"Es gehören viel Mut, viel Können, aber auch viel Begeisterung dazu, um zu den Sternen zu gelangen!" Mit diesen Worten begrüßte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Freitag bei Airbus in Immenstaad die rund 150 Gäste der Feier zur Eröffnung des neuen Technologiezentrums ITC. 45 Millionen Euro hat der Luft- und Raumfahrtkonzern in seinen Satellitenstandort am Bodensee investiert. Nun hat in Immenstaad Europas modernstes Satelliten- und Raumfahrt-Technikzentrum seinen Betrieb aufgenommen.

Modernste Integrationshalle stärkt Standort Immenstaad
Herzstück des ITC (Integrated Technology Centre) ist die 2100 Quadratmeter große Integrationshalle, in der bis zu acht große Satelliten gleichzeitig gefertigt und zusammengebaut werden können. Mit weiteren 1100 Quadratmetern Integrationsflächen in den Seitenflügeln verdreifacht Airbus am See seine Reinraumflächen auf nun 4200 Quadratmeter. "Mit dieser Investition sind wir gut aufgestellt für die Serienfertigungen von Satelliten in der Zukunft", sagte Airbus-Raumfahrtchef Nicholas Chamussy. Der Konzern stärke mit der Investition seinen europaweiten Kompetenzstandort für Erdbeobachtungs- und Wissenschaftssatelliten und mache ihn fit für die Zukunft in einem immer härter werdenden Wettbewerbsumfeld, so Chamussy: "Die Raumfahrt ist ein komplexer Markt, der kommerzielle Anteil steigt unaufhörlich."
Selbst hundertstel Millimeter kleine Staubkörner haben keine Chance
Beeindruckend ist jedoch nicht nur die schiere Größe der Integrationshalle, in deren mit 18,15 Meter hohem höchstem Bereich auch das 15 Meter hohe neue Weltraumröntgenteleskop Athena integriert werden könnte, für dessen Ausschreibung durch die europäische Raumfahrtagentur ESA Airbus aktuell die Bewerbung vorbereitet. In Immenstaad hofft man auf den Zuschlag für Athena, nicht zuletzt, weil es in Europa kaum einen anderen Reinraum geben dürfte, in den das gigantische Teleskop passen würde. Athena soll gegen 2030 in den Orbit gehen.
Beeindruckend ist die Halle auch deswegen, weil sie in einem großen Teil auch die derzeit höchstmögliche Luftgüte von ISO-5 gewährleistet, ermöglicht durch ein wandhohes Filtersystem, das das gesamte Luftvolumen des Reinraums – 900 000 Kubikmeter – bis zu 60 mal pro Stunde umwälzt. Damit ist die Luft im ISO-5-Bereich um 10 000 mal reiner als etwa in einer normalen Büroumgebung. Das macht den Reinraum quasi partikelfrei im hundertstel-Millimeter-Bereich. "Ganz ohne Kehrwoche" den reinsten Raum im Schwabenland geschaffen, wie Kretschmann scherzte. Für die künftige Satellitenproduktion ist dies ein Quantensprung, vor allem für die Integration hochsensibelster Messinstrumente.

Satelliten für 1,2 Milliarden Euro sind schon im neuen Reinraum
Als "Technologie-Wunderwerk" bezeichnete Airbus-Standortleiter Dietmar Pilz am Freitag das ITC. In gerade zwei Jahren Bauzeit errichtet, hat es doch eine doppelt so lange Vorgeschichte. "Ende 2015 hatten wir eine sehr gute Auftragslage erreicht, wir hatten die Planung eines solchen Gebäudes daher schon lange vor Augen", blickte Eckard Settelmeyer, Programmleiter Satelliten in Immenstaad, zurück. Die aktuelle Auftragslage scheint die 45-Millionen-Euro-Investition durchaus zu rechtfertigen: Als Kretschmann am Freitagmittag durch die Halle geführt wurde, konnte er fünf Satelliten der Copernicus- und Earth-Care-Reihe in Augenschein nehmen, an denen dort bereits gearbeitet wird – im Gesamtauftragswert für alle beteiligten Firmen von 1,2 Milliarden Euro, wie Airbus-Sprecher Mathias Pikelj gegenüber den Journalisten sagte.

ITC sichert in Immenstaad die Arbeitsplätze der Zukunft
In Immenstaad sind die Verantwortlichen sichtlich stolz auf das ITC, sichert es in Zukunft doch wesentlich auch die Arbeitsplätze am Standort. 1100 Mitarbeiter sind aktuell im Raumfahrtbereich in Immenstaad beschäftigt, Tendenz weiterhin steigend. Der Invest sei ein "45-Millionen-Euro-Bekenntnis von Airbus für den Standort", betonte Pilz: "Er ermöglicht uns, Abläufe in einer ganz neuen Dimension zu optimieren." Von ungefähr sei die ITC-Entscheidung pro Immenstaad hingegen nicht getroffen worden. "Die komplexesten Missionen wurden immer schon am Standort Friedrichshafen realisiert", verwies Pilz auf die Kometenmission Rosetta, die kürzlich gestartete Merkurmission Bepi-Colombo oder die Mission zu den Jupitermonden "Juice", deren Satellitenplattform im Sommer in Immenstaad zur Integration eintreffen wird.

