Die Kulturfreunde scheinen mit Reinhard Weigelts Kleinkunstfestival etwas vermisst zu haben. Lange vor Vorstellungsbeginn trudelten am Donnerstagabend die ersten Gäste am Salem College in Härlen ein, und eine halbe Stunde später drängte es sie bereits in den Saal, um vom schwäbischen Witz bei „Dui do on de Sell“ nichts zu verpassen. Die da, Petra Binder, und die andere, Doris Reichenauer, oder umgekehrt, stehen seit mehr als 20 Jahren gemeinsam auf der Bühne und sind bekannt aus Funk und Fernsehen, wie es so schön heißt. Gemessen an den Reaktionen und am Beifall erfüllten sie die in sie gesetzten Erwartungen.

Weigelt enttäuscht von der Stadt
Die Aula war nahezu voll und Veranstalter Weigelt konnte mit dem Auftakt seines Festivals, bei dem am Samstagabend Stephan Sulke gastiert, zufrieden sein. Gar nicht zufrieden zeigte er sich dagegen mit der Unterstützung durch die Stadt und nahm bei seiner Begrüßung kein Blatt vor den Mund. Es sei seit 1995 bereits die 24. Auflage seines Kleinkunstfestivals, das einst als städtische Reihe im Badgarten unter freiem Himmel begonnen hatte. Seit 20 Jahren organisiere er die Veranstaltung auf eigenes Risiko.
Im Regen stehen gelassen fühlte sich Weigelt nach vierjähriger Zwangspause daher, als die Stadt die Verlängerung einer Genehmigung für Veranstaltungen in der Tennishalle in Altbirnau verweigerte, auf die er gesetzt hatte. Auf Nachfrage des SÜDKURIER bei Oberbürgermeister Jan Zeitler vor einigen Wochen hatte dieser zum einen auf die Privatheit des Gesprächs mit Weigelt verwiesen. Zum anderem auf die Prüfung der Genehmigung durch seine Verwaltung und mögliche Sicherheitsbedenken.
Dank an Schule Schloss Salem
Private Initiativen würden von der Stadt nicht unterstützt, folgerte Weigelt, und: „Kultur hat hier einen schweren Stand.“ Dankbar sei er der Schule Schloss Salem und deren Geschäftsführung, dass sie sein Festival in der Aula ermöglicht hätten. Auch neue Sponsoren habe er erst ausfindig machen müssen, die alten, die mit der Stadt in Verbindung stehen, seien abgesprungen.

Ihr Schwäbisch wird auch in Südbaden verstanden
Der Ärger war fast verflogen, als Petra und Doris die ersten Minuten auf der Bühne gestanden hatten und spürten, dass ihr ländliches Schwäbisch auch im Süden Badens verstanden wird. Als Running Gag arbeitete sich Petra an einer Grußkarte zum 60. Geburtstag des Gatten ab. „Lieber Gerhard...“ begannen ihre wiederkehrenden Versuche, etwas Kluges zu reimen, das in einer Katastrophe endet. Doris ließ das Publikum an Figurproblemen teilhaben und an den Versuchen, sie durch stete Bewegung in der Griff zu bekommen. Mit dem ernüchternden Fazit: „Abnehmen geht auf Dauer nicht. Das beweist schon der Mond.“
Gelungene Wortspiele und Pointen zum Mitdenken
Es sind banale Alltagssituationen, aus denen die beiden Frauen ihren Witz saugen. Gelungene Wortspiele, schwäbische Sprachakrobatik und Pointen zum Mitdenken, die auch mal unerwartete Wendungen nahmen. „Ich hatte doch hier eine Tafel Schokolade hingelegt“, sagte Doris: „Hast du die irgendwo gesehen?“ Petra schnell: „Nur ganz kurz.“
Dass die Pandemie teilweise unerquickliche Folgen hatte, illustrierten die beiden auch. „Unser Briefträger ist jetzt im Homeoffice. Er liest unsere Post. Wenn etwas Wichtiges dabei ist, ruft er an.“ Den Vater lassen sie eine SMS an seine Kinder auf der Schreibmaschine tippen, um nach der Zugabe zumindest noch schnell ein Selfie vor dem Publikum in der Aula zu machen.