Der dritte Jugendgemeinderat wird in diesem Jahr gewählt. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Julia Sonntag: Ich persönlich bin besonders stolz auf das Skatepark-Festival. Das war von Anfang an mein Projekt. So ein Festival stellt man nicht von einem auf den anderen Tag auf die Beine. Ich bin froh, dass Vanessa Schnell mit eingestiegen ist, hätte mir aber intern vom Gremium schon mehr Motivation gewünscht.

Bei elf Personen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Interessen sowie von verschiedenen Schulen ist es schwierig, alles unter einen Hut zu bringen. Wenn einer für etwas brennt, die anderen aber andere Sachen im Kopf haben, dann ist es schwierig. Corona hat uns alle etwas aus der Bahn geworfen, schulisch mussten wir uns neu erfinden. Wenn wir mehr gemeinsame Zeit gehabt hätten, dann hätten wir auch mehr auf die Beine stellen können, zum Beispiel Partys.

Wir hatten lange keine Sitzung mehr, wo wir vollständig waren. Ich war zum Beispiel im Abi, das ist dann einfach schwierig. Ich wünsche mir, dass sich für den neuen Jugendgemeinderat viele aufstellen lassen, dass es wieder so bunt wird. Wir haben vorgearbeitet. Ich hoffe, dass kein Lockdown mehr kommt und der neue Rat zwei Jahre in Präsenz arbeiten kann.

Wo konnten Sie Einfluss ausüben?

Sonntag: Bei der Thematik Bebauung des Umfelds am ZOB waren wir in der Vorphase vor der eigentlichen Bürgerbeteiligung dabei. Letztes Thema war der Schulentwicklungsplan. Realschüler kamen auf uns zu, ob wir unterstützen können, als Sprachrohr zwischen Schule und Stadt. Dabei hat das Jugendforum geholfen. Dieses Event ist hervorragend, um Brücken zwischen Jugend und Stadt zu fördern. Eigentlich sollte jedes Jahr eines stattfinden.

Die Gesprächspartner

Wir haben einen gewählten Jugendgemeinderat. Ist dann ein Jugendforum nicht überflüssig?

Sonntag: Nein, ich fand es beim letzten Mal sehr wertvoll. Erstmals waren Schüler der Franz-Sales-Wocheler-Schule dabei. Lauter Jugendliche mit guten Ideen. Alle wünschen sich Partys, das erklärt sich von selbst. Aber auch andere Themen kamen auf, auf die wir elf Köpfe nicht gekommen wären. Es ist einfacher, mit Themen an die Stadt heranzutreten, wenn von zehn Gruppen beim Jugendforum neun das Thema dick und fett aufgeschrieben haben.

Herr Zeitler, der Jugendgemeinderat war immer Ihr Thema. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis bisher?

Jan Zeitler: „Es ist in den Köpfen der Gemeinderäte angekommen, dass wir Jugendinteressen haben, die aktiv vorgestellt und dann ...
Jan Zeitler: „Es ist in den Köpfen der Gemeinderäte angekommen, dass wir Jugendinteressen haben, die aktiv vorgestellt und dann auch umgesetzt werden.“ | Bild: Stefan Hilser

Jan Zeitler: Ich bin sehr zufrieden. Die Kombination aus Jugendforum und Jugendgemeinderat ist für mich die ideale Beteiligungsform. Vieles, was in der Stadt entsteht, ist durch Einflussnahme des Jugendgemeinderats entstanden. Andere Dinge haben eine Beschleunigung erfahren, weil die Interessensbekundung der Jugendlichen dauerhaft installiert wurde. Beim Projekt Skatepark-Festival gab es keine Diskussion, dass so etwas stattfinden muss. Es ist in den Köpfen der Gemeinderäte angekommen, dass wir Jugendinteressen haben, die aktiv vorgestellt und dann auch umgesetzt werden. Ohne den Jugendgemeinderat wäre vieles nicht in dieser Form möglich.

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Gibt es Verbesserungsvorschläge? Man hat das Gefühl, das letzte Gremium kam seit der Wahl nicht so richtig in den Tritt.

Sonntag: Man kann online einfach nicht so richtig arbeiten.

Zeitler: Ich will die Latte nicht zu hoch legen. Jeder Jugendgemeinderat hat eine Gründungsphase. Es wurde nie diskutiert, ob wir das Gremium brauchen. Es wird weiterleben. Mir gefällt der Spirit unter den Räten. Meine Hoffnung ist es, dass wir so junge Leute für kommunale Gremienarbeit begeistern. Ich bin überzeugt, Frau Sonntag wird irgendwann im Gemeinderat sitzen.

Carlos Goeschel: Bei der Beteiligung der Jugendlichen, mit denen wir in Kontakt stehen, gibt es noch Luft nach oben. Jugendgemeinderat und Jugendforum sind für sie sehr fern. Unsere Ansprechpartner sind keine Klassensprecher. Aber sie haben auch etwas zu sagen, und zwar sehr fundiert. Bei der U-18-Wahl war ich mit einem Jugendgemeinderat mit der Rikscha am Bahnhof und wir haben diskutiert: Die Jugendlichen dort haben was zu sagen! Aber sie haben das Gefühl, keiner interessiert sich für sie. Wir sollten uns fragen, wie bekommen wir eine Verbindung hin. Vielleicht könnte man das Jugendforum öffnen und nicht nur Klassensprecher einladen. Oder Leute vom Jugendgemeinderat kommen mal mit uns Streetworkern mit.

Carlos Goeschel: „Die Jugendlichen dort (am Bahnhof, die Redaktion) haben was zu sagen! Aber sie haben das Gefühl, keiner ...
Carlos Goeschel: „Die Jugendlichen dort (am Bahnhof, die Redaktion) haben was zu sagen! Aber sie haben das Gefühl, keiner interessiert sich für sie. Wir sollten uns fragen, wie bekommen wir eine Verbindung hin.“ | Bild: Stefan Hilser

Sonntag: Das liegt uns am Herzen. Wir sollten nicht nur auf die Jugendlichen zugehen, die hier in den Schulen in bestimmten Rollen sind. Wir wollen gern mit den Streetworkern mitgehen und fragen, wofür interessiert ihr euch, was sind eure Anliegen. Ich bin sicher, dass sie Themen nennen, die von uns nicht erkannt werden.

Zeitler: Es wäre interessant, wenn Sie jemanden kennen, der sich eignen und für den nächsten Jugendgemeinderat kandidieren würde. Damit hätte derjenige einen ganz kurzen Draht zu mir als OB.

Sonntag: Wir können anbieten, sie zu begleiten, wenn bei jemanden noch der Mut fehlt.

Goeschel: Politische Prozesse sind sehr langsam, das ist eigentlich nicht jugendgerecht. Gäbe es Wege, dass bestimmte Verfahren schneller gemacht werden können, dass die Jugendlichen die Erfolge noch in ihrer Legislaturperiode erleben?

Sonntag: Ja, das ist schon frustrierend, wenn man realisiert, dass alles kompliziert ist und lange braucht. Das Festival brauchte vier Jahre. Wenn es dann passiert, ist es schon cool!

Zeitler: Auch da gibt es Möglichkeiten. Wenn man ein Budget für schnelle Aktionen, vielleicht 10.000 Euro für konkrete Projekte, braucht, die als kleinere Erfolge schnell umgesetzt werden können, dann kann sich der Gemeinderat in der Haushaltsberatung damit auseinandersetzen.

Sonntag: Diese zwei Jahre sind eigentlich ein Witz. Auf der anderen Seite ist bei Jugendlichen alles sehr wechselhaft. Ich wusste vor zwei Jahren noch nicht, was ich später mache und wo ich sein werde. Ich hoffe, dass wieder Jugendgemeinderäte aus dem aktuellen Gremium ins neue mitgehen. Ich bleibe auf jeden Fall am See, Vanessa Schnell auch. Wir würden beim neuen Jugendgemeinderat unterstützend wirken.