Der Verein Lesezeichen fördert seit Jahren die Leselust von Kindern und Jugendlichen. Unterstützung bekommen sie dabei seit Neuestem von einem Trend aus den Sozialen Medien. Bei „BookTok“ stellen junge Leser in kurzen Videos ihre Lieblingsbücher vor, was einen regelrechten Boom ausgelöst hat. Raela Petrea, Schülerin an der Wiestorschule, hatte die Idee, das Format für die Lange Nacht der Bücher zu adaptieren und eine Art Wettbewerb, ähnlich wie beim Poetry Slam, zu veranstalten. Lesezeichen fungiert als Ausrichter, Veranstaltungsort ist die Stadtbücherei, wo es bereits ein BookTok-Regal mit den Bestsellern zum Ausleihen gibt. Für „My BookTok on Stage“ meldeten sich neun Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren an.
Die nach eigenen Aussagen schon seit frühesten Kindertagen lesebegeisterte Raela Petrea und Simeon Blaesi, Schatzmeister beim Lesezeichen, übernehmen die Moderation. Die Zuschauerränge sind gut gefüllt, die letzte Reihe vor allem mit den Wettbewerbsteilnehmern. Alle sind gespannt, was sie hier heute erwartet. Links und rechts von der Bühne stehen zwei Tische, an einem sitzen drei Jugendliche, gegenüber drei Erwachsene. Sie stellen zusammen die Jury und geben ihre Wertung für jeden Beitrag ab.
Die neun Jugendlichen haben jeweils fünf Minuten Zeit, ihr Lieblingsbuch zu präsentieren und die Jury zu überzeugen. Zwei Jugendlichen gelingt das so gut, dass sie zum Schluss beide den ersten Preis bekommen. Eine davon ist Berre Güven. Sie beginnt ihren Beitrag mit einer kurzen Vorstellung. Die 16-jährige Wiestorschülerin erzählt, dass sie erst vor zehn Monaten nach Deutschland gekommen sei. Davor lebte sie in der Türkei, wo ihre Mathelehrerin ihr das Buch „Harry Potter und der Stein der Weisen“ ans Herz legte. Die Geschichte habe sie erst auf Türkisch und dann auf Deutsch gelesen – und findet sie absolut faszinierend. Berre beschreibt mitreißend den Plot und endet: „Beim Lesen habe ich das Gefühl in Hogwarts zu sein. Das Buch hat viele überraschende Wendungen, das empfehle ich jedem, egal wie alt!“
Die gleiche Punktzahl und damit ebenfalls den ersten Preis erhält Alena Dias Vieira von der Wiestorschule. Als „wilde Achterbahnfahrt“ beschreibt sie das Buch „Blackbird“. Die 15-jährige Schülerin erzählt erst die Geschichte der beiden Freunde, von denen einer plötzlich todkrank wird. Dann präsentiert sie eine Passage in einer szenischen Lesung. Das ist ebenso beeindruckend wie ihr Schlusswort. „Ich habe auch Menschen durch Krebs verloren und verdrängt, statt die restliche gemeinsame Zeit zu nutzen. Genießt jeden Tag, verschiebt nichts auf später, wir wissen nicht, ob wir morgen noch aufstehen.“ Den dritten Platz vergab die Jury an Jugendgemeinderätin Clara Wolks. Sie ist 15 Jahre alt und besucht das Gymnasium. Clara empfiehlt das Buch „Verity“, in dem eine junge Schriftstellerin die Chance bekommt, in die Fußstapfen einer Bestsellerautorin zu treten und dabei unglaubliche Entdeckungen macht. „Das Buch zieht einen
in seinen Bann, man kann es nicht mehr weglegen“, sagt Clara. Die Leser sollten aber mindestens 14 Jahre alt sein, fügt sie an, da es auch um Liebe gehe. „Meine Omi ist beim Lesen rot geworden.“
Wie dicht die Qualität der Beiträge liegt, lässt sich an den eng beieinander liegenden Punktzahlen ablesen, die die Jury vergab. Der Mut und die Hingabe, mit der alle Jugendlichen ihre Favoriten vorstellen, ist dabei bemerkenswert. Sie empfehlen Bücher mit phantastischen Geschichten, abenteuerlichen Herausforderungen und teilweise fremden Welten der Zukunft. Alle vorgestellten Bücher sind spannend, es geht um galaktische Zeitrechnungen, wandelbaren Wesen und märchenhafte Plots dazu immer um Werte und Freundschaft.
Als alle Teilnehmer sich zum Schluss mit ihren aufwendig gestalteten Urkunden zum Foto aufstellen, bekommen sie noch einmal viel Applaus von einem bestens unterhaltenen Publikum. Die beiden Gewinnerinnen des ersten Preises können sich über 300 Euro freuen, die Drittplatzierte erhält 100 Euro und alle anderen 50 Euro. Dazu viel Anerkennung für den Mut und die Lesefreude.