Er heißt Herkules und ist der Hahn im Korb: Der imposante Vogelstrauß ist der Stammvater der rund 100 Straußenvögel, die auf dem Betrieb von Heiko und Lea Martin leben. Dort, zwischen Owingen und Taisersdorf, wo noch vor wenigen Jahren rund um die Hofstelle der Martins Mutterkühe und ihre Kälber weideten, grasen jetzt friedlich die grau gefiederten Riesenvögel. Ganz selbstverständlich fügen sie sich ins Landschaftsbild ein, als wären sie schon immer hier heimisch gewesen.

Auf den Strauß kam Martin bei einer Verkostung

„Im Sommer 2015 kamen die ersten Strauße“, erinnert sich Heiko Martin. Der gelernte Feinwerkmechaniker-Meister plante zu der Zeit schon, die elterliche Nebenerwerbslandwirtschaft mit Mutterkuhhaltung zu übernehmen. „Ich wollte aber so nicht weitermachen“, sagt Martin. Auf die Idee, es mit der Straußenzucht zu versuchen, sei er allerdings rein zufällig gekommen. „Der Vater meiner Frau Lea feierte 2013 seinen Geburtstag auf einer Straußenfarm in Blumberg“, erzählt er. Dort habe er die Haltung der Tiere zum ersten Mal kennengelernt. „Es wurde dann auch gegrillt und das Straußenfleisch verkostet. Das war so lecker, dass ich zu Lea gesagt habe: Das brauch‘ ich auch.“

Straußenzüchter Heiko Martin ist stolz auf seinen achtjährigen Blauhalshahn Herkules. Dessen Schnabel ist eher ungefährlich, aber mit ...
Straußenzüchter Heiko Martin ist stolz auf seinen achtjährigen Blauhalshahn Herkules. Dessen Schnabel ist eher ungefährlich, aber mit den Füßen kann er kräftig nach vorn austreten. | Bild: Antonia Kitt
„Meine Eltern sagten: du spinnst.“
Heiko Martin

2015 zogen die ersten Strauße ein

Seine Eltern Ernst und Claudia musste Heiko Martin allerdings erst noch überzeugen. „Meine Eltern sagten: du spinnst“, erzählt er lachend. Doch der junge Hofnachfolger ließ sich nicht von seiner Idee abbringen. Auf der Straußenfarm Donaumoos bei Ulm absolvierte er 2014 ein bundesweit anerkanntes Sachkundeseminar über Straußenhaltung, um sich das nötige Knowhow anzueignen. Ein Jahr später kauften die Martins die ersten Straußenküken, 2018 übernahm Heiko Martin offiziell den Betrieb. „Von 2018 bis 2020 habe ich dann noch in der Abendschule die Ausbildung zur Fachkraft für Landwirtschaft im Nebenerwerb gemacht“, berichtet Martin.

In der Elternzeit kam der Umstieg auf Vollerwerb

Als im Februar 2020 dann Sohn Ben geboren wurde, ging der junge Vater in Elternzeit. „Das war die Testphase für den Umstieg vom Neben- in den Vollerwerb“, sagt der Betriebsleiter, der insgesamt etwa 26 Hektar Land bewirtschaftet. Ein Ferienhaus mit zwei Wohnungen dient der Familie als zweites Standbein.

Direkt am Hof haben die Martins eine Verkaufshütte mit Selbstbedienung eingerichtet. Neben Fleisch und Wurst vom Strauße gibt es dort ...
Direkt am Hof haben die Martins eine Verkaufshütte mit Selbstbedienung eingerichtet. Neben Fleisch und Wurst vom Strauße gibt es dort auch Straußeneier, kunstvoll bemalt oder mit Blumenarrangements. | Bild: Antonia Kitt

Herkules sorgt mit fünf Hennen für Nachwuchs

Mit dem achtjährigen Hahn Herkules und seinen fünf Hennen züchten die Martins ihre reinrassigen Blauhalsstrauße mittlerweile selbst. „Im April beginnt die Legeperiode und dauert bis Ende August, Anfang September“, erklärt Heiko Martin. In diesen vier Monaten legt jede Straußenhenne alle zwei bis drei Tage ein Ei. Zwischen 50 und 60 Eier pro Jahr lassen die Martins dann auf der Straußenfarm Hegau-Bodensee in Stockach in 40 bis 41 Tagen ausbrüten, denn: „Eine eigene Brüterei lohnt sich für uns nicht“, erklärt Heiko Martin.

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Jungtiere leben das ganze Jahr auf der Weide

Die Jungtiere werden in Gruppen von je 10 bis 15 Tieren gehalten und sind das ganze Jahr über draußen auf der Weide. Schnee und Kälte mache den Vögeln nichts aus, versichert der Landwirt. Minusgrade müssten sie nachts auch in ihrer ursprünglichen Heimat im südlichen Afrika aushalten. „Im Sommer fressen die Strauße Gras und bekommen ähnlich wie das Rind dazu noch Silage aus Gras und Mais.“ Über die Mast könne eben auch das Grünland gut verwertet werden. Außerdem füttert der Landwirt als Kraftfutter eine Getreidemischung aus Gerste, Weizen, Mais und Erbsen aus eigenem Anbau.

Dieses Straußenei hat Heiko Martins Mutter Claudia mit Schneeglöckchen bemalt.
Dieses Straußenei hat Heiko Martins Mutter Claudia mit Schneeglöckchen bemalt. | Bild: Antonia Kitt

Fleisch schmeckt Richtung Wild und Rind

Im Alter von etwa 18 Monaten sind die Jungtiere schlachtreif. Das Fleisch vermarkten die Martins direkt: „Wir sind an drei Tagen in der Woche in Konstanz auf dem Markt“, sagt Heiko Martin. Die Selbstbedienung am Hof ist jeden Tag geöffnet. Im Angebot ist Frischfleisch in Form von Gulasch oder Steaks, aber auch Rauchfleisch, Salami und Dosenwurst. Der Geschmack des Straußenfleischs geht laut Heiko Martin in Richtung Rind- und Wildnote. Die Qualität hat ihren Preis; je nach Fleisch-Art kostet das Kilo Strauß zwischen 25 und 45 Euro.

Auch in flüssiger Form schmeckt Strauß: hier als Eierlikör.
Auch in flüssiger Form schmeckt Strauß: hier als Eierlikör. | Bild: Antonia Kitt

Viel Zeit für Urlaub bleibt der Familie nicht

Das Füttern und Versorgen der Tiere nimmt jeden Tag viel Zeit in Anspruch. „Vielen Verbrauchern fehlt das Verständnis dafür, was es eigentlich heißt, Tiere zu halten und morgens und abends nach ihnen zu schauen,“ sagt Heiko Martin. Viel Zeit für Urlaub bleibt der Familie nicht. „Für mich war das anfangs eine krasse Umstellung“, gesteht Lea Martin. Natürlich sei es schön, an jedem Tag, bei jedem Wetter draußen zu sein. „Aber ich bin schon diejenige, die immer mal auf Urlaub drängt, diese gemeinsame Zeit für die Familie ist einfach wichtig“, findet die gelernte Bankkauffrau.

Die Straußenfarm auf Sendung

Im Herbst kochte Familie Martin für die Fernsehsendung „Lecker auf‘s Land“ des Südwestrundfunks (SWR) ein ganzes Straußen-Menü. Die Anfrage, auf ihrem Hof einen Beitrag für die Sendung zu drehen, kam für die Martins total überraschend. Lea Martin war erst nicht so begeistert: „Ich steh‘ nicht so gern im Vordergrund. Aber dann haben wir Familienrat gehalten und entschieden, die Teilnahme für unseren Betrieb als Chance zu sehen.“ Im Sommer soll die neue Staffel der Serie ausgestrahlt werden.