Die Stadt Friedrichshafen wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal als Fairtrade-Town rezertifiziert. Zeit, Bilanz zu ziehen. Wie fair ist Friedrichshafen inzwischen?
Ein bundesweiter Vergleich sei grundsätzlich schwierig, da sich die Gemeinden in Größe und Einwohnerzahl stark voneinander unterscheiden, erklärt eine Pressesprecherin der Organisation Transfair, die für die Fairtrade-Town-Kampagne verantwortlich ist.
Vergleichsweise großes Engagement im Bereich der Schulen
Auf Nachfrage vergleicht sie einen der messbaren Aspekte: die Anzahl der Fairtrade-Schulen. In Köln gibt es aktuell zehn, in Stuttgart neun und in Hannover acht. In Friedrichshafen sind derzeit drei Schulen zertifiziert, drei weitere haben sich auf den Weg gemacht. „Im Vergleich zur Einwohnerzahl von Friedrichshafen mit knapp über 50 000 Einwohnern lässt sich sagen, dass Friedrichshafen sehr engagiert ist.“
Kriterien Fairtrade-Town
Schüler organisieren Pausenverkauf mit fairen Produkten
Die am längsten zertifizierte und bereits rezertifizierte Schule in der Stadt ist die Realschule St. Elisabeth. Aktuell engagieren sich 18 Schüler im Pausenverkauf fairer Produkte. Dabei sind die Klassenstufen fünf bis neun im Einsatz, erläutert Schwester Christa-Maria Günther: „Jeder kann mitmachen. Voraussetzungen sind Zuverlässigkeit und dass sie gut rechnen können.“ Zusätzlich werde das Thema Fairer Handel regelmäßig im Unterricht thematisiert.
Universität plant größere Veranstaltungen
Doch nicht nur die Schulen schließen sich der Fairtrade-Kampagne an. Vor eineinhalb Jahren hat sich auch die Zeppelin-Universität auf den Weg gemacht, ein Zeichen für den fairen Handel zu setzen. Am 14. Oktober diesen Jahres war es dann so weit: Die Hochschule darf sich seitdem Fairtrade-Universität nennen. Für die Zukunft hat das Team, das die Aktivitäten rund um den Titel koordiniert, einiges vor. So sollen auch größere Veranstaltungen stattfinden, die ein breites Publikum ansprechen sollen: „Dass Friedrichshafen bereits länger Fairtrade-Town ist, ist für uns ein Vorteil. Wir können so größere Veranstaltungen zum Thema anbieten und auch damit rechnen, dass die Stadtbevölkerung Interesse daran zeigt“, sagt Fabian Zitzmann, studentischer Vizepräsident der Zeppelin-Uni und außerdem Leiter des Zukunftsbüros.

Händlerin sieht positive Entwicklung seit Auszeichnung
Margret Halder vom örtlichen Eine-Welt-Laden räumt ein, dass die Idee „Fairtrade-Town“ anfangs eine gewisse Skepsis bei ihr hervorgerufen habe: „Ich hatte Sorge, dass das so ein Alibi-Ding wird und nur ein paar Einzelhändler irgendeinen fairen Kaffee ins Sortiment nehmen.“
Gleichzeitig habe sie gehofft, dass die Zertifizierung Einzelhändler und Gastronomen motivieren werde, sich mit fairen Produkten erstmalig oder verstärkt auseinanderzusetzen.
Rückblickend sieht sie eine positive Entwicklung, seit Friedrichshafen offiziell Fairtrade-Town geworden ist, und: „Es gibt seitdem viel mehr Möglichkeiten, das Thema einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen.“
Fairness nicht nur über Labels messbar
Peter Rothe, dessen Bioladen „Greenbox“ in der Ailinger Straße der Einzelhandelsneuzugang auf der Fairtrade-Town-Liste ist, betont: „Für mich ist Fairness in der Produktion nicht von einem Label abhängig. Das Obst beziehen wir größtenteils hier aus der Region. Erst gestern saß ich wieder den Produzenten direkt gegenüber: Ich weiß, wo und wie sie arbeiten. Fairer geht es kaum.“
Bei importierten Produkten spiele dann tatsächlich das Fairtrade-Siegel eine Rolle. Allerdings belasse er es nicht dabei: „Ich schaue mir die Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen an.“ Dort erfahre er mehr über den Umgang mit Produzenten und es gebe auch Hersteller, die ohne Fairtrade-Siegel faire Produkte herstellten.
Qualität der Produkte wichtig
Ähnlich geht auch Claudia Zillich vor, die vor gut einem Jahr das Café Karamell an der Paulinenstraße eröffnet hat: „Wenn es etwas hier vor Ort gibt, dann importiere ich es nicht nur, damit es ein Fairtrade-Siegel tragen kann. Worauf ich immer Wert lege, ist Bioqualität und dass es wirklich gute Produkte sind.“

Zucker, Bananen und auch die Baumwollschürze, die sie zum Arbeiten trägt, seien unter fairen Bedingungen produziert worden. Beeren und Äpfel kämen hingegen direkt aus der Region. Dass Friedrichshafen Fairtrade-Town ist, habe sie erst als Gastronomin erfahren und sich sehr darüber gefreut: „Das macht Mut und ich erlebe auch, dass hier ein großes Interesse an fairem Handel besteht.“
Steigende Ausgaben der Stadt im Eine-Welt-Laden
Auch in der Stadtverwaltung selbst lässt sich erkennen, dass der Titel nicht nur schöner Schein ist. Auf Anfrage des SÜDKURIER, wie viele faire Produkte denn im Rathaus und den übrigen Verwaltungsgebäuden konsumiert würden, erklärt eine Pressesprecherin der Stadt, dass sich schwer nachvollziehen lasse, wer wie viele Tassen fair gehandelten Kaffee trinke.

Was jedoch messbar sei, sei die Summe, für die die Stadt Friedrichshafen im Eine-Welt-Laden einkaufe. Diese ist laut Pressesprecherin in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich angestiegen: von 13 570,53 Euro im Jahr 2014 auf 15 016,14 Euro im Vorjahr.