Noch länger als gewohnt war die Schlange zum Defilee vor dem Ratssaal beim Dreikönigstrunk am Freitagabend. Kein Wunder, schließlich hatte die Stadt die Einladungsliste deutlich erweitert und mancher wollte ein persönliches Wort mit Oberbürgermeister Jan Zeitler und seiner Frau Annette Stoll-Zeitler wechseln. Länger als sonst war auch die Ansprache des Oberbürgermeisters bei seiner Premiere mit frisch polierter Amtskette.

Rund 60 Gästen im Foyer blieb der Zugang zum Saal zunächst verwehrt und es kam ihnen gar nicht zu Ohren, dass Zeitler zum einen seine Vorgängerin Sabine Becker – "Ein schönes Zeichen, dass Sie sich weiter für die Stadt interessieren" – und Bürgermeister Thomas Kunack aus der Partnerstadt Bad Schandau willkommen hieß. Zum anderen auch den Bundestagsabgeordneten Lothar Riebsamen (CDU), zu dem sich später die Landesparlamentarier Klaus Hoher (FDP) und Martin Hahn (Grüne) gesellten. Daneben waren zahlreiche Repräsentanten der Wirtschaft, Behörden und Vereine gekommen.

Eng ging es im Ratssaal und im Foyer zu, wo die Frauen des Trachtenbundes Überlinger Wein ausschenkten und kleine Häppchen kredenzten. ...
Eng ging es im Ratssaal und im Foyer zu, wo die Frauen des Trachtenbundes Überlinger Wein ausschenkten und kleine Häppchen kredenzten. Im Bild kämpft sich Margret Leitz mit Tablett durch die Menge. | Bild: Hanspeter Walter

Es bedurfte einiger Geduld, bis der neue OB erstmals den Dreikönigsbecher zum Trunk erhob und die Trachtenfrauen den Überlinger Wein ausschenkten. Fast 45 Minuten hatte Zeitler den zurückliegenden elf Monaten seiner Amtszeit gewidmet – auch den kontroversen Themen. Wie die Fällung eines Teils der Platanenallee am 27. Februar. Der Streit um die Bäume habe die Stadt "fast gespalten". Schon im OB-Wahlkampf habe das Thema "städtischer Frieden" eine große Rolle gespielt. "Wir haben uns von einer Kontroverse verabschiedet, die demokratisch entschieden war", resümierte Zeitler.

"Deshalb bitte ich auch diejenigen um Verständnis, die diese Entscheidung nicht nachvollziehen konnten", sagte Zeitler, "damit wir die Gartenschau in einem guten Miteinander vorbereiten können." Als wichtigen Fortschritt bezeichnete er die Wahl eines Behindertenbeauftragten und bescheinigte Sebastian Dierig ein großes Engagement. "Wir sind oft im Gespräch", erklärte Zeitler und Dierig sagte postwendend: "Ich tue, was ich kann." Die Weichen gestellt sieht der Oberbürgermeister auch für einen Jugendgemeinderat, der im ganz besonders am Herz liege.

Schon zur Tradition gehört es beim Dreikönigstrunk, dass die Sternsinger ihre Botschaft überbringen und am Ende Spenden sammeln.
Schon zur Tradition gehört es beim Dreikönigstrunk, dass die Sternsinger ihre Botschaft überbringen und am Ende Spenden sammeln. | Bild: Hanspeter Walter

Auch seine sprachliche Lernfähigkeit dokumentierte Zeitler. Bei der Diskussion um die Promenade habe er von Stadtrat Ulrich Krezdorn die farbliche Beschreibung "gschmonkelet" in seinen Wortschatz aufgenommen. Deutlich kürzer fiel der Ausblick aus. Doch hatte Jan Zeitler die wichtigsten Projekte der Zukunft schon benannt. Wie den Bau der Sporthalle, der noch in diesem Jahr beginnen soll. Der OB bekräftigte die Ablehnung von Aquakulturen im Überlinger See und forderte die Unterstützung des Bundes für die Bodenseegürtelbahn.

Wer genau hinhörte, konnte auch schon beim Rückblick einiges Neues heraushören. Von "tollen Ansätzen" sprach Zeitler beim Blick auf Schloss Rauenstein. Hier werde es noch in diesem Monat Gespräche geben. "Wir werden diese Immobilie so nutzen, dass sie einen Ertrag bringt, dass dort Leute lernen und forschen können", erklärte der Oberbürgermeister, "dass aber auch der Park für die Öffentlichkeit erhalten bleibt.

" Er verteidigte zwar die geplante Ausweisung eines Gewerbegebiets bei Andelshofen. Doch versprach Zeitler, ein "grünes Gewerbegebiet" zu schaffen, und nannte den ebenfalls anwesenden Biologen Peter Berthold zugleich als Ideengeber und Kronzeugen. Gehör gefunden hatten zum Auftakt auch die Sternsinger, die sich selbstbewusst den Weg durch die Menge bahnten, um ihre Botschaft nach Worten und Noten zu verkünden.

Geduld brauchten die Gäste, bis sie beim Defilee zu Oberbürgermeister Jan Zeitler und dessen Frau Annette Stoll-Zeitler vorgedrungen waren.
Geduld brauchten die Gäste, bis sie beim Defilee zu Oberbürgermeister Jan Zeitler und dessen Frau Annette Stoll-Zeitler vorgedrungen waren. | Bild: Hanspeter Walter

Klassische Klänge auf dem Saxofon und ein Blick nach Bad Schandau

  • Musikalisches Neuland: Ebenso anspruchsvolles wie erfrischendes Neuland betrat die Stadt mit der musikalischen Begleitung des festlichen Dreikönigstrunks. Zu Gast war das Saxofon-Trio "Sax allemande" mit Simone Ehinger (Heilbronn), Markus Maier (München) und dem Überlinger Frank Schüssler, der Dozent am Conservatorio della Svizzera italiana in Lugano ist, aber auch an der städtischen Musikschule seiner Heimatstadt unterrichtet. Das Ensemble erhielt schon 2009 als weltbestes seiner Art den "Echo Klassik"-Preis für die beste Kammermusik auf dem Saxofon. Im Ratssaal glänzte es jetzt mit einem Divertimento aus Mozarts Oper Don Giovanni, das das Publikum gleich zweimal unbeabsichtigt mit Szenenapplaus bedachte.
    Nach einem beschwingten Ragtime von Scott Joplin war das Badnerlied als Finale zum ehrfürchtigen Mitsingen allerdings Pflicht.
  • Aus der Partnerstadt: Notgedrungen etwas kürzer als sonst musste sich der Repräsentant der Partnerstadt, der Bad Schandauer Bürgermeister Thomas Kunack, bei seinem Bericht über die Entwicklungen in seiner Kommune fassen. Am Ende machte er OB Jan Zeitler mit einem Bildkalender Appetit auf das obere Elbtal und das Elbsandsteingebirge. Dazwischen informierte er über den Stand der Sanierungen nach dem Hochwasser im Jahr 2013, das der Feuerwehr im Stadtteil Krippen einen sicheren Standort bescheren wird. Mancher hörte wohl voller Neid, dass es bald eine Bad-Schandau-Card für Touristen geben werde, ein Parkleitsystem entsteht und die Breitbandversorgung auf dem Weg zur 100 MBit-Versorgung aller Haushalte ist.