Carlos Goeschel will es wissen. „Zeig uns deine Ideen für ein besseres Überlingen für Jugendliche“, steht auf dem Flyer, mit dem der Streetworker für sein jüngstes Projekt wirbt. Dabei können sich 12- bis 26-Jährige in mehreren Stufen beteiligen und ihre Sicht auf die Heimatstadt einbringen. Mit dem Titel „Überlingen – Meine Hood“ ist die Aktion überschrieben.
Der erste Schritt ist ein Fotowettbewerb, bei dem junge Menschen dazu aufgerufen sind, die Plätze zu fotografieren, an denen sie sich gerne aufhalten würden – und die Veränderungen vertragen könnten. „Jugendliche melden mir oft zurück, dass sie keinen Platz in der Stadt haben, an dem sie sich wohlfühlen“, erläutert Carlos Goeschel bei der Vorstellung des Projekts.
Bei der zweiten Stufe der Aktion sind Ideen gefragt. Die auf Instagram veröffentlichten und mit den meisten Likes versehenen Fotos werden zur Basis von Veränderungsvorschlägen. In der Freien Kunstakademie am Mantelhafen können Jugendliche an drei Sonntagnachmittagen Vorschläge entwickeln, wie die Plätze verändert werden könnten.
Als Unterstützer dabei hat Carlos Goeschel neben Diana Lukas, Dozentin und Geschäftsführerin der Freien Kunstakademie, noch Bettina und Herbert Dreiseitl ins Boot geholt. Die beiden Landschaftsplaner haben schon mehrere derartige Projekte, zum Beispiel in Wien, durchgeführt. „Es ist so erfrischend für eine Stadt, wenn Jugendliche ihre Ideen einbringen können. Sie fühlen sich wertgeschätzt“, berichtet Bettina Dreiseitl. Wie die Jugendlichen ihre Ideen visualisieren, soll ihnen überlassen werden. Möglich sind Übermalungen von projizierten Fotos auf Leinwänden, Collagen oder dreidimensionale Modelle aus unterschiedlichen Materialien. Bettina Dreiseitl will den Jugendlichen Beispiele von anderen Projekten zeigen, um ihnen Anhaltspunkte zu geben, was möglich ist. „Wir sehen, worauf sie Lust haben“, sagt Dozent Lukas Müller.
Als drittes Level des Projekts ist ein Aktionstag im April geplant. „Dann sollen die von den Jugendlichen ausgewählten Plätze in Überlingen für einen Tag kreativ umgestaltet werden und Anlass bieten, um ins Gespräch zu kommen“, erläutert Carlos Goeschel. Die kreativen Veränderungen sind zwar erst einmal nur für einen Tag als Denkanstoß gedacht, könnten aber auch länger Bestand haben. „Einige Dinge kann man vielleicht temporär umsetzen“, bringt Bettina Dreiseitl ein. So könnten im Gespräch mit der Nachbarschaft eventuell Treffpunkte für alle Generationen entstehen.
Entwicklung modellhafter Formate
Langfristig angelegt sei auf jeden Fall die Projektidee, so Carlos Goeschel. „Das ist ein Dialogprojekt – was wollen Jugendliche, die Anwohner und die Stadt“. Finanziell unterstützt wird das Projekt unter anderem vom Jugendfonds „Demokratie leben!“ des Bundes und der Baden-Württemberg Stiftung. Beide Institutionen fördern die Beteiligung junger Menschen sowie die Entwicklung modellhafter Formate.
Bei seinen Gesprächen mit der Zielgruppe und der Vorstellung des Projekts sei er nicht selten auf ungläubiges Staunen gestoßen, berichtet der Streetworker. „Für viele ist es erst einmal ungewohnt, dass das explizit für Jugendliche ist und sie gefragt werden“, berichtet er. Gleichzeitig kämen sehr positive Reaktionen: „So frische tolle Ideen!“, freut sich Goeschel. „Der Jugendgemeinderat ist ein Gremium, das nicht für jeden die richtige Beteiligungsform ist“, fügt Bettina Dreiseitl an. Man brauche mehrere Formate, um mehr Jugendliche einbeziehen zu können.
Unterstützung aus Politik und Verwaltung
Nicht zuletzt für den Aktionstag im Frühjahr 2023 benötigt das Projekt auch Unterstützung aus Politik und Verwaltung. So wird eine Vertreterin der Jugendsozialarbeit der Stadt bei der Vorbereitung eingebunden werden. Im Dezember stellt Carlos Goeschel dann im Ausschuss Bildung, Jugend und Sport das Projekt vor.
Jetzt ist aber erst einmal der Nachwuchs und seine Ideen für Überlingen gefragt. „Auch die Stadt kann von den Jugendlichen lernen!“, ist Carlos Goeschel überzeugt.
Überlingen meine Hood
Das Projekt „Überlingen Meine Hood – Du veränderst Überlingen“ der Mobilen Jugendarbeit ist mit einem Foto-Wettbewerb gestartet. Bis Ende November sind Jugendliche zwischen 12 und 26 Jahre aufgerufen, ihre Fotos von Plätzen in Überlingen bei Instagram einzustellen, die sie gerne verändern wollen.
Danach können Jugendliche in der Freien Akademie mit fachlicher Unterstützung Ideen entwickeln, wie die Plätze umgestaltet oder aufgewertet werden könnten. Den Abschluss markiert ein Aktionstag im April 2023 an den ausgewählten Orten.
Carlos Goeschel und seine Kollegin Adriana Talic sind Mitarbeiter der Linzgau Kinder und Jugendhilfe e.V., die im Auftrag der Stadt Überlingen die Mobile Jugendarbeit betreibt.
Alle Infos und zu dem Projekt gibt es auf Instagram unter mja_ueberlingen. Kontakt: Carlos Goeschel, E-Mail: c.goeschel@linzgau-kjh.de, Telefon 0152 22537405.