Es gibt sportliche Leistungen, die klingen unmenschlich. So auch die von Iris Ashman, die von Sonntag auf Montag in 30:17:11 Stunden von Bodman nach Bregenz geschwommen ist. Nur mit Badeanzug, Badekappe und Schwimmbrille bekleidet ist ihr das als erste Frau überhaupt gelungen. Die 60-Jährige schwamm die etwa 64 Kilometer lange Strecke am Stück, ohne Pause und ohne sich am Beiboot festzuhalten.

Iris Ashman schwimmt durch den See Video: Jäckle, Reiner

Kurz vor 12 Uhr steigt Iris Ashman am 16. Juni im Schwimmbad in Bodman ins Wasser. Den Überlinger See durchschwimmt sie in einem sehr schnellen Tempo. An der Fähre in Meersburg muss sie sogar kurz warten, bis die Schiffe vorbeigefahren sind. Dann, Stunden später, geht es in die Nacht. „Das war überhaupt kein Problem“, sagt sie im Ziel. „In der Nacht wurde es sogar warm und es lief richtig gut.“ Als es wieder hell wird, hat die Schwimmerin den größten Teil des Friedrichshafener Trichters bereits absolviert. Dann allerdings beginnt die schwierige Phase.

Im Wasser zweimal kurz eingenickt

„Ich bin im Wasser zweimal kurz eingenickt“, erzählt die 60-Jährige. „Ich habe es aber gleich gemerkt, sodass das kein Problem war.“ Alleine 30 Stunden am Stück wach zu bleiben ist schon anspruchsvoll. Dann noch die komplette Zeit zu schwimmen, ist schwer vorstellbar.

Diese illuminierten Ballons hinter dem Begleitboot helfen auf ihrem Weg von Bodman nach Bregenz in der Nacht zur Orientierung geholfen. ...
Diese illuminierten Ballons hinter dem Begleitboot helfen auf ihrem Weg von Bodman nach Bregenz in der Nacht zur Orientierung geholfen. Im Hintergrund ist Meersburg zu erkennen. | Bild: Reiner Jäckle

Iris Ashman ist Deutsche und lebt seit mehr als 20 Jahren in Northfolk in England. Dort wird sie von Sue Robinson trainiert, die sie durch den Bodensee begleitete – auf dem Begleitboot. Sie war für die Ernährung zuständig. Unterstützt wurde sie von Ashmans Bruder Markus Sommerfeld. Das Boot steuerten Patrick Boche und Thorsten Springmann von Bodensee Openwater, die für die Logistik zuständig waren. Springmann wurde vom Team um Mitternacht sogar ein Geburtstagsständchen gesungen.

Am Ziel kochten die Emotionen hoch: Iris Ashman, die in 30:17:11 Stunden gerade 64 Kilometer von Bodman nach Bregenz geschwommen ist, ...
Am Ziel kochten die Emotionen hoch: Iris Ashman, die in 30:17:11 Stunden gerade 64 Kilometer von Bodman nach Bregenz geschwommen ist, und Patrick Boche von Bodensee Openwater, der die Logistik organisiert hatte. | Bild: Reiner Jäckle

Essen gibt‘s alle 20 bis 30 Minuten

Zurück auf die Strecke: Auf dem Boot werden ständig die Bedingungen kontrolliert. Sowohl Wind als auch Strömungen und Temperaturen werden notiert. Iris Ashman isst alle 20 bis 30 Minuten. Es gibt Bananen, Kartoffelsuppe und jede Menge Energie-Gels. „Die Kunst ist es, über die gesamte Zeit genügend Energie zu haben“, erklärt Patrick Boche. „Iris ist kontinuierlich geschwommen, hat komplett durchgezogen und wenn es mal etwas schwerer ging, haben wir sie vom Beiboot immer wieder aufgebaut und motiviert.“

Zu kämpfen hat die 60-Jährige vor allem von Langenargen bis Wasserburg. Die Arme werde sichtlich schwer. Dann wird die Energiezufuhr umgestellt und Iris Ashman schafft es, ihre Technik wieder sauberer durchzuziehen. Um kurz nach 18 Uhr am Montag ist es dann so weit: Sie erreicht das Ufer in Bregenz. Das Aufstehen fällt ihr sichtlich schwer, doch sie schafft es.

Nach 30:17:11 Stunden steigt die Schwimmerin völlig erschöpft, aber überglücklich in Bregenz aus dem Wasser.
Nach 30:17:11 Stunden steigt die Schwimmerin völlig erschöpft, aber überglücklich in Bregenz aus dem Wasser. | Bild: Reiner Jäckle

Das Wasser muss sie alleine verlassen, sonst zählt der Rekordversuch nicht. Am Ufer wartet bereits einer, der ganz genau mitfühlen konnte: Marty Webster. Der Engländer aus Zürich ist extra gekommen, um Iris Ashman in Empfang zu nehmen. Er war erst vor wenigen Monaten selbst von Bregenz nach Bodman geschwommen.

Im Auf und Ab der Wellen Video: Jäckle, Reiner

Nachdem Iris Ashman wieder ein wenig Kraft gesammelt hat, sagte sie: „Es ist unglaublich. Ich kann meine Gefühle nicht beschreiben“, und hat ein Lachen im Gesicht. Ihre Hände sind völlig weiß und aufgeweicht, doch: „Natürlich bin ich überglücklich, dass ich es geschafft habe, aber auch ziemlich kaputt.“ Das Begleitteam und Trainerin Sue Robinson sind auch an Land sofort parat und kümmern sich um sie. Auf die Frage, worauf sie sich am meisten freue, sagt Iris Ashman: „Ich freue mich jetzt erst mal auf die Dusche und dann so schnell wie möglich nach Hause und ins Bett.“

Iris Ashman völlig erschöpft am Ziel in Bregenz. Erster Gratulant ist Martyn Webster, der im September 2023 von Bregenz nach Bodman ...
Iris Ashman völlig erschöpft am Ziel in Bregenz. Erster Gratulant ist Martyn Webster, der im September 2023 von Bregenz nach Bodman geschwommen ist. | Bild: Reiner Jäckle

Die Strecke sei unglaublich hart gewesen. Sie sei noch nie so lange am Stück geschwommen. Allerdings war sie auch perfekt vorbereitet, denn sie habe allein seit Januar etwa 1000 Kilometer im Wasser zurückgelegt. Diese Ausdauerhärte und vor allem die mentale Stärke habe sie dann auch bis nach Bregenz geführt. Natürlich habe es Momente gegeben, in denen sie ans Aufhören dachte, aber ihr Wille und das Begleit-Team haben sie immer weiter schwimmen lassen. „Ich bin echt an meine Grenzen gegangen“, scherzt die 60-Jährige und fügt schmunzelnd hinzu: „Ich denke, dass auch vom Alter mehr kaum noch möglich ist.“