Das Gewächshaus der Gärtnerei Hodapp in Frickingen sieht aus, als ob es aus der Luft massiv beschossen wurde. Fast das gesamte Glasdach ist zerbrochen. Der Innenbereich ist zu großen Teilen immer noch unbegehbar, weil dort Lebensgefahr wegen herunterstürzender Glasscheiben besteht. Es war tatsächlich ein Luftangriff, der das Dach zerstörte – allerdings ein natürlicher in Form von Hagelkörnern. In der Nacht auf Dienstag gegen 2.30 Uhr ging es los. Über der Bodensee-Region wütete ein Unwetter, in Frickingen, Heiligenberg und Teilen Überlingens kamen die Hagelkörner herunter. Sie hatten teils einen Durchmesser von mehreren Zentimetern.

Dellen an Autos, zerschlagene Pflanzen

Polizei und Feuerwehr waren nach Angaben eines Polizeisprechers in Konstanz nicht im Einsatz. Doch der Schaden ist groß. An Autos verursachten die Hagelkörner Dellen, in Gärten schlugen sie Pflanzen kaputt. Das berichteten mehrere Bürger dem SÜDKURIER.

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Seniorchef Hans-Peter Hodapp: „Seit 1965 noch nicht erlebt“

„Es hat sich im Haus angehört, als ob jemand Steine auf das Dach wirft“, erinnert sich Hans-Peter Hodapp, Seniorchef der Gärtnerei. „So etwas habe ich noch nicht erlebt, seit wir hier in Frickingen sind.“ Das ist bereits seit 1965.

Dach des Gewächshauses regelrecht durchlöchert

Schon von der Straße aus ist das Ausmaß des Schadens zu sehen. Das Glasdach des Gewächshauses ist regelrecht durchlöchert. Aus der Nähe wird das ganze Ausmaß erst richtig deutlich. Juniorchef Ingo Hodapp ist bereits mit einer speziellen Leiter auf dem Dach und löst die zerschlagenen Glasscheiben ab, denn das Gewächshaus kann immer noch nicht betreten werden. Von oben greift er auch in den Energieschirm, der die Hitze aus dem Gewächshaus hält, und in dessen Seile, wo die Glasscherben festhängen, und liest diese von Hand heraus.

Lebensgefährlich: Vom Dach des Gewächshauses fallen noch Glasscherben in den Innenbereich.
Lebensgefährlich: Vom Dach des Gewächshauses fallen noch Glasscherben in den Innenbereich. | Bild: Reiner Jäckle

Immer noch fällt Glas vom Dach ins Innere

„Immer wieder macht es einen Schlag und man hört herunterfallende Glasscheiben, die beim Aufprall zerbrechen“, erzählt Ingo Hodapp. Vom Eingang aus, der mit einer Kette gesichert ist, bietet sich ein Bild wie aus einem Horrorfilm: Eine große zerschlagene Glasscheibe hängt immer noch am Fensterrahmen. Allerdings zeigt sie mit der Spitze nach unten. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch sie runterfällt“, kommentiert der Juniorchef.

Nur kleiner Bereich des Gewächshauses wieder zugänglich

Nur ein kleiner Bereich des Gewächshauses ist inzwischen wieder zugänglich, wo die Kunden Schnittblumen holen können. Üblicher Betrieb herrscht im Folienhaus, das laut Juniorchef Hodapp ebenfalls Schaden genommen hat, und im Freilandbereich, obwohl auch dort die Blumen kaputt seien.

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Die Unwetternacht steckt der Familie immer noch in den Knochen. Hans-Peter Hodapp erzählt: „Wir sind aufgestanden, haben den Scheinwerfer angemacht und bis zu golfballgroße Hagelkörner gesehen, die das Glasdach des Gewächshauses durchschlagen haben.“

In den Anzuchtbeeten noch Einschlaglöcher zu sehen

In den Anzuchtbeeten im Freien sind die Einschlaglöcher in den verschiedenen Größen immer noch in der Erde zu erkennen. „In ein paar Minuten war alles vorbei“, erinnert sich Hans-Peter Hodapp. „Dann hat es nur noch geregnet.“ Beim Erzählen geht der Seniorchef auf seine Terrasse, von wo aus man das Dach des Gewächshauses gut sehen kann. Das Ausmaß des Hagelschlags ist immens: Nahezu jede Glasscheibe des alten Gewächshausdaches ist durchschlagen.

Der Boden im Gewächshaus gleicht einem Scherbenmeer.
Der Boden im Gewächshaus gleicht einem Scherbenmeer. | Bild: Reiner Jäckle

Erst muss das zerbrochene Glas vom Dach

Die Aufräumarbeiten sind so zeitaufwendig, dass Familie Hodapp auf den wöchentlichen Verkaufstermin auf dem Überlinger Wochenmarkt kurzerhand verzichtet. Zu sehr ist man im eigenen Betrieb beschäftigt. Mittlerweile steht ein Container bereit, der bereits halb voll mit Glasscherben ist. Der Boden im Gewächshaus ist aber immer noch übersät mit Scherben. Selbst in den Blumen steckt teilweise Glas, das vom Dach in die Pflanzen gestürzt ist. Um hier aufzuräumen, muss erst einmal das Dach abgeräumt werden.

In den Blumen, die im Gewächshaus stehen, stecken teils noch Glasscherben.
In den Blumen, die im Gewächshaus stehen, stecken teils noch Glasscherben. | Bild: Reiner Jäckle

Pflanzen im Gewächshaus hitzegeschädigt, weil nicht gegossen werden konnte

Die restlichen Beet- und Balkonpflanzen der Saison und Herbstblumen befanden sich während des Hagelschauers im Gewächshaus. Sie wurden nicht etwa durch die herabfallenden Glasscherben am meisten beschädigt, sondern erlitten in den Tagen danach einen Hitzeschaden, „weil wir nicht zum Gießen hineinkonnten“, berichtet Ingo Hodapp.

Juniorchef: „Versicherung hat sich umgehend gekümmert“

Trotz des beträchtlichen Schadens ist Familie Hodapp zuversichtlich. Das liegt auch daran, dass die Versicherung bereits alles aufgenommen hat. „Das lief wirklich unglaublich unbürokratisch“, sagt Ingo Hodapp erleichtert. „Die Gartenbauversicherung hat sich umgehend gekümmert und den Schaden aufgenommen, damit wir mit den Aufräumarbeiten beginnen konnten. Und der Glaser war auch schon da.“ Nun stehen erst einmal Aufräumarbeiten und jede Menge Glaserarbeiten an. Für die Reparatur eines Teils des Glasschadens liegt nach Angaben des Juniorchefs schon ein Angebot vor: 22 000 Euro. Wie die Schadenshöhe am restlichen Glas, dem Folienhaus, am Inventar und den Pflanzen zu beziffern ist, ist derzeit noch unklar, wie Hodapp berichtet. Kommende Woche will der Glaser mit seiner Arbeit beginnen.

Was tun bei Hagelschaden?

  • Am Haus: Für die Regulierung eines Hagelschadens an Haus, Terrassendach, Rollladen oder Ähnlichem ist die Gebäudeversicherung zuständig. Diese sollte so schnell wie möglich kontaktiert und der Schaden gemeldet werden. Außerdem sollte man alles mit Fotos dokumentieren. Der Schaden darf erst dann behoben werden, wenn die Versicherung dies bestätigt, denn bei einer gewissen Schadenshöhe muss ein Sachverständiger hinzugezogen werden. Bei einem weniger hohen Schaden reichen die Dokumentationen des Versicherungsnehmers.
  • Am Auto: Wird ein Auto durch Hagel beschädigt, ist die Teilkaskoversicherung zuständig. Auch hier sollte man den Schaden unverzüglich melden. Die Versicherung macht dann einen Termin mit einem Gutachter aus, der den Schaden aufnimmt. Der Experten kalkuliert den Schaden und erstellt ein Gutachten. Mit diesem Gutachten kann man in einer Fachwerkstatt seiner Wahl, sofern es keine Werkstattbindung gibt, den Schaden beheben lassen. Wer den Hagelschaden nicht beseitigen lassen möchte, kann sich den im Gutachten genannten Betrag von der Versicherung auszahlen lassen. Diese zieht von der Summe jedoch die Mehrwertsteuer ab. Wer ein Leasingfahrzeug hat, sollte den Schaden beim Leasinganbieter melden.