Für einen Tag werden zwei Plätze in Überlingen ein neues Gesicht bekommen. Beim Aktionstag von „Überlingen meine Hood“ gestaltet Carlos Goeschel zusammen mit Jugendlichen Orte ihrer Wahl zu Wohlfühlbereichen für ihre Generation. Wie dieser dritte und letzte Teil des Projekts geplant ist, stellt der Streetworker jüngst im Ausschuss Bildung, Kultur und Soziales vor.

„Es geht um Demokratieförderung und darum, die Jugendlichen mehr zu beteiligen und für die Stadt zu interessieren“, beginnt Goeschel den Vortrag. Er ruft noch einmal die Genese von „Überlingen meine Hood“ in Erinnerung. Das unter anderem vom Bundesprogramm „Demokratie leben“ und der Stiftung Baden-Württemberg geförderte Programm startete im November.

Carlos Goeschel
Carlos Goeschel | Bild: Carlos Goeschel
„Es geht um Demokratieförderung und darum, die Jugendlichen mehr zu beteiligen und für die Stadt zu interessieren.“
Carlos Goeschel, Streetworker in Überlingen

Wichtigster Wunsch ist überdachte Behausung

Jugendliche fotografierten Plätze in der Stadt, an denen sie sich gerne aufhalten. Der nächste Schritt fand in der Freien Kunstakademie Überlingen statt, wo Jungen und Mädchen an drei Sonntagen anhand der Fotos großformatige Entwürfe für mögliche Umgestaltungen anfertigten. Die bunten, fantasievollen Bilder haben alle etwas gemeinsam: Die Teenager wünschen sich ein Haus oder eine Hütte, zumindest einen Unterstand, wo sie für sich sein können.

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Aktion soll auf Bedürfnisse aufmerksam machen

„Level 3“, wie Carlos Goeschel es nennt, wird ein Aktionstag. Am Samstag, den 15. Juli, sollen zwei Plätze für einen Tag umgestaltet werden. „Dort wollen wir mit den Anwohnern ins Gespräch kommen und auf die Bedürfnisse der Jugendlichen aufmerksam machen“, so Goeschel. Er sieht die Aktion als präventive Maßnahme mit mehr nachbarschaftlichem Austausch und im besten Fall weniger Anrufen bei der Polizei. Das Projekt liefere Jugendlichen, die gerade ihren Platz in der Gesellschaft suchen, die Gelegenheit, sich in sinnvollem Kontext einzubringen und ihre Anliegen zu vertreten.

Der Platz neben dem Rosenobelturm unweit des Bahnhofs ist selten belebt. Das möchten Jugendliche aus Überlingen gerne ändern und dort ...
Der Platz neben dem Rosenobelturm unweit des Bahnhofs ist selten belebt. Das möchten Jugendliche aus Überlingen gerne ändern und dort einen Zufluchtsort errichten. | Bild: Sabine Busse

Startpunkt des Aktionstages soll die Zimmerwiese sein. Dort wollen die Initiatoren das „Mobile Wohnzimmer“ als zentralen Anlauf- und Informationspunkt parken. Der Anhänger fungierte früher als fahrbare Fahrradwerkstatt und wandelt sich gerade in Eigenarbeit zum Aufenthaltsraum auf Rädern. Von dort aus sind es nur einige Schritte bis zum kleinen, recht abgelegenen Spielplatz unterhalb des Rosenobelturms. Ein Zelt soll dort stellvertretend für das kleine Haus, das sich die Jugendlichen wünschen, aufgestellt werden. Dazu eine Graffiti-Wand für kreative Aktionen.

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Diesen Entwurf für das Areal beim Bahnhof fertigten Jugendliche bei den Workshops in der Freien Kunstakademie an.
Diesen Entwurf für das Areal beim Bahnhof fertigten Jugendliche bei den Workshops in der Freien Kunstakademie an. | Bild: Sabine Busse

Spielplatz soll beim Aktionstag jugendgerecht sein

Auch der zweite Ort ist ein Spielplatz. Er befindet sich an der Grabenstraße und ist ebenfalls etwas abseits gelegen. Hier wollen sie den Spielbereich für Kinder abtrennen und den oberen für Jugendliche gestalten. Ein Sonnensegel, Tische mit Malutensilien sowie eine Chill-Ecke mit Sitzgelegenheiten werden den Bereich jugendgerecht machen.

Der Spielplatz an der Grabenstraße hat zwei Bereiche. Im oberen halten sich gerne Jugendliche auf und würden sich über entsprechende ...
Der Spielplatz an der Grabenstraße hat zwei Bereiche. Im oberen halten sich gerne Jugendliche auf und würden sich über entsprechende Möblierung freuen. | Bild: Sabine Busse

„Wir wollen uns nicht platzieren, sondern ins Gespräch kommen“, betont Carlos Goeschel. Der Ausklang des Aktionstages ist dann am Abend auf dem Grillplatz neben dem Jugendcafé geplant. „Die gesellschaftliche Vision hinter der Aktion ist es, die Jugendlichen mehr zu beteiligen“, sagt der Streetworker und ergänzt, dass dies durchaus wiederholt und künftig zum Tag der Jugend werden könnte.

So wünschen sich die Jugendlichen die Umgestaltung des Spielplatzes an der Grabenstraße.
So wünschen sich die Jugendlichen die Umgestaltung des Spielplatzes an der Grabenstraße. | Bild: Sabine Busse

„Da sind einige Plätze bei, die ich nicht erwartet hätte“, gibt Jan Zeitler nach der Vorstellung der Pläne zu. „Das Projekt ist spannend, weil es Freiraum bietet, etwas Neues auszuprobieren. Vielleicht könnte ja tatsächlich etwas Dauerhaftes daraus werden“, so der Oberbürgermeister weiter.

Kinderspielplatz mit Ort für die Jugend mischen?

Stadträtin Bettina Dreiseitl-Wanschura (LBU/Grüne) lobt die Team-Arbeit und findet den Jugendtag eine tolle Idee. Dazu regt sie an, den Jugendgemeinderat einzubeziehen. Günter Hornstein (CDU) nennt das Projekt „eine gute Sache“, warnt aber davor, den Kinderspielplatz mit einem Ort für Jugendliche zu mischen. „Das kann man einen Tag versuchen, das ist aber grundsätzlich kritisch.“

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Ulrich Krezdorn (CDU) erkundigt sich, wie die Anwohner einbezogen werden sollen. „Ich will von Tür zu Tür gehen und die Menschen persönlich einladen“, antwortet Carlos Goeschel.

Dauerhafte Einrichtungen müssten die Jugendlichen selber pflegen

Einen Schritt weiter denkt Ralf Mittelmeier (FWV/ÜfA) und fragt, wie solche Einrichtungen, falls sie dauerhaft installiert werden sollten, gepflegt würden. „Darum sollen sich die Jugendlichen selber kümmern“, antwortet Jan Zeitler. Das sieht Carlos Goeschel genauso: „Ich will die Jugendlichen in die Verantwortung nehmen, sie sollen sich selber organisieren. Das ist auch ein Lernprozess, bei dem sie Selbstverantwortung lernen.“

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