Ein Leben auf zwei Rädern – nicht immer mit beiden am Boden, aber auch noch nicht völlig abgehoben: Das ist Chris Rid, Motorrad-Stuntfahrer aus Markdorf. Jedes Wochenende auf Achse – da hat er selten Zeit. Diesmal schon, und auch noch mehr, als ihm lieb ist: „Ich hab mir gerade drei Rippen gebrochen bei meinem letzten Einsatz“, sagt der 38-jährige Markdorfer, als er sich an den Tisch vor dem Eiscafé Zoldana setzt. Am Timmelsjoch sei es passiert, wo er beim Event einer großen Baumarktkette engagiert war. Das Risiko sei kalkulierbar, sagt Chris: „Ich fahre ja nicht schnell und springe auch nicht hoch.“

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Von Kindesbeinen an Leidenschaft für Zweirad-Akrobatik

Chris Rid springt nicht über Rampen und wirbelt nicht durch die Luft. Als Stunt-Fahrer bleibt er auf dem Boden, wenn auch nicht immer auf zwei Rädern. Fahren auf dem Hinterrad (so genannte „Wheelies“), Hand- und Kopfstand auf dem Tank, Rückwärtsfahrt, Burn-Outs und Donuts mit qualmendem Gummi, die so heißen, weil man mit dem durchdrehenden Reifen ein entsprechendes Muster in den Asphalt malt. Die Leidenschaft hatte er schon als Kind, übte Tricks mit dem Fahrrad und, zu deren Leidwesen, mit dem Mofa seiner älteren Schwester. Mit 15 fuhr er Motocross, baute Hindernisse auf und Rampen. Motocross-Freestyler war sein Ziel. Und alles, was zwei Räder hatte, wurde auf einem Rad bewegt, seit Rid 2007 zum Stunt umgeschwenkt war..

Ganz locker: Chris Rid beim Gespräch vor dem Eiscafé Zoldana. Er ist gerade vom Timmelsjoch zurück, wo er sich allerdings bei einem ...
Ganz locker: Chris Rid beim Gespräch vor dem Eiscafé Zoldana. Er ist gerade vom Timmelsjoch zurück, wo er sich allerdings bei einem Unfall drei Rippen gebrochen hatte. „Nicht so schlimm“, sagt er. Stunt-Rider sind hart im Nehmen. | Bild: Thomas Kapitel

Nach seiner Meisterprüfung in Ulm hatte sich Rid mit einer Kfz-Werkstatt selbstständig gemacht. „Die habe ich fünf Jahre erfolgreich geführt“, erzählt er. „Doch dann kam ich an den Scheidepunkt, wo das nicht mehr nebenher ging mit dem Stuntfahren. Jedes Wochenende unterwegs, oft von Donnerstag bis Montag, das war als Chef einer Werkstatt nicht mehr vertretbar, auch meinen Kunden gegenüber nicht. Da hätte ich nur meinen guten Namen kaputtgemacht.“

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2015 dann der Werksvertrag mit Kawasaki

Zudem war 2015 Kawasaki Deutschland auf ihn zugekommen und hatte ihm einen Vertrag angeboten. Seitdem tourt er mit seinem Wohnmobil durch Mitteleuropa, im Anhänger seine drei Stunt-Bikes. „Man verbringt schon sehr viel Zeit auf der Autobahn in diesem Business“, weiß Chris Rid: „Bis zu drei Engagements, bis zu 3000 Kilometer an einem Wochenende.“ Gebucht wird er als Show-Act vor großen Rennen, zeigt seine Stunts vor der Haupttribüne und wird vom Publikum gefeiert. Oder bei Firmenevents und großen Festen. „Ich liebe den Kontakt zum Publikum, das genieße ich jedes Mal sehr“, schwärmt der Markdorfer. Bis zu drei Auftritte hat er am Tag, danach gibt er Autogramme, beantwortet viele Fragen.

Chris Rid auf dem Nürburgring. Das Training sei gefährlicher als die Show, sagt er. Viel komme auf die Kunst des richtigen Fallens an, ...
Chris Rid auf dem Nürburgring. Das Training sei gefährlicher als die Show, sagt er. Viel komme auf die Kunst des richtigen Fallens an, sollte es einmal brenzlig werden. | Bild: Malte Dressel

Ist er daheim in Markdorf, warten die Management-Aufgaben auf ihn: „Das ist viel Büroarbeit, das sehen die wenigsten. Marketing und Buchungen, Werbematerial, Sponsoren, Verträge, Versicherungen“, zählt Rid auf. Unterstützt wird er von seiner Frau Korinna, die ebenfalls selbstständig ist und unter anderem ihr Mode-Label „Wiesnrocker“ vertreibt.

Angst? Wichtig ist die Kunst, sich richtig fallen zu lassen

Hat er Angst vor den Shows? „Angst in dem Sinne nicht, aber Respekt. Passieren kann immer was, aber wenn, dann meist im Training, wenn ich neue Stunts ausprobiere.“ Aber auch das ist Übungssache: „Die Kunst, sich richtig fallen zu lassen, übt man schon sehr früh und eigentlich ständig“, erklärt Chris Rid. „Wichtig ist dabei, dass das Motorrad in eine andere Richtung fällt als man selber. Und da man weiß, wie teuer so ein Gerät ist, braucht es anfangs schon Überwindung, das Bike im Fallen loszulassen.“

Show-Act mit Chris Rid: Der perfekte Wheely vor gebanntem Publikum.
Show-Act mit Chris Rid: Der perfekte Wheely vor gebanntem Publikum. | Bild: Malte Dressel

Wie viele Kollegen in der Showbranche spürte auch Chris Rid die Corona-Zeit sehr deutlich: „Da war bei mir Null-Komma-Null los. 2022 geht jetzt wieder gut los, aber wir sind noch längst nicht beim Niveau von 2019. Das liegt auch daran, dass Großveranstaltungen, bei denen ich auftrete, frühzeitig geplant werden müssen.“

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Die Familie ist inzwischen oft mit dabei

Wie lange er das noch machen will? „Mit 40 oder 45 ist bei den Meisten Schluss“, sagt Rid. Ans Aufhören mag er aber noch lange nicht denken. Dafür genießt er, wenn ein Engagement mal über mehrere Tage geht, dass er seine Frau und seine beiden zwei- und vierjährigen Kinder mitnehmen kann. Familienleben im Wohnmobil. „So, wie jetzt auf dem Weg zum Timmelsjoch. Da haben wir auf dem Arlberg Halt gemacht und sind gewandert. Das war wundervoll.“ Dass er sich kurz darauf drei Rippen brach, spielt heute keine Rolle mehr.