„Unser Zuhause.“ So nennt Yevgen Abakumov den 6,5 Meter langen Wohnwagen, den er mit seiner künstlerischen Partnerin Amaliia Avanesian teilt. Die Artisten bilden das Duo „Flash of Splash“: Abend für Abend begeistern der Ukrainer und die Russin die Gäste des Circus Krone mit waghalsigen Stunts – derzeit in Friedrichshafen. Wenn sie nicht gerade auftreten oder trainieren, leben sie im wenige Quadratmeter großen Gefährt. „Man gewöhnt sich daran, sich zu beschränken“, sagt Abakumov.

Die Bewohner vor ihrem Wohnwagen.
Die Bewohner vor ihrem Wohnwagen. | Bild: Benjamin Schmidt

Die meiste Zeit unterwegs

Sieben Monate im Jahr ist der berühmte Circus Krone unterwegs in Deutschland. Das bedeutet: 260 Menschen reisen umher, gut 150 Fahrzeuge sind auf der Straße. Pro Jahr legen sie etwa 3000 Kilometer zurück, fahren gut 20 Städte an – ein ordentliches Pensum. Der SÜDKURIER wollte daher von diesen Camping-Profis wissen: Welche Tipps haben sie für Wohnwagen-Liebhaber und Wohnmobilfahrer, die es in diesen Wochen auch wieder in die Bodensee-Region zieht?

Das erste, worüber Yevgen Abakumov und Amaliia Avanesian erzählen, hat nichts mit Urlaub zu tun. Vielmehr mit Politik: Yevgen, der Ukrainer, war seit Beginn dem russischen Angriffskrieg nicht mehr zuhause. Denn kehrte er zurück, würde er zum Militär eingezogen. „Dann könnte ich meine Familie nicht mehr finanziell unterstützen“, erläutert er sein Dilemma. Seine Frau und seine Tochter leben in der Ukraine. Und so hat ihn der Konflikt zum Dauercamper gemacht: Statt in den Saisonpausen nach Kiew zu fliegen, bleibt er nun entweder in München in seinem Wohnwagen oder nimmt Engagements andernorts an.

Im Camp des Circus Krone in Friedrichshafen stehen zahlreiche Wägen.
Im Camp des Circus Krone in Friedrichshafen stehen zahlreiche Wägen. | Bild: Benjamin Schmidt

Krieg kann das Vertrauen nicht zerstören

Obwohl Amaliia Avanesian Russin ist, steht die Aggression ihres Herkunftslandes nicht zwischen den beiden. Sie erklärt das so: „In der Manege vertrauen wir uns unser Leben an.“ Schon seit 2015 arbeiten die beiden zusammen, feierten 2016 sie ihre erste Premiere – lange bevor dem Krieg. Die Politik kann daher keinen Keil zwischen das Duo treiben. Und die Artistin ergänzt: „Ich verurteile das, was Putin getan hat.“

Das könnte Sie auch interessieren

Wie fühlt es sich an, das Leben im Wohnwagen? „Eigentlich ganz normal“, erzählt Yevgen Abakumov. Klar ist: Viel Platz bietet das Zuhause nicht. Es gibt eine Sitzecke, eine kleine Kochnische, ein Bett und im hinteren Teil des Wagens eine Toilette sowie eine Dusche. Amaliia Avanesian lacht: „Wenn du mal wieder in einer richtigen Wohnung bist, scheint sie so wahnsinnig groß – fast beängstigend.“

Bei Regen geht‘s ins Filmstudio

Nach der schönsten und der schlimmsten Seite des Camper-Lebens gefragt, sind sich die beiden sofort einig: das Wetter. Es sei wunderbar, bei Sonnenschein sofort draußen zu sein. Gleichwohl sei das Leben ziemlich beschränkt im Wagen, wenn es den ganzen Tag regne. Doch langweilig wird ihnen nicht: Abakumov befasst sich leidenschaftlich mit Filmkunst. Das geht so weit, dass er sich ein richtiges Studio in der Sitzecke des Wohnwagens eingerichtet hat. An vier Bildschirmen bearbeitet er dann Material: derzeit etwa einen Kurzfilm, den er mit dem Clown des Circus, Mister Lorenz, aufgenommen hat.

Yevgen Abakumov ist ein begeistert von Videografie. Im Wohnwagen hat er sich ein kleines Studio eingerichtet.
Yevgen Abakumov ist ein begeistert von Videografie. Im Wohnwagen hat er sich ein kleines Studio eingerichtet. | Bild: Benjamin Schmidt

Und auch Amaliia Avanesian hat immer gut zu tun. Zum einen sei da natürlich die Hündin Angel, um die sie sich kümmert. Haushaltsarbeit falle ebenfalls an. „Zudem besuche ich einen Online-Kurs für Permanent-Makeup.“ Und zwischen den Auftritten ruhen sich die beiden oftmals aus. Artist zu sein, ist ein körperlich sehr anstrengender Job.

Das könnte Sie auch interessieren

Tipps von den Profis

Haben Yevgen Abakumov und Amaliia Avanesian Tipps für Camper? „Klar haben wir die“, sagt Abakumov schließlich. Er achte stets darauf, dass der Wohnwagen schnellstmöglich an Strom und Wasser angeschlossen werde. „Sonst funktioniert hier nichts.“ Auch nicht die Klima-Anlage, die an heißen Tagen in einer Ecke brummt. Einen besonderen Tipp hat Avanesian: „Zum Kochen nehmen wir fast nie den Gasherd, sondern unseren Multikocher.“

Hier sind gleich mehrere Dinge zu sehen, die unerlässlich sind für die Profi-Camper: Links im Bild eine Klima-Anlage, rechts im Bild ein ...
Hier sind gleich mehrere Dinge zu sehen, die unerlässlich sind für die Profi-Camper: Links im Bild eine Klima-Anlage, rechts im Bild ein sogenannter Back-Kocher. Der bietet laut Amaliia Avanesian zahlreiche Vorteile. | Bild: Benjamin Schmidt

Mit dem elektrischen Gerät könne man backen, braten und kochen. Das biete eine ganze Reihe von Vorteilen: „Im Vergleich zum Feuer des Gasherds wärmt er den Wohnwagen nicht so auf.“ Hinzu komme, dass das Gerät stets verschlossen bleibe. „Das bedeutet, der Wagen riecht nie besonders stark nach Essen, wenn wir gekocht haben. „ Abakumov fügt an: „Und günstiger ist es auch als Gas.“ Denn das sei inzwischen ja sehr teuer – aus bekannten Gründen.

Der Circus Krone gastiert noch bis einschließlich 11. Juni in Friedrichshafen.