Im Salon der Pension Ballermann geht es zu wie im Irrenhaus. Doch eigentlich ist alles ganz normal. Der alltägliche Wahnsinn halt. Denn einer spinnt immer. Bis zum 7. Januar wird im Salemer Teilort Mittelstenweiler auf höchstem Niveau Theater gespielt. Zum 70-jährigen Bestehen präsentiert die Theatergruppe Mittelstenweiler unter der bewährten Leitung von Rolf Rudolf einen ganz besonderen Knaller.
Mit der aus der Feder von Wilfried Reinehr stammenden Posse "Einer spinnt immer" werden die Besucher auf unterhaltsam-komödiantische Weise von den hervorragend aufgelegten Laienschauspielern bei Laune gehalten. Kein Lachmuskel bleibt verschont. Der SÜDKURIER konnte sich in der ersten Aufführung von den Zwerchfell strapazierenden Verrücktheiten überzeugen.
Humorvoll ging es in der weithin bekannten Theaterhochburg schon immer zu. Doch dieses Mal sprengen die elf Akteure mit ihrer auf die Freudentränen drückenden Verrücktheiten alle bisher gekannten Maßstäbe. Die abwechslungsreich kostümierten und geschminkten Schauspieler gehen authentisch in ihren Rollen auf und faszinieren so ihr Publikum in jeder Phase des zweistündigen Dreiakters. Die wechselnde Garderobe der Laienspieler ist ein Hinweis auf die stets spannenden Verwicklungen im Stück. Im dritten Akt verwandelt sich auch das Bühnenbild.
Die Gäste der Pension Ballermann, geführt von Lieselotte Ballermann (Elisabeth Straub) und ihrer Nichte Sieglinde (Juliane Öttel) sind der dirigierende Major Egon von Schönborn (Fritz Kanz und Roland Fiedler), der weit gereiste Abenteurer Julius Ludwig (Hubert Armbruster), die neugierige Schriftstellerin Christine Frank (Christine Busch), der Sprachfehler behaftete Möchtegernschauspieler Ladislaus Locke (Marcel Rothmund), der sympathische Detlef Wipperling (Uwe Spießmacher) und die beiden mannstollen Frauenzimmer Florence Wipperling als reizvolle Hausbesitzerin (Alexandra Pfaller) und die elegante Französin Ria Baleno (Henriette Fiedler).
Die Hauptrolle als Otto Ofenloch spielt in seiner unnachahmlich-begeisternden Art Thomas Notheis. Der wohlhabende Privatier will unbedingt einmal eine Irrenanstalt von innen erleben. Kurzerhand wird ihm vom seinem Neffen Ottfried (Leonard Straub) die Pension Ballermann als private Nervenheilanstalt untergejubelt. Ofenloch: "Lauter Bekloppte und i bin debei."
Der Hintergedanke: Ofenloch soll der angeschlagenen Pension finanziell unter die Arme greifen. Was Ofenloch jedoch mit den harmlosen, etwas exzentrischen Gästen erlebt, geht auf keine Kuhhaut. Mit dem Major soll er sich duellieren, den Schauspieler soll er fördern, mit dem Abenteurer soll er auf Löwenjagd gehen, die Schriftstellerin will seine Lebensgeschichte verwerten und die zwei mannstollen Weiber wollen ihn heiraten. Ofenloch: "So verrückt ka me doch gar it sei."
Ofenloch geht auf die Wünsche der mutmaßlich Irren ein. Die Herrschaften pochen auf die Einlösung der Versprechen. Das verschafft Ofenloch im dritten Akt noch einige Schreckmomente. Wie kann sich Ofenloch retten? Er heiratet die Pensionsinhaberin Lieselotte Ballermannn (Elisabeth Straub) und rettet mit seinem Vermögen den Bestand der Pension.
Für allerhand Komik ist gesorgt. Da sind die Vorsprechversuche des Möchtegern-Schauspielers Ladislaus Locke, der nach einem Schock den Buchstaben "L" nicht mehr herausbringt. So widerspricht er seiner Tante mit "Neck mich, Tante Niesenotte". Am Ende wird er seinen Sprachfehler wieder los bei dem Satz, der ihn herbeiführte: "Ich liebe dich".
Da ist der Weltreisende Julius Ludwig mit seinen erlebten Abenteuern. Am Kronleuchter demonstriert er seine Schaukel-Künste. Als homosexueller Bruder der Hausbesitzerin besticht Uwe Spießmacher mit erstaunlichem Hüftschwung und extravaganten Klamotten. Sieglinde: "Schade, dass der nette Kerl für die Weiberleit verloren ist." Die Rolle des Majors von Schönborn nehmen zwei Darsteller wahr. Roland Fiedler und Fritz Kanz wechseln sich bei den Aufführungen ab.
Der größte Lohn der Theaterspieler ist der Applaus. Und den gab es in Hülle und Fülle. Die größte Anerkennung war jedoch, dass das Dorftheater bei der Nachmittagsvorstellung bis zum letzten Platz besetzt war. Die Aufführung war eine Glanzleistung.
Mitwirkende
- Regie führt seit 43 Jahren Rolf Rudolf. Thomas Notheis ist bereits 35 Jahre Theaterspieler und seit 22 Jahren Vorsitzender der Theatergruppe.
- Die Darsteller: Otto Ofenloch: Thomas Notheis; Ottfried Ofenloch: Leonard Straub; Julius Ludwig: Hubert Armbruster; Christine Frank: Christine Busch; Lieselotte Ballermann: Elisabeth Straub; Sieglinde: Juliane Öttel; Ladislaus Locke: Marcel Rothmund; Florence Wipperling: Alexandra Pfaller; Detlef Wipperling: Uwe Spießmacher; Egon von Schönborn: Roland Fiedler und Fritz Kanz; Ria Baleno: Henriette Fiedler