Das Telefon steht nicht mehr still. „Die Gelben Säcke beschäftigen uns seit dreieinhalb Wochen, obwohl wir nicht dafür zuständig sind. Wir geben täglich Beschwerden an die zuständige Firma weiter. Wir tun, was wir können. Die Abholungen können wir aber nicht nachverfolgen“, sagt Stefan Stoeßel, Amtsleiter des Abfallwirtschaftsamts.

Wer ist also für die Abholung der Gelben Säcke zuständig?

Einsammeln, sortieren und verwerten von recycelbaren Abfällen: Dafür ist das Duale System Deutschland (DSD) verantwortlich. Die Gelben Säcke im Bodenseekreis sind Teil dieses Systems. Gelbe Säcke zu entsorgen ist also keine kommunale Aufgabe. Nach Informationen des Landratsamts handelt es sich „um ein rein privatwirtschaftlich organisiertes Rücknahme- und Verwertungssystem für gebrauchte Verkaufsverpackungen.“

Händler und Hersteller, die Verpackungen in Umlauf bringen, sind gesetzlich verpflichtet, eine Lizenzgebühr zu bezahlen und sich am Dualen System zu beteiligen. Das DSD hat die Aufgabe, die Abholungen in den Landkreisen zu organisieren. Für den Bodenseekreis ist die Kölner Firma Reclay Systems beauftragt.

Zuletzt Rechtsstreit zwischen zwei Firmen

Welches Entsorgungsunternehmen vor Ort die Gelben Säcke schließlich abholt, wird von Reclay Systems als Auftrag alle drei Jahre ausgeschrieben. Zuletzt kam es zu einem Rechtsstreit zwischen der Firma Stark aus Lindau, die den Auftrag 2019 erhalten hatte, und der Firma Alba. Diese war zuvor für die Abholung zuständig. Wegen eines Formfehlers erreichte Alba, dass die erneute Ausschreibung durchgesetzt wurde. Da sie das günstigste Angebot vorlegten, holt seit Januar dieses Jahres nicht mehr die Firma Stark, sondern wieder die Firma Alba die gelben Säcke im Bodenseekreis ab.

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Warum können in Friedrichshafen Gelbe Säcke derzeit nicht fristgerecht abgeholt werden?

Dazu heißt es vonseiten der Firma Alba: „Neben dem erhöhten Abfallaufkommen aufgrund der zurückliegenden Feiertage und der Lockdown-Situation erschwert uns die winterliche Wetterlage ein zügiges Vorankommen in unseren Entsorgungstouren. Wir setzen aktuell mit erhöhtem Fahrzeug- und Personalbestand alles daran, ausgefallene Stellen nachzuentsorgen“, schreibt Susanne Jagenburg, Pressesprecherin der Alba Group, auf Anfrage. Jagenburg bittet die Häfler, ihre Gelben Säcke einen weiteren Tag stehen zu lassen, wenn diese nicht am regulären Termin abgeholt wurden.

Unter anderem wegen der Schneemassen wurden Gelbe Säcke später abgeholt.
Unter anderem wegen der Schneemassen wurden Gelbe Säcke später abgeholt. | Bild: Lena Reiner

Gibt es denn ausreichend Gelbe Säcke für jeden Häfler Haushalt?

Nicht nur mit der Abholung gibt es Probleme. Andrea Kreuzer, Pressesprecherin der Stadt Friedrichshafen, sagt: „Wir haben derzeit im Rathaus an der Information keine Gelben Säcke mehr vorrätig. Die letzten Vorräte haben wir in den vergangenen Wochen nicht mehr in ganzen Rollen, sondern einzeln ausgegeben, um mehr Bürger wenigstens einen Gelben Sack zukommen lassen zu können.“ Wann das Rathaus wieder Gelbe Säcke ausgeben kann, sei noch unklar, so Kreuzer.

„Aktuell befinden wir uns bereits in der zweiten Verteilungsrunde von Gelben Säcken an die einzelnen Ausgabestellen. Zudem werden wir in Kürze jedem Haushalt Säcke postalisch zusenden.“
Susanne Jagenburg, Pressesprecherin der Alba Group

Weshalb gibt es überhaupt Lieferschwierigkeiten?

Laut Jagenburg vom Entsorgungsunternehmen Alba komme es aufgrund des hohen Verpackungsaufkommens an Weihnachten und Silvester zu sehr hohem Verpackungsaufkommen. Durch den Lockdown sei dies noch erhöht. „Hierdurch haben wir auch eine überdurchschnittlich hohe Nachfrage nach Gelben Säcken“, so die Pressesprecherin des Abfallentsorgungsunternehmens. Konkrete Zahlen liegen dazu noch nicht vor.

Gelbe Säcke stehen am Straßenrand und warten auf die Abholung.
Gelbe Säcke stehen am Straßenrand und warten auf die Abholung. | Bild: ALBA Group

Können statt Säcke auch gelbe Tonnen bestellt werden?

Gelbe Tonnen wird es vorerst im Bodenseekreis nicht geben. Seit 2019 gibt es zwar ein neues Verpackungsgesetz, das für die Landkreise mehr Mitbestimmungsrecht vorsieht. Doch seit 2019 verhandelt der Bodenseekreis mit den Dualen Systemen, ein Mischsystem aus Gelbem Sack und Tonne einzuführen. Bisher allerdings ohne Erfolg.

Die Dualen Systeme lehnen ein Mischsystem ab. Deren Gründe seien vielfältig, berichtet Stefan Stoeßel, Amtsleiter des Abfallwirtschaftsamts. Der finanzielle Gesamtumfang sei schwer abzuschätzen, Zusatzkosten würden entstehen und es sei schwieriger zu kalkulieren, wenn es Tonnen und Säcke gibt. Es sei auch ein logistisches Problem, da ein Fahrzeug für beide Entsorgungsformen ausgestattet sein muss.

Wie geht es also mit der Einführung einer Gelben Tonne weiter?

Das Landratsamt Bodenseekreis schreibt auf seiner Internetseite: „In einem gerichtlichen Eilverfahren wurde ein Vergleich geschlossen. Dieser sieht für die Jahre 2021 und 2022 die Beibehaltung der derzeitigen Sammlung des Gelben Sacks vor, jedoch mit einem zweiwöchentlichen Abholrhythmus.“ Die nun geltende zweiwöchige Abholung sei eine erste Verbesserung. Das Ziel, ein Mischsystem aus Gelber Tonne und Sack zu erreichen, möchte die Kreisverwaltung aber weiter verfolgen und sich wenn nötig auch auf gerichtlichem Weg dafür einsetzen.

Eine Gelbe Tonne – noch gibt es sie im Bodenseekreis vorerst nicht.
Eine Gelbe Tonne – noch gibt es sie im Bodenseekreis vorerst nicht. | Bild: nemo1963 - stock.adobe.com

Wie groß ist überhaupt die Nachfrage nach Gelben Tonnen?

Der Wunsch nach einer Gelben Tonne im Bodenseekreis ist groß. „Mehr als die Hälfte der Haushalte möchte lieber eine Gelbe Tonne statt der Gel­ben Säcke“, heißt es auf der Internetseite des Landratsamts. Das habe eine repräsentative Umfrage des Abfallwirtschaftsamts im Jahr 2019 ergeben. Als Vorteile seien eine bequeme Entsorgung, saubere Straßen und eine bessere Stabilität im Vergleich zu Säcken genannt worden. Etwas weniger als ein Drittel der Teilnehmer sprach sich gegen die Tonne aus, weil der nötige Platz fehle. Daher werde ein Mischsystem vom Landratsamt als ideal angesehen.

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Wenn es schon keine Gelbe Tonne in nächster Zeit geben wird: Gibt es eine Alternative zu den dünnen, schnell reißenden gelben Säcken?

In dem Ausschreibungsverfahren, dass die Firm Alba als Entsorgungsunternehmen gewonnen hat, ist festgelegt, dass stabilere Gelbe Säcke eingesetzt werden müssen. Die Wandstärke soll statt bisher 15 Mikrometer 22 Mikrometer betragen.

Die dickeren Säcke sollten eigentlich schon im Einsatz sein. Weil aber laut Stoeßel, Amtsleiter des Abfallwirtschaftsamts, erst im Oktober vergangenen Jahres klar war, dass die Firma Alba für die Abholungen im Bodenseekreis beauftragt wird, sind die dickeren Säcke zwar schon bestellt, aber noch nicht im Umlauf. „Ende März müssen sie geliefert werden, meist aus Übersee. Das Landratsamt hat aber keinen Einfluss auf die Lieferungen“, so Stoeßel. Bis März gibt es also weiterhin nur die dünneren Säcke.