Ein Storch steht an der Straße, die zum Parkplatz des Affenbergs in Salem führt. Oben auf den alten Häusern thronen seine Artgenossen in ihren Horsten. Es sind so viele wie kaum an einem anderen Ort im Umkreis. Die Störche heben ab und fliegen kreuz und quer zwischen den Häusern entlang.

Ein Storch im Landeanflug auf sein Nest. Im Schnabel trägt er kleine Hölzer, um sein „Haus“ damit zu erweitern.
Ein Storch im Landeanflug auf sein Nest. Im Schnabel trägt er kleine Hölzer, um sein „Haus“ damit zu erweitern. | Bild: Timm Lechler

Im Innenhof zwischen den Gebäuden öffnet sich eine Tür. Roland Hilgartner kommt heraus. Er ist Biologe und Affenexperte. Bei einem Rundgang über den Affenberg erzählt Hilgartner, wie es ist, im Kreis der Primaten zu leben.

Ein einjähriger Affe sitzt auf einem Baum.
Ein einjähriger Affe sitzt auf einem Baum. | Bild: Timm Lechler

Die Faszination der Affen

„Eigentlich mögen sie mich gar nicht besonders“, sagt Roland Hilgartner und schmunzelt. „Denn ich bin auch bei allen negativen Erfahrungen der Tiere dabei, zum Beispiel beim Arztbesuch.“ Affen hätten den Biologen schon immer fasziniert, weshalb er während seiner Promotion in einer Hütte auf der Insel Madagaskar lebte, weit weg von jeglicher Zivilisation. Und das hört man ihm an: den Forscherdrang, die Neugierde, die Wissbegier.

Das Affenmännchen gähnt als Hilgartner sich nährt. Ein Zeichen der Angst oder des Respekts vor ihm. Die Tiere mögen ihn eigentlich nicht ...
Das Affenmännchen gähnt als Hilgartner sich nährt. Ein Zeichen der Angst oder des Respekts vor ihm. Die Tiere mögen ihn eigentlich nicht besonders. | Bild: Timm Lechler

Roland Hilgartner sagt: „Manche Leute, auch Bekannte von mir, fassen sich an den Kopf, wenn sie hören, dass ich über den Winter wieder nach Neuguinea, Gabun oder Zentralafrika fliege, um Affen zu beobachten. Denn das ist oft mit Strapazen verbunden und je nach Land auch nicht ganz ungefährlich. Aber für mich ist das eben mein Leben. Meine Leidenschaft.“ Auch wenn Hilgartner gerne in ferne Länder reist, schätzt er seine Arbeit beim Affenberg. Für ihn sei der Park eine große Spielwiese, sein Beruf eine Berufung und seine Arbeit ein Privileg.

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Affen sind Menschen gar nicht so unähnlich

Der Biologe vergleicht Affen im Gespräch oft dem Menschen. Er begeistert sich für die Verhaltenspsychologie der Tiere und sagt, die Menschen seien den Affen in vielen Dingen erschreckend ähnlich.

Seine Frau und zwei weitere Forscherinnen sind ebenfalls auf dem Berg unterwegs, um die Tiere zu beobachten, beziehungsweise um Geruchsproben zu entnehmen. „Das ist ein kaum erforschtes Feld. Und etwas ganz Besonderes am Affenberg. Wir können die Tiere hier quasi in ihrem normalen Lebensraum beobachten und ihr Verhalten studieren“, sagt Hilgartner. „Und dann können wir dieses Wissen weitergeben. Daran arbeite ich sehr viel.“

Ein besonders großes und schweres Exemplar unter den 200 Berberaffen sitzt auf einer Bank, die eigentlich für Menschen gedacht ist.
Ein besonders großes und schweres Exemplar unter den 200 Berberaffen sitzt auf einer Bank, die eigentlich für Menschen gedacht ist. | Bild: Timm Lechler

Doch seine Arbeit habe sich verändert. Früher habe Hilgartner deutlich mehr geforscht. Mittlerweile arbeitet er eher an der Frage „Wie kann man das Wissen über die Affen noch besser vermitteln?“ Denn der Affenberg diene nicht nur der Unterhaltung der Besucher, sondern sei auch eine Basis für die Wissenschaft.

Im Winter haben Hilgartner und sein Team an Neuerungen für den Park gearbeitet: Anweisungen, die man beim Eintritt des Affenbergs erhält, werden nun als Video über einen Fernseher ausgestrahlt. Hilgartner hofft, dass das Videoformat besonders bei den kleinen Gästen besser ankommt als die früheren Megaphon-Ansagen. Außerdem hat der Park Fragespiele entwickelt und ein Wissensrad im Biergartenbereich aufgestellt.

Mutter und Tochter bei der Fellpflege. Unter Affen ist das ein Freundschaftsdienst.
Mutter und Tochter bei der Fellpflege. Unter Affen ist das ein Freundschaftsdienst. | Bild: Timm Lechler

Wissenschaft und Wissensvermittlung

Auch die Schulung seiner Mitarbeiter ist Roland Hilgartner wichtig. Der Affenberg verfolgt einen wissenschaftlichen Ansatz, mit dem Ziel, Wissen durch Spaß zu vermitteln. Der Biologe sagt: „Die Wissensvermittlung ist ein toller Antrieb. Es ist ein Prozess, der nie zu Ende geht, weil es immer neue Möglichkeiten gibt. Da muss man am Ball bleiben. Und da wir schon die Gelegenheit haben, wissenschaftlich und handfest, statt abstrakt zu arbeiten, sollten wir das auch nutzen.“

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Ein weiteres elementares Element sei die Lobbyarbeit für Natur- und Umweltschutz. Hilgartner sieht seine Verantwortung hier vor allem in der Umweltbildung und im stetigen Lernen und Weitergeben der Informationen. Das treibe ihn an, sagt er. Hilgartner versuche laufend, neue Wege zu finden, um nachhaltiger zu leben und zu arbeiten.

Affen pflegen das Fell gegenseitig auch als Belohnung. Zuvor hatte das Männchen eine weibliche Konkurrentin des Weibchens vertrieben.
Affen pflegen das Fell gegenseitig auch als Belohnung. Zuvor hatte das Männchen eine weibliche Konkurrentin des Weibchens vertrieben. | Bild: Timm Lechler

Ein Leben im Gehege

Und wie ist es nun, mitten im Gehege unter Affen zu leben? „Wir wohnen hier in der Nähe von meinem Elternhaus und in der Natur. Am Arbeitsplatz zu leben, hat natürlich Vor- und Nachteile. Manche Familien würden daran sicher zu Grunde gehen. Das ist eine Herausforderung.“

Denn am Affenberg sei immer etwas los. Und irgendwie sei man auch immer bei der Arbeit. Doch das macht Roland Hilgartner nichts aus. „Die Tiere sind so toll, manchmal spaziere ich sogar über den Berg, wenn ich eigentlich frei habe. Und die lauten Störche auf dem Dach halten sich natürlich auch nicht an die Mittagsruhe, wenn ich mal einen Mittagsschlaf machen will. Wobei ich mittlerweile wahrscheinlich besser schlafen kann, wenn die Störche klappern.“