Im Vorfeld ihrer Herbsttagung hat die Deutsche Sektion der Weltbürger (Association of World Citizens, AWC) den Isnyer Arzt, Autor und Politiker Till Bastian (68) zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Bastian war Begründer der Vereinigung "Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges" (IPPNW) und wurde mit dieser Organisation schon 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Der Mediziner und Friedensforscher tritt die Nachfolge der früheren Überlingerin Ingrid Schittich an, die vor zehn Jahren mit ihrem Mann Klaus Schittich die alljährlich stattfindende Tagung ins Leben gerufen hat und im Juli gestorben war. "Der Sitz des Vereins wird auf jeden Fall in Überlingen bleiben", erklärte Schriftführer Klaus Schittich, der inzwischen in Freiburg lebt. Allerdings wolle die Sektion der Weltbürger künftig auch dezentrale Veranstaltungen organisieren wie demnächst im Breisgau und im kommenden Jahr in Magdeburg.

Mit rund 50 Zuhörern war auch der erste Abend der Tagung im Überlinger Kolpingsaal auf großes Interesse gestoßen, als Till Bastian zum einen den Humanisten Erasmus als Zeitgenossen Luthers und Pionier des Weltbürgertums vorstellte, zugleich auch Einblicke in sein aktuelles Buch zu diesem Thema gab.

Florian Pfaff, stellvertretender Vorsitzender der Weltbürger, erinnerte an die verstorbenen Ingrid Schittich und deren engagierte Arbeit. "Ingrid Schittich war im Prinzip AWC Deutschland", sagte Pfaff. Unermüdlich habe sie sich für die Gleichheit der Menschen eingesetzt, habe sich stets an der Sache orientiert und nie nach irgendwelchen Auszeichnungen geschielt. Dafür hätte sie, so Pfaff, "einen Friedensnobelpreis verdient gehabt". Denn der sei schließlich in seinem Ursprung und nach den Statuten nicht für große Politiker und hochgestellte Persönlichkeiten gedacht gewesen. Und Ingrid Schittich habe viel bewegt. "Nicht einmal die Hälfte von Ihnen würde hier sitzen, wenn es sie nicht gegeben hätte", war sich Florian Pfaff sicher: "Auch ich wäre nicht hier. Das, was sie getan hat, hat die Menschen überzeugt."

Mitgewirkt hatte sie auch noch an den Inhalten der Tagung, bei der sich Till Bastian auch mit der Psychopathologie der Macht befasste. "Macht und Reichtum" gehörten zu den einzigen Bedürfnissen des Menschen, bei denen die Evolution keine Grenzen gesetzt habe, analysierte er. Auswirkungen dieses Phänomens und deren Ursachen beschrieb anschließend Erich Schmidt-Eenboom, Leiter des Forschungsinstituts für Friedenspolitik in Weilheim (Oberbayern), an den Beispielen von Erdogan, Putin und Trump.