei herum reden“, sagte er eindrücklich. Wegen dieser Körperverletzung mit dem Stuhl habe er schließlich einen Strafbefehl über 90 Tagessätze erhalten.
„Sie brauchen hier nicht um den heißen Brei herum reden.“Alexander von Kennel, Richter, zum Neffen
Auf eine Vernehmung der weiteren geladenen Zeugen in dem Verfahren gegen seinen Onkel wurde verzichtet. Nach Paragraf 153a Strafprozessordnung wurde das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt. Der Angeklagte wurde zu einer Zahlung von 400 Euro an die gemeinnützige Einrichtung „Die Tafel“ in Markdorf verpflichtet. Die Verfahrenskosten trägt die Staatskasse, entschied von Kennel.