WOLfach hat's, auch LEOnberg, HORb fährt damit rum und ÖHRingen. ÜBerlingen und TeTTnang hätten gerne auch eines, bekamen es bislang aber nicht. Die Rede ist von der Wiedereinführung der alten Autokennzeichen. Zweimal schon lehnte der Kreistag des Bodenseekreises (FN) die Wiedereinführung ab, das war in den Jahren 2012 und 2014. Nun startet Martin Hahn, der für die Grünen im Kreistag sitzt, eine neue Initiative. Wie er bei einer Pressekonferenz gestern in Überlingen sagte, fehle ihm das Verständnis für die ablehnende Haltung des Kreistags, auch die Bedenken von Landrat Lothar Wölfle, dass eine Autonummer die Bevölkerung im Landkreis spalten könne, teilt Hahn nicht.

In seiner Rolle als Landtagsabgeordneter fragte Hahn bei Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nach landesweiten Erfahrungen. "Nennenswerte negative Auswirkungen wurden nicht bekannt", antwortete Hermann in einem Brief, der der Redaktion vorliegt. Darin teilte der Minister auf Hahns Anfrage mit, dass von den 29 möglichen Altkennzeichen in Baden-Württemberg 15 reaktiviert worden seien. Auf die Frage nach den Mehrkosten erhielt Hahn zur Antwort, dass den Mehrausgaben der Behörden für die EDV-Umstellung höhere Gebühreneinnahmen gegenüber stünden. Hahn: "Für den Kreis kostet dieser Spaß nichts. Politik muss oft regulierend eingreifen und Freude nehmen. Da ist es doch eine gute Sache, wenn wir Freude geben können."

Neue Debatte im Kreistag

Nun bleiben Hahn und seinen Mitstreitern, darunter die (Ober)-Bürgermeister von Überlingen und Tettnang, noch eine gute Woche Zeit, für ihre Sache zu werben. Denn wie Robert Schwarz, Pressesprecher des Landratsamtes, mitteilte, steht das Thema in der Kreistagssitzung vom 19. März erneut zur Debatte. Grund dafür ist aber nicht die Initiative Hahns, sondern eine von 1071 Bürgern unterzeichnete Petition, die ein Bürger aus Friedrichshafen initiiert und im November 2017 an Landrat Wölfle überreicht hatte.

An der Haltung Wölfles hat sich indes nichts geändert. Auf Anfrage von Dienstag dieser Woche teilte er über seinen Pressesprecher mit, dass er das Thema "entspannt bis zurückhaltend" betrachte. Dass die Altkennzeichen "identitätsstiftend" seien, bezweifelt Wölfle. "Die Erfahrung aus anderen Regionen zeigt, dass man sich damit eher abgrenzen will." Nach der Logik der Identitätsstiftung hätten andere Städte und große Gemeinden im Kreis genauso "ein eigenes Kennzeichen verdient".

Zeitlers Erfahrung mit HOR

Überlingens Oberbürgermeister Jan Zeitler machte in seiner Zeit als Bürgermeister der Stadt Horb gute Erfahrungen, wie er auf Anfrage mitteilte. Bedauerlich sei nur gewesen, dass das HOR nicht schon vor der Gartenschau in Horb im Jahr 2011 möglich war. Zeitler: "Insofern appelliere ich an alle, diese Chance für Überlingen rechtzeitig vor der Landesgartenschau zu ermöglichen."

Zeitler appelliert nicht nur, er fordert auch. In seiner Stellungnahme schreibt der Überlinger OB: "ÜB für Überlingen muss unser gemeinsames Ziel sein – denn jeder Stadt steht es zu, Chancen, die sich bieten, auch für sich zu nutzen. Und genau diese Erwartungshaltung habe ich an den Kreistag des Bodenseekreises: Dass man einer Großen Kreisstadt im Bodenseekreis die Wahrnehmung einer Chance ermöglicht und nicht mit fadenscheinigen Argumenten verwehrt." Weiter erinnert Zeitler daran, dass die Autos aus dem Bodenseekreis nicht mit eigenen Initialien, sondern mit dem "FN" durch die Lande fahren. "Von daher ist die Wiedereinführung des Kennzeichens ÜB eine Bereicherung für den Bodenseekreis, wird doch deutlich, dass es neben der Kreisstadt Friedrichshafen eine weitere Große Kreisstadt gibt, die wesentlicher Bestandteil des Bodenseekreise ist und dies durch das ÜB-Kennzeichen auch tagtäglich wahrgenommen werden kann."

Auch Tettnangs Bürgermeister Bruno Walter kritisiert, dass sich der Kreistag "dem Anliegen versperrt". Nach einer Auskunft des Bundesverkehrsministeriums aus dem Jahr 2016 gibt es mittlerweile rund 300 Retrokennzeichen. Tettnang und Überlingen bildeten diesbezüglich bundesweit "eher eine unrühmliche Ausnahme", so Bürgermeister Walter. "Dabei hat dieser Wunsch aus meiner Sicht überhaupt nichts mit einer fehlenden Identifikation mit unserem Landkreis zu tun. Das TT, das sich bei uns an vielen Punkten wieder spiegelt, hat einfach Charme. Die Menschen empfinden das FN nicht als das Logo des Bodenseekreises, was bei einem BSK oder BK vielleicht eher der Fall wäre. FN ist nicht der Bodenseekreis, so das Empfinden der Menschen."

Bruno Walter und Landrat Wölfle stellen übereinstimmend fest, dass das Thema längst nicht mehr so emotional diskutiert werde wie noch vor sechs Jahren. Walter: "Es geht einfach um einen Bürgerwunsch." Dagegen sagt Wölfle: "Solchen Themen kann man sich zuwenden, wenn man sonst keine Probleme mehr hat."

Auf Nachfrage des Landtagsabgeordneten Martin Hahn teilte Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) zu den Kosten mit: "Im Regierungsbezirk Tübingen waren für die Einführung bei Rechenzentrum einmalig 2000 Euro zu entrichten (in Stuttgart 4000 Euro) und jährlich entstehen 1000 Euro Mehrkosten." Dank der Retrokennzeichen seien weitere Kennzeichen-Kombinationen möglich, wodurch öfter Wunschkennzeichen erfüllt werden können, was wiederum zu Mehreinnahmen führe. Hahn: „Eine Identifizierung mit seiner Stadt Überlingen oder Tettnang ist doch etwas sehr Schönes und richtet keinen Schaden an.“