Zwischen den Jahren werden normalerweise vielerorts Dorfgemeinschaftshäuser (DGH) zu Theatersälen. Wegen der aktuell herrschenden Pandemie fallen die Dorftheater-Aufführungen diesmal aus. Mitglieder der Theatergruppe Mittelstenweiler nutzen die spielfreie Zeit, um zurückzublicken – und plaudern dabei auch aus dem Nähkästchen.

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Der aktuelle Regisseur Thomas Notheis, sein Vorgänger Rolf Rudolf und das Laienspieler-Paar Henriette und Roland Fiedler erzählen, was ihnen besonders gefallen hat. Ihre begeisterten Beschreibungen von lustigen Erlebnissen hinter und auf der Bühne lassen erahnen, wieviel Spaß das Theaterspiel auch den Spielern selber bringt.

Regisseur Thomas Notheis
Regisseur Thomas Notheis | Bild: Mardiros Tavit

So ist es beispielsweise üblich, in der jährlich letzten Vorstellung jeweils einen Darsteller aus der Truppe zu foppen. “Keiner weiß vorher, wen es trifft“, erklärt Roland Fiedler. Er selbst habe einmal in einer Szene ein Loch in eine Bühnenbild-Wand bohren müssen. Mitten im Bohrvorgang seien Mengen von Wasser aus dem Loch gespritzt. „Wie bei einem Wasserrohrbruch“, sagt Fiedler und muss heute noch darüber schmunzeln.

Anstatt Kaffee heißer Ramazotti mit Milch und Zucker in der Tasse

Ein anderes Mal hätten die Kollegen Laienspielerin Christine Busch während der Vorstellung anstelle von Kaffee, heißen Ramazotti mit Milch und Zucker serviert. Es sei schön gewesen, Buschs Gesicht zu beobachten, frohlockt Notheis rückblickend.

Noch freuen sich Emil (Uwe Spießmacher) und Oswald (Hurbert Armbruster) über ihre Eroberungen (Angela Zyla und Christina Busch) bei der ...
Noch freuen sich Emil (Uwe Spießmacher) und Oswald (Hurbert Armbruster) über ihre Eroberungen (Angela Zyla und Christina Busch) bei der Kur in Bad Füssing. Ihre Liebeswirren waren 2017 Thema im Stück „Wenn einer eine Reise tut“ von Regina Rösch. | Bild: Mardiros Tavit

Natürlich habe es ebenso unvorhergesehene Komik gegeben – beispielsweise bei der 2015/16 gespielten Komödie „Currywurst und Kaviar“. Notheis sprang in der Rolle eines Wurstkönigs seinem vermeintlichen Adoptivvater und Grafen alias Hubert Armbruster auf den Schoß – und der unter ihnen zusammengebrochene Stuhl habe nicht nur die Zuschauer zum Lachen gebracht.

Langjähriger Regieleiter Rolf Rudolf schon als kleiner Junge im Publikum

Ähnlich erging es dem langjährigen Regieleiter Rolf Rudolf als kleinem Jungen. Der heute 80-Jährige erinnert sich nur zu gerne daran, wie ihn als sechsjähriger Bub ein noch spektakulärerer Unfall zum Prusten gebracht hatte. Damals sei die Mittelstenweiler Theatercrew noch auf den vorher geschrubbten Dielen des dörflichen Misthaufens aufgetreten.

Rolf Rudolf
Rolf Rudolf

Die Bühnenbretter hätten ein ordentliches Gefälle aufgewiesen. Bei einem total ernsten Stück sei ein auf der Bühne gestandener Kinderwagen ins Rollen gekommen und heruntergestürzt. Als der Wagen umfiel, sei statt dem erwarteten Baby der örtliche Schuhmacher unversehrt herausgekullert. “Da haben wir so lachen müssen“, entsinnt sich Rudolf.

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Als Regisseur waren Rolf Rudolf aber doch die „ernsten Stücke mit tieferem Sinn“ die liebsten. Zu seinem 50. Theaterjubiläum und gleichzeitigem Abschied von seinem geliebten Regiestuhl inszenierte er “Die Geierwally“ mit Elisabeth Straub in der Hauptrolle. Das klassische Volksstück mit mehreren Bühnenbildern ist nicht nur Rudolfs Favorit. Auch Laienschauspielerin Henriette Fiedler schwärmt davon. Durch die historische Kostümierung und den bühnenbildnerischen Aufwand sei das Ganze einfach stimmig gewesen.

Henriette Fiedler
Henriette Fiedler | Bild: Jürgen Heppeler | Salemer-Werbe

„Onkel Hermann und die Plunderhosen“ ist ihre Lieblingskomödie gewesen

Bei den aufgeführten Komödien macht der Dreiakter „Onkel Hermann und die Plunderhosen“ (2009/10) das Rennen. „Schon allein wegen dem Aufwand für die Technik“, findet Notheis. Zu jedem Aufführungstermin sei Rudolf aus einem Raum hinter der Bühne per Video im Fernseher auf der Bühne zugeschaltet worden. Als vorgeblicher verstorbener Erbonkel Hermann habe er jeden Abend live eine Botschaft an seine Erben abgegeben.

Klebepunkte an der Wand hätten Rudolf an der Wand die Positionen der Darsteller auf der Bühne markiert. „So hat es fürs Publikum so ausgesehen, als ob er die einzelnen Spieler direkt anschaut“, erläutert Notheis den Trick. Dass sich Rudolf bei einer der Videobotschaften verhaspelte, freute die Crew diebisch. Schließlich hatte für Rudolf als Regieleiter Textsicherheit oberste Priorität. Hinzu kamen zwei gebrochene Rippen, die sich Rudolf bei einer tröstenden Umarmung von Notheis wegen des Versprecherles versehentlich zugezogen habe.

Der Abenteurer Julius Ludwig schwingt 2016 am Kronleuchter. Rundherum schreckhaftes Staunen. Gespielt wurde der Dreiakter „Einer ...
Der Abenteurer Julius Ludwig schwingt 2016 am Kronleuchter. Rundherum schreckhaftes Staunen. Gespielt wurde der Dreiakter „Einer spinnt immer“. Für die Theatergruppe war es ein besonderes Jahr, denn sie feierte vor vier Jahren ihr 70-jähriges Bestehen. | Bild: Hugo Gommeringer

Äußerst komisch und gleichzeitig turbulent ging es vor vier Jahren zu. Bei dem Lustspiel „Einer spinnt immer“ verwandelten die elf Laienspieler zum 70. Theaterjubiläum die Mittelstenweiler DGH-Bretter kurzerhand in eine Irrenanstalt. Ein besonderes Highlight stellte dabei ein Aufzug mit automatisch öffnenden Türen dar. Durch aufblitzendes Licht aus dem Aufzugsschlitz habe das Gerät täuschend echt gewirkt.

Rolf Rudolf erzählt, nach einer Vorstellung habe sogar jemand von der Gemeindeverwaltung nachgefragt, wohin der Lift denn fahre. „Der Mann meinte, er kenne das Gebäude genau und wisse nichts von einem Kellergeschoss“, berichtet Rudolf fröhlich.

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Zu den Jubiläen fallen die Theaterinszenierungen besonders üppig aus

Traditionell werden in Mittelstenweiler zu Jubiläen besonders üppige Theaterinszenierungen einstudiert. An die Inszenierung zum 60. Dorftheater-Jubiläum erinnert sich Notheis nur zu gerne. Bei dem Mundartstück “Das schwäbische Paradies“ nach der Orginalvorlage „Der Brandnerkasper“ habe es viel zu Lachen gegeben auch für die Mimen selbst. Während der Verhandlung des findigen Opas (Thomas Notheis) mit dem Gevatter Tod (Uwe Spießmacher) seien drei Liter Weißherbstschorle geflossen und hätten die Laien schön ins Schwitzen gebracht.

Im neuen Jahr steht der 75. Theatergeburtstag an. Der soll nach Wunsch von Theatermacher Thomas Notheis ebenfalls mit einem präsentablen und voraussichtlich humorvollen Bühnenstück gebührend gefeiert werden.