Abdalhafez Naraj fährt. Das ist keine Selbstverständlichkeit an diesem Montag, schließlich ist er Busfahrer. Denn viele seiner Berufskollegen sind im Streik. Naraj aber ist beim privaten Busunternehmen Wegis angestellt, dessen Busse ganz normal auf Strecke sind. Er war auf mehreren Linien rund um Überlingen unterwegs, um Berufspendler und Schüler zu transportieren. Erstaunlicherweise sei sein Bus, unter anderem auf der Linie zwischen Uhldingen-Mühlhofen und Überlingen, leerer gewesen als an anderen Tagen. „Die Leute dachten vielleicht, wir fahren nicht.“

Busunternehmer rät zu Coolness
Dieter Zlamberger arbeitet als Busfahrer beim privaten Busunternehmen Morath. Sein Chef habe ihn darauf eingestellt, dass in den verbliebenen Bussen Gedränge herrschen könne. „Cool bleiben“, so habe der Tipp des Chefs gelautet. Zlamberger wirkt so, als bringe ihn auch sonst nicht so schnell etwas aus der Ruhe. Nach seiner Beobachtung richteten sich viele Fahrgäste auf den potenziellen Chaos-Montag ein und organisierten sich anderweitig. Wenn er dürfte, würde auch er für bessere Löhne streiken, beziehungsweise mit den Kollegen im Ausstand Solidarität zeigen. In den privaten Unternehmen seien sie aber nicht gewerkschaftlich organisiert.

Ingenieurin muss dringend nach Erlangen
Isabel Nieto sitzt mit Koffer am Busbahnhof in Überlingen. Die Ingenieurin der Medizintechnik muss zur Arbeit nach Erlangen, in ihrer Firma stünden zwei, drei wichtige Besprechungen in Präsenz an. „Da sollte ich dabei sein“, sagte sie. Eigentlich wäre sie mit dem Zug gefahren, doch habe sie am Samstag vom Streik erfahren, dann vergeblich in Überlingen bei der Autovermietung nach einem Auto gefragt, in Friedrichshafen bei Sixt ein Auto geordert – aber nun fährt offensichtlich auch der Bus nicht, der sie nach Friedrichshafen bringen sollte. Mit Blick in ihr Handy versucht Nieto, nach einer irgendwie gearteten Lösung zu suchen.
Ghanen Abdulkarim wohnt in Überlingen und arbeitet im Optikhaus Hammer in Markdorf. Laut seiner Bahn-App hätte sein Bus um 7.40 Uhr fahren sollen, da kam aber keiner, weshalb er gerade versucht, eine Mitfahrgelegenheit mit dem Auto zu organisieren. Sonst fährt er mit dem Zug zur Arbeit, aber auch da sei er Kummer gewohnt. „Ein Mal pro Woche kommt der Zug entweder zu spät oder er fällt ganz aus.“ Sein Arbeitgeber sei kulant, wenn Verspätungen einmal pro Woche vorkommen. Ein Dauerzustand könne das aber nicht sein, weshalb er gerne nach Markdorf umziehen würde. Er suche seit einem Jahr eine Wohnung. Vergeblich. „Momentan ist alles ein bisschen schwierig“, sagt Abdulkarim.

So ist die Situation an den Schulen
Im Schulbusverkehr von und nach Überlingen sind viele private Unternehmen tätig. Das entspannte die Lage. Wie eine stichprobenartige Befragung zweier Schulen ergab, wussten sich die allermeisten Schülerinnen und Schüler zu organisieren. Katharina Klotz berichtete für die Gemeinschaftsschule Salem, dass von den 420 Schülerinnen und Schülern „nur eine Hand voll“ am Montagmorgen angerufen und mitgeteilt hätten, dass sie keine Möglichkeit sähen, zur Schule zu kommen. Klotz ist als FSJ-lerin an der Schule beschäftigt. Nach ihrer Beobachtung kamen viele zu Fuß, mit dem Rad, oder mit dem Elterntaxi. Chaos rund Rund um die Schule sei ausgeblieben. Das konnte so auch rund ums Schulzentrum in Überlingen beobachtet werden. Wie Emily Lissner, Schulsekretärin am städtischen Gymnasium sagte, hätten sie im Vorfeld gedacht, „dass viel mehr daheim bleiben“, tatsächlich aber, „haben die meisten dann doch irgendwie einen Weg gefunden“.
