Protestkleben ist in. Und so haben sich die Stammtischler im Gasthaus Adler in Deggenhausen noch im Dezember symbolisch am Stammtisch festgeklebt. Allerdings haben sie damit nicht dagegen protestiert, dass der Adler zum Jahresende geschlossen hat, sondern ihrer Trauer Ausdruck verliehen, dass die jahrzehntelange Stammtischtradition in Deggenhausen damit zu Ende gegangen ist.
Toni Cosic sagt dazu: „Es ist wirklich sehr schade, dass der Adler schließt, denn damit geht das Miteinander verloren.“ Man hätte zusammen gelacht und auch gestritten und es fehle dann die Möglichkeit, sich austauschen zu können; auch hätte man sich oft gegenseitig geholfen. Niemand würde zehn oder 15 Kilometer zu einem Stammtisch fahren.

Immer mehr Wirtschaften machen zu
Und Walter Flohr ergänzt: „Ganz früher wurden schon mal schlagkräftige Argumente ausgetauscht, aber man hat sich auch schnell wieder vertragen.“ Der Stammtisch hätte sich gewandelt und seit Längerem gibt es auch weibliche Stammtischler. Dietmar Fox meint: „Es ist halt sehr schade. Immer mehr Wirtschaften im Tal machen zu und damit stirbt auch die Stammtischkultur aus.“ Lukas Müller hat ein Problem: „Für mich ist es besonders schwer, dass der Adler schließt, jetzt muss ich abends selber kochen. Aber im Ernst, die Atmosphäre fehlt dann.“ Die Stammtischler wollen jetzt nach Alternativen im Tal suchen und werden dann sehen, wo es ihnen gefällt.

In vierter Generation betrieben
Der Adler in Deggenhausen war seit knapp 140 Jahren in Familienbesitz und wurde zuletzt in vierte Generation betrieben. „Als wir 1980 angefangen haben, haben wir den Montagsstammtisch eingeführt, den es bis zum Schluss jeden zweiten Montag im Monat gab“, berichtet Wirt Walter Konstanzer. Zu diesem Stammtisch kamen bis zum Schluss jeweils rund zehn bis 15 treue Gäste. Auch an den anderen Tagen, außer am Ruhetag, gab es einen Stammtisch. Als der Adler vor fast 140 Jahre von der Familie Hiestand begründet wurde, gab es die Wirtschaft, eine Schmiede und eine Landwirtschaft.
Als die Wirtsleute Ursula und Walter Konstanzer die Gaststätte 1982 übernommen haben, sei das Haus bereits recht marode gewesen. Über die Jahre haben die Konstanzers das Haus nach und nach saniert. Früher sei noch gesungen worden und es hätte öfters Musik gegeben. Während es anfangs nur Vesper gegeben hätte, wurde 1989 kräftig investiert und warme Küche angeboten. „Wir hatten mit dem Adler immer ein gutes Auskommen, weil wir bodenständig geblieben sind und auch vernünftige Preise beibehalten haben“, sagt Konstanzer. Das hätte auch in Zukunft so sein können. Jedoch wäre es jetzt notwendig, kräftig zu investieren, nachdem es keine Nachfolge gebe, mache es wenig Sinn, zumal auch das Rentenalter erreicht sei.

Die Gäste werden ihm fehlen
Und wie beschreibt Walter Konstanzer seine Emotionen zur Schließung des Adlers? „Das ist der zweitminderste Tag in meinem Leben. Ich schmeiße 42 Jahre in den Eimer. Ich bedauere sehr, dass wir den Adler schließen müssen. Die Gaststätte und die Gäste werden mir sehr fehlen. Ich bin nicht der Typ, der sich abends vor den Fernseher setzt.“ Für Adler-Liebhaber gibt Konstanzer bekannt, dass es Mitte Januar einen Flohmarkt geben wird, bei dem verschiedenes Inventar aus dem Adler veräußert werden wird.