Wie in einer Jugendherberge sieht es im Seminarraum der Martin-Buber-Herberge nicht gerade aus. Kahle Wände, helle Deckenbeleuchtung, moderne Vortragstechnik: Wie die meisten Seminarräume verbreitet auch das Exemplar in der Nußdorfer Straße keine sehr gemütliche Atmosphäre – und dennoch sind die rund 90 Menschen, die sich im Raum versammelt haben, bestens gelaunt. Der Grund ist einfach: Nach 17-monatiger Umbauzeit wurde die Martin-Buber-Herberge am Mittwoch mit einem Festakt offiziell wieder eröffnet.

Unter anderem war Kultusminister Andreas Stoch gekommen, um bei der Eröffnung dabei zu sein. Er zeigte sich beeindruckt von Umbauarbeiten. „Mit einer Jugendherberge, wie ich sie kenne, hat das nicht mehr viel zu tun. Ein eigenes Bad auf dem Zimmer wäre zu meiner Zeit undenkbar gewesen.“ Die 62 Zimmer mit insgesamt 240 Betten sind nach dem Umbau unter Leitung des Architekten Reiner Joggerst aus Biberach allesamt mit eigener Dusche und WC ausgestattet.

Auch Susanne Pacher, Vorsitzende des Landesverbandes des Deutschen Jugendherbergswerk (DJH), stellte die Modernisierungen in den Vordergrund, betonte aber auch die Werte, die in einer Jugendherberge vermittelt werden sollen: „Das Leben in der Jugendherberge ist Begegnung: Begegnung von Menschen unterschiedlicher Nationalität, Religion und Einstellung und Begegnung zwischen Jung und Alt.“ In Überlingen kommt die Besonderheit hinzu, dass die Jugendherberge seit ihrer Eröffnung 1975 dem deutsch-israelischen Austausch verpflichtet ist. Die besondere Geschichte stellten Oswald Burger und Lothar Fritz nochmals heraus, als sie über den jüdischen Mäzen Werner Haberland, der den Bau der Jugendherberge mit einer großzügige Spende erst ermöglichte, und Namensgeber Martin Buber referierten. An beide Männer wird in einem neu gestalteten Gedenkraum erinnert.

Für 7,8 Millionen Euro wurde das Gebäude kernsaniert und energetisch modernisiert. Im Fokus der Maßnahmen zur Energieeinsparungen standen die Gebäudehülle und die Anlagetechnik. Laut Andreas Kuhlmann, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (Dena), verbrauche die Jugendherberge 30 Prozent weniger Energie als ein vergleichbarer Neubau ohne Sparmaßnahmen und fast 70 Prozent weniger als das Gebäude vor dem Umbau. „Das ist einfach spektakulär“, sagt Kuhlmann und an den Architekten und die DJH-Geschäftsführung gerichtet: „Sie haben eine echte Marke gesetzt.“

Oberbürgermeisterin Sabine Becker bezeichnete die Jugendherberge als Aushängeschild für Überlingen: „Junge Menschen machen eine Stadt lebendig.“ Sie bedauere das die Stadt sich nicht finanziell am Umbau beteilig habe: „Aber Überlingen hat viele Aufgaben vor sich und wir sind gezwungen, uns auf die Pflichtaufgaben der Kommune zu besinnen.“

Zum Abschluss sprachen Dekanin Regine Klusmann und Pfarrer Karl-Heinz Berger den Segen mit einem Zitat von Namensgeber Martin Buber: „Wenn wir aufhören, uns zu begegnen, ist es, als hörten wir auf zu atmen.“

Wie es im Inneren der umgebauten Herberge nun aussieht, sehen Sie unter:

 

„Herbergen sind ein Ort der Vielfalt“


Andreas Stoch, Landesminister für Kultus, Jugend und Sport, spricht über die Bedeutung von Jugendherbergen.


Herr Stoch, übernachten Sie selbst noch in Jugendherbergen?

Heute übernachte ich nicht mehr in Jugendherbergen. Früher habe ich sie aber häufig genutzt: Ich habe viele Herbergen in Deutschland aber auch in Irland und Südafrika besucht. Das war eine spannende Zeit.

 

Was verbinden Sie mit dieser Zeit?

Vor allem Begegnungen. In Jugendherbergen trifft man Menschen, die man sonst auf dem Lebensweg kaum treffen würde. Mit einigen meiner Begegnungen haben sich im Nachhinein sogar Freundschaften entwickelt.

 

Welche Bedeutung haben Jugendherbergen für die Bildung im Land?

Sie sind wichtige Bildungspartner für die Schulen. Hier können die Schüler an schönen Orten Gemeinschaft erfahren und bekommen wichtige Werte vermittelt. Heute, da viele Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Ausland zu uns kommen, kommt den Jugendherbergen eine noch größere Bedeutung zu: Die Aufgabe der Integration können die Bildungseinrichtungen nicht alleine tragen. Das ist eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft und Jugendherbergen können hier einen wesentlichen Beitrag leisten. Sie sind ein Ort der Vielfalt.