Sie klingeln, sie singen und immer wieder informieren sie die Passanten: „Wir radeln für mehr Sicherheit“ oder „wir wünschen uns sichere Schulwege für unsere Kinder.“ Am Weltkindertag radeln Eltern und Kinder am Samstag in Friedrichshafen für kindersichere Straßen durch die Innenstadt. Manche haben ihre Räder mit Fähnchen und Luftballons geschmückt. Viele fahren bunte Schilder spazieren, auf denen steht: „Kinder aufs Rad“, „Mein Schulweg gehört mir“, „Straßen sind für alle da“ oder „Ich will sicher zur Schule“. „Da sind ja viele Kinder dabei“, bemerkt eine ältere Dame in der Fußgängerzone, ein Radfahrer ruft dem bunten Zug zu: „Ich bin auch immer fürs Fahrrad!“ Selbst Autofahrer, die wegen der Demonstration warten müssen, lächeln und manche winken.

Gleich nach dem anführenden Polizeiwagen radelt – und rollert – eine Kindergruppe.
Gleich nach dem anführenden Polizeiwagen radelt – und rollert – eine Kindergruppe. | Bild: Corinna Raupach

Direkt hinter dem Polizeifahrzeug, das den Zug anführt, fährt eine reine Kindergruppe. Der neunjährige Jad und die zwölfjährige Yara sind ganz vorn dabei. „Ich fahre gern mit dem Rad allein in die Schule. Aber es wäre gut, wenn die Gehwege und die Radwege breiter wären“, sagt Jad. Yara ergänzt: „Die Radwege sind oft sehr eng. Es wäre besser, wenn da mehr Platz wäre, dass auch mal zwei nebeneinander fahren könnten. Das wäre auch sicherer.“

Mutter wünscht sich von Autofahrern mehr Geduld

Kostiantyn ist sechs Jahre alt, er radelt nicht nur mit Begeisterung, sondern singt dabei laut. „Ich bin hier, weil ich Lieder singen wollte“, sagt er. Seine Mutter Anna Muzychuk begleitet ihn, mit ihr fährt er oft mit dem Rad in den Kindergarten. „Es ist manchmal gefährlich, sogar wenn eine Mutter dabei ist. Ich wünsche mir, dass die Autofahrer vorsichtiger und aufmerksamer fahren, mehr Geduld haben“, sagt sie.

Nach ihrer Runde kommen die Demonstranten wieder am Buchhornplatz an.
Nach ihrer Runde kommen die Demonstranten wieder am Buchhornplatz an. | Bild: Corinna Raupach

Als alle nach einer großen Runde wieder am Buchhornplatz eintreffen, wendet sich Organisatorin Corinna Burger an die Teilnehmer: „Ich danke euch allen fürs Kommen und der Polizei für ihren Schutz. Leider fehlt dieser Schutz oft im Alltag unserer Kinder.“ Oft machten sich Eltern Sorgen um die Sicherheit ihrer Kinder auf dem Schulweg. Kein Elternabend vergehe ohne die Bitte, auf Elterntaxis zu verzichten. Aber: „Aus Angst vor anderen Autos bringen viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule.“

Nicht alle Teilnehmer radeln selbst.
Nicht alle Teilnehmer radeln selbst. | Bild: Corinna Raupach

Vorschläge für eine kinderfreundliche Infrastruktur

Die Alternative wäre eine kinderfreundliche Verkehrsinfrastruktur, schlägt Burger vor: breitere Radwege, bei denen Radelnde auch beim Abbiegen nicht abgedrängt werden, größere Verkehrsinseln, auf denen auch ein Fahrrad und idealerweise noch ein Anhänger Platz hat, Tempo 30 innerorts im Stadtgebiet und Schulstraßen.

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„Das bedeutet, dass es 30 Minuten vor Unterrichtsbeginn keinen motorisierten Verkehr auf den Straßen vor den Schulen gibt. Das ist ein kleines Zeitfenster am Tag und es würde so viel ausmachen“, sagt Burger. In Nordrhein-Westfalen gebe es bereits Schulstraßen und auch Baden-Württemberg habe deren Einführung jetzt per Gesetz ermöglicht.

Die Organisatorinnen Corinna Burger (links) und Christiane Schudy wünschen sich auch in Friedrichshafen Schulstraßen.
Die Organisatorinnen Corinna Burger (links) und Christiane Schudy wünschen sich auch in Friedrichshafen Schulstraßen. | Bild: Corinna Raupach

Sie sind mit der Stadt in Verhandlungen

„Das muss nicht kompliziert sein. Es könnte über Poller gelöst werden, es gibt Zäune, die auf die Straße geschoben werden können, Freiwillige oder Senioren könnten die Absicherung übernehmen“, erklärt Ko-Organisatorin Christiane Schudy. Mit der Stadt seien sie dazu bereits in Verhandlungen. Es sei schon einiges geschehen, wie beispielsweise die Fahrradstraße, aber es gebe noch viele Gefahrenstellen, wie etwa die Baustelle zur Kanalsanierung an der Paulinenstraße. „Eine kinder- und fahrradfreundliche Stadt ist sicherer, grüner und leiser, das ist für alle von Vorteil“, sagt Schudy.

Über 80 Teilnehmer sind für mehr Sicherheit unterwegs.
Über 80 Teilnehmer sind für mehr Sicherheit unterwegs. | Bild: Corinna Raupach

Mit dem Erfolg ihrer Aktion am Samstag sind Corinna Burger und Christiane Schudy zufrieden: Über 80 Teilnehmer haben sie gezählt. „Familien haben am Samstagnachmittag oft andere Pläne, Sportveranstaltungen oder Ausflüge. Umso schöner ist es, dass so viele gekommen sind“, sagt Burger.