Eins hat sich nicht geändert: Gerät jemand im oder am Wasser in Not, wird die DLRG gerufen. Die ehrenamtlichen Einsatzkräfte werden angepiepst, verlassen sofort Arbeit oder Familie und sind Minuten später am Unfallort. Was sich geändert hat: Seit März gehört zu ihrer Ausrüstung auch ein Mund-Nasenschutz, der den ganzen Einsatz über getragen werden muss.
„Seit der See wieder für Wassersport geöffnet ist, sind wir laufend in Einsätzen“
„Seit der See wieder für den Wassersport geöffnet ist, sind wir laufend in Einsätzen. Die Zahl der Einsätze hat sich im Vergleich zu den vorigen Jahren aber nicht verändert“, sagt Einsatzleiter Jens Kaboth. Gerade öffentliche Strände seien bei schönem Wetter „schon sehr voll“. Auch bei Unfällen wie dem vor wenigen Tagen in Langenargen, bei dem ein Auto im Wasser versunken ist, hilft die DLRG.
Bei den Einsätzen müssen die Helfer die Infektionsschutzregeln beachten. „Ein Abstand von eineinhalb Metern funktioniert nicht auf dem Boot, das nur zweieinhalb Meter breit ist. Und wenn wir einen Menschen aus dem Wasser retten, schon gar nicht“, sagt Kaboth.
Daher tragen die Helfer eine Mund-Nasen-Bedeckung während des gesamten Einsatzes, außer im Wasser. Wenn der zu rettende Mensch Anzeichen für eine Atemwegserkrankung zeigt, ist komplette Schutzkleidung vorgeschrieben.
„Die meisten husten oder röcheln erst mal“
Zwei Garnituren Schutzkleidung pro Fahrzeug hat der Verein, zwei weitere als Reserve. Viel sei das nicht. „Die meisten, die wir aus dem Wasser ziehen, husten oder röcheln erst mal“, sagt Kaboth.

Eine besondere Herausforderungen stellen Wiederbelebungsmaßnahmen dar. Dafür hat der Deutsche Rat für Wiederbelebung eine Handreichung herausgegeben, an die sich die DLRG hält: So sollen Ersthelfer beispielsweise zur Atemkontrolle die Brustbewegungen beobachten, statt sich dem Gesicht zu nähern.
„Beatmung ohne Ansteckungsrisiko ist möglich“
„Unsere Wagen sind mit ausreichend Beatmungsbeuteln ausgestattet, sodass eine Beatmung ohne Ansteckungsrisiko möglich ist“, sagt Kaboth. Der Beatmungsbeutel besteht aus einer Art Ballon, aus dem über eine Maske Luft in den Mund des zu beatmenden Menschen gepresst wird.
Während der Herzdruckmassage oder bei Anwendung eines Defibrillators decken die DLRG-Helfer den Mund der Betroffenen ab. „Der Mensch spuckt immer irgendwann, die kommen ja meist aus dem Wasser“, erklärt Kaboth.
Ist kein Wagen mit professioneller Ausrüstung vor Ort sollten die Ersthelfer bei Bedarf die Herzdruckmassage anwenden, die Notrufnummer 112 wählen und auf die Atemspende bei Unbekannten verzichten.

Um schon beim Ausrücken die Abstände zu wahren, hat der Verein seine Zentrale umorganisiert. Normalerweise ziehen sich die Einsatzkräfte in einem Raum im Keller um – jeder hat einen Spind von etwa 60 Zentimetern Breite zur Verfügung. Jetzt sind die Schlafräume, die sonst Besucher bei Schulungen oder Tagungen nutzen, umfunktioniert.
Auf den Betten liegt die Einsatzkleidung, jeder weiß, wo er hin muss. In den Gängen zwischen den Spinden begegnen sich höchstens zwei oder drei Rettungshelfer. „Und die sind meistens aus einem Haushalt“, sagt Vorsitzender Rudi Krafcsik. Der Verein habe genau festgelegt, wie welche Wege im Haus zurückzulegen sind.
„Maximal fünf Menschen dürfen im Hallenbad schwimmen“
Die Ausbildung der Jugend, Gruppenabende und andere Trainingseinheiten ruhen. „Es sind vier Quadratmeter Wasserfläche pro Schwimmer vorgeschrieben, maximal fünf Menschen dürfen also im Hallenbad auf einer Bahn schwimmen – wir haben zwölf Gruppen mit je 15 Schwimmern, das geht nicht“, sagt Krafcsik.
Auch Schwimmkurse, die die DLRG sonst anbietet, sind nicht möglich. „Uns brechen gerade die Einnahmen weg, wir verdienen damit einen fünfstelligen Betrag, der uns jetzt fehlt“, sagt Krafcsik. Überlegungen, das alte Rettungsschiff „Hugo Eckener“ zu ersetzen, müssen daher warten.
Das Schiff wurde im Jahr 1981 in Dienst gestellt. Der Verein hat die Pause auf dem See dafür genutzt, die „Hugo Eckener“ gründlich zu warten. Das Ruderblatt war korrodiert, die Schutzanoden zerfressen. „Wir haben das Glück, dass wir im Verein fachkundige Mitglieder und sogar Spezialisten haben, die auch bereit sind, rund um die Uhr an so einem Projekt zu arbeiten“, sagt Krafcsik.
Allerdings durften auch in der Halle nie mehr als fünf Menschen arbeiten, mit Abstand und Mundschutz. Statt der „Hugo Eckener“ tut gerade die noch ältere „Fritz Peter“ ihren Dienst, benannt nach einem der DLRG-Gründungsväter.
Um den Kontakt zur Jugend zu halten, schreibt ihnen der Verein. Zu Ostern gab es für die Zehn- bis 13-Jährigen einen Bastelbogen aus Pappe für ein Rettungsauto oder -schiff. Die Älteren bekamen ein Stück Leine mit den Anleitungen für die gängigen Segelknoten.
Training ist seit Montag wieder erlaubt
Seit Montag darf die DLRG auch das Training wieder aufnehmen – vorausgesetzt, sie hat ein ausgearbeitetes und von den Behörden genehmigtes Infektionsschutzkonzept.
Für Rudi Krafscik hat die Corona-Pandemie auch eine persönliche Folge. Er ist seit 33 Jahren im Vorstand der DLRG Bodenseekreis – und wollte im April einen Nachfolger zum Vorsitzenden wählen lassen. Da die Vollversammlung ausfallen musste, trägt er dieses Amt noch ein Jahr länger.