Bereits am vergangenen Mittwoch hat Anthea Mayer für die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) am Klinikum Friedrichshafen und Tettnang Insolvenz angemeldet. Die Geschäftsführerin vom Medizin Campus Bodensee (MCB) steht seit Mai 2024 auch bei diesen beiden Tochtergesellschaften in der Verantwortung. Wie der Klinikverbund am Montag mitgeteilt hat, soll das Insolvenzverfahren „Klarheit über die wirtschaftliche Gesamtsituation“ der ambulanten Einrichtungen bringen und ein geordnetes Verfahren sicherstellen. Insolvenz muss beantragt werden, wenn ein Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig oder überschuldet ist.
Betrieb geht vorerst weiter
Der medizinische Betrieb soll in beiden Versorgungszentren vorerst ohne Einschränkungen fortgeführt werden, heißt es weiter. „Alle bereits vereinbarten Termine der ambulanten Patienten behalten ihre Gültigkeit.“ Von der Insolvenz betroffen sind rund 90 Mitarbeitende an den Standorten Friedrichshafen, Tettnang und Kressbronn. Sie wurden laut Pressemitteilung am vergangenen Freitag von der Geschäftsleitung über die aktuelle Entwicklung informiert.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten haben beide Zentren bereits seit 2021. In Friedrichshafen gab es bis zur Verschmelzung im Februar 2024 zwei Versorgungszentren. Beide Gesellschaften machten 2021 einen Verlust von zusammen knapp 200.000 Euro. Im Folgejahr wurde ein Fehlbetrag von 570.000 Euro trotz Rekordumsatz von über zwei Millionen Euro ausgewiesen, der nicht durch Eigenkapital gedeckt war.
MVZ Tettnang mit geringeren Verlusten
Das MVZ an der Klinik Tettnang wies deutlich geringere Verluste aus, für 2021 ein Minus von 35.000 Euro und für das Folgejahr ein Minus von 160.000 Euro. Für 2023 und 2024 hat der MCB noch keine Bilanzen veröffentlicht. In diesem Zeitraum stiegen die Verluste auch in den MVZs noch einmal an. Das wurde zuletzt im Oktober 2024 kommuniziert, ohne konkrete Zahlen zu nennen.
Dreht die Stadt den Geldhahn zu?
Zumindest bis dato wurden Fehlbeträge wie bei den Kliniken durch Zuschüsse des Hauptgesellschafters, der Stadt Friedrichshafen, ausgeglichen. Bedeutet der Insolvenzantrag, dass die Stadt nicht mehr in die Bresche springt, um die Liquidität der beiden MVZ sicherzustellen? Das kann die Geschäftsleitung am Montag nicht beantworten. Anthea Mayer verweist auf Nachfrage unserer Zeitung stattdessen auf eine „nicht öffentliche Betriebsinformation“, die für Dienstag geplant ist. In den nächsten Tagen werde auch die Öffentlichkeit darüber informiert.
MCB steht finanziell schlecht da
Doch schon seit Herbst 2024 ist klar, dass dem Medizin Campus Bodensee wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals steht. Für 2024 und 2025 habe der kommunale Klinikverbund einen Finanzbedarf von über 50 Millionen Euro über alle Tochtergesellschaften hinweg, wurde dem Gemeinderat Friedrichshafen in der Oktobersitzung eröffnet. Hier war die Rede von einem Verlust von 20,5 Millionen Euro, den beiden Kliniken und ihre angesiedelten Versorgungszentren 2023 eingefahren haben. Für 2024 wurde im Oktober ein Minus von rund 23 Millionen Euro genannt.
Hohe Verluste, für die die Stadt Friedrichshafen als Hauptgesellschafter des MCB geradestehen muss, aber nicht mehr kann. Der damalige Oberbürgermeister Andreas Brand forderte den Landkreis erstmals formal dazu auf, in Gespräche über eine Beteiligung einzutreten. Ohne finanzielle Hilfe komme der MCB nicht mehr über die Runden. Schon bis März 2025 wollte die Stadt weitestgehend Klarheit haben, ob der Landkreis mitzieht.
Folgen für Praxisangebot
Bei einer Insolvenz beider Versorgungszentren würde das ambulante Angebot im Bodenseekreis beträchtlich geschwächt. Die MVZs des Klinikverbunds halten Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen in den Gemeinschaftspraxen vor. Der größte Teil praktiziert im zweiten Obergeschoss des Ärztehauses beim Klinikum Friedrichshafen. Daneben gibt es eine kardiologische Zweigpraxis in der Schwabstraße. Das MVZ Tettnang ist bei der Klinik dort sowie in einer gynäkologischen Zweigpraxis in Kressbronn angesiedelt. Zum Leistungsspektrum gehören unter anderem Chirurgie, Neurologie, Orthopädie, Kindermedizin bis hin zu Schmerztherapie.
Das bevorstehende Aus der Medizinischen Versorgungszentren passt nicht zu der Strategie, die Geschäftsführung und Aufsichtsrat im Oktober 2024 kommuniziert hatten. Laut Sanierungskonzept für den MCB wollte der Klinikverbund die ambulanten Versorgungsstrukturen sogar stärken.