Zoe weiß, wovon sie spricht, wenn es um Menschen in Seenot geht. Sie selbst erlebte es mit einer Segelschülerin, als ihr Boot 2015 vor Malta in einem Sturm kenterte – im förmlich letzten Moment rettete die Besatzung eines Fischkutters ihrer beiden Leben.
Die 22-Jährige macht derzeit in Friedrichshafen eine Ausbildung zur Bootsbauerin. Im Juni 2017 entschied sich die erfahrene Seglerin, drei Wochen lang an Bord der "Iuventa" zu gehen, um für die Organisation "Jugend rettet" aus Berlin, Flüchtlinge auf dem Mittelmeer zu retten.

"Ich wollte helfen, weil dort etwas passiert, was nicht passieren darf", sagt Zoe ernst.

Zoe hat es selbst erlebt, wie Menschen aus Panik über Bord eines der überfüllten Flüchtlingsboote rutschten und vor ihren Augen ertranken, weil sie nicht schwimmen konnten. Zoe hat Menschen gesehen, die mit stumpfem Blick, fast ohne Kleidung, völlig apathisch und ohne Hoffnung auf Schlauchbooten auf dem offenen Meer trieben, weil ihnen die Motoren geklaut worden waren.
Zoe hat Frauen gesehen, deren Kinder und Ehemänner ertrunken waren. Zoe hat Tote gesehen, die im Wasser trieben. Wenn Zoe davon erzählt, hat sie einen ernsten Gesichtsausdruck, sie versucht, ihre Emotionen im Griff zu halten. "Das Schlimmste war, wenn Boote sanken.
Denn wir konnten nicht alle gleichzeitig retten. In der Dunkelheit hörte man dann nur noch ein Japsen, dann nichts mehr – nur noch gespenstische Stille", erzählt sie. Viele Kinder sind auf den völlig untauglichen Booten unterwegs, in denen eine lebensgefährliche Brühe aus Benzin, Salzwasser und Urin schwappt.
Doch Zoe kann auch gute Geschichten erzählen. Von Babys, die gerettet wurden und deren Mütter ihre Kinder wieder in die Arme nehmen konnten, von Männern, die sie aus dem Meer zog und die sie gemeinsam mit der Crew an Land bringen konnte.

"Es ist kaum in Worte zu fassen, was dort auf dem Mittelmeer vor sich geht", sagt die 22-Jährige, die nicht mit vollem Namen genannt werden will. Zu viele Hassposts hat sie schon in den sozialen Medien über sich ergehen lassen müssen, sogar Morddrohungen waren dabei. Und das, obwohl sie anderen Menschen geholfen hat. "Es geht um die Menschlichkeit, nicht mehr und nicht weniger", sagt Zoe überzeugt. Sie hatte sich eigentlich vorgenommen, nicht politisch werden zu wollen, sondern leise zu helfen.
Doch nun hat sich ihre Meinung geändert. Für sie sind Worte wie "Asyltourismus", den CSU-Ministerpräsident Markus Söder prägte, blanker Hohn. "Da kommt in mir eine unbeschreibliche Wut auf", sagt sie. Söder und Horst Seehofer sollten mal einen Besuch auf einem solchen Rettungsschiff machen, statt in ihren klimatisierten Büros zu hocken und sich populistische Phrasen auszudenken, kritisiert Zoe.
Sie will nun dafür kämpfen, dass sich etwas am derzeitigen politischen Klima in Deutschland und Europa ändert. "Ich will meine Stimme erheben und will dafür kämpfen, dass Flüchtlinge nicht weiter sinnlos im Mittelmeer sterben", so Zoe.
Gemeinsam mit anderen Mitstreitern will sie am Samstag in Friedrichshafen demonstrieren, denn "jeder Tote ist einer zu viel". Im Übrigen verweist sie auf die glasklaren Regeln des internationalen Seerechts, die eine Rettung von Menschen in Seenot vorschreibt.

Mittlerweile wurde die Iuventa, das Schiff der Hilfsorganisation "Jugend Rettet" in Lampedusa von den italienischen Behörden beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft Trapani ermittelt gegen 22 Personen, darunter auch gegen Zoe, wegen des Verdachts der Unterstützung illegaler Migration nach Italien.
Demo und Kundgebung
Am Samstag, 4. August, startet um 15.30 Uhr eine „Seebrücke“-Demonstration für die Einhaltung der Menschenrechte und des internationalen Seerechts in Friedrichshafen.
- Treffpunkt: Der Zugang zur Fußgängerzone am Buchhornplatz bzw. hinter dem Zeppelin-Museum, geben die Veranstalter an. Dort ist eine erste Kundgebung geplant.
- Route: Der Demonstrationszug geht vom Buchhornplatz über die Karlstraße. Danach geht es durch den Uferpark, an der Uferpromenade entlang bis zum Graf-Zeppelin-Haus, wo es eine zweite Kundgebung gibz. Danach geht es über die Friedrichstraße und Karlstraße zurück zum Buchhornplatz